Exklusiv-Interview, Jose Avila, Bettina Mayer, Götz Fuchslocher, Continental, Powertrain, Gesprächssituation
Vom geringen Integrationsaufwand und robusten Design des 48-Volt-Systems überzeugt: Jose Avila (Mitte) im Gespräch mit den AP-Redakteuren Bettina Mayer und Götz Fuchslocher. (Bild: Continental AG)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Eines der Continental-Themen auf dem Weg zur Elektrifizierung ist der erste Großauftrag für Ihr 48-Volt System von Renault für den Scénic und Grand Scénic, mit dem der OEM Ende 2016 an den Start geht.  Wie kam es zu diesem Projekt und über welche Volumina sprechen wir hier?
Ein Haupt-Treiber für das Thema 48-Volt ist es, die Kraftstoffeffizienz zu steigern– nicht nur für Renault. Unser Hauptziel war es ein kostengünstiges System für den Massenmarkt zu entwickeln, dem OEM ein System anzubieten, mit dem er seine CO2-Grenzwerte erreichen kann, aber auch schnell einen Anwendungsfalls erzeugen kann. Die 48-Volt-Technik gilt als zukunftsweisend, weil die im Vergleich zu konventionellen Hochvolt-Hybridfahrzeugen niedrige Spannungslage eine erhebliche Verbrauchseinsparung bei moderaten Mehrkosten ermöglicht. Die erste 48-Volt-Serienlösung, wie sie Renault im Scénic oder Grand Scénic einsetzt, kombiniert einen effizienten, wassergekühlten Induktionsmotor mit einem integrierten Wechselrichter. Der Elektromotor wirkt dabei über einen Riementrieb direkt auf die Kurbelwelle des Verbrennungsmotors. Wir nennen dies P0-Architektur, bei dem der 12-Volt-Generator durch einen 48-Volt-Generator ersetzt wird. Im Moment sehen wir für diese Riemen-getriebene Lösung das größte Potenzial.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welche technologischen Besonderheiten weist das System auf?
Der Charme, der von diesem Produkt ausgeht, ist der niedrige Integrationsaufwand für den OEM. Bei der Entwicklung hatten wir ein sehr robustes Design vor Augen, weshalb wir uns für die Asynchron-Technologie entschieden haben, von der wir wissen, dass sie wenig störanfällig ist und mit der wir eine hohe Qualität sicherstellen. Durch die Zahl der Anfragen sehen wir, dass dieses Produkt ein genereller Trend werden wird. Wir sehen eine hohe Marktdurchdringung durch alle Fahrzeugsegmente hindurch, vom A- bis zum D-Segment.
Für den OEM ist immer wichtig, welche Leistung er aus einem Generator schöpfen kann. Eine technische Besonderheit dazu ist das innovative Wickelkonzept, das so genannte i-Pin-Design. Hier haben wir keine typische Kupferwicklung im Motor, sondern gießen die Kupferstäbchen nebeneinander ein. Diese Kupferstäbe sind in der Länge variabel. Über die unterschiedliche Länge können wir den Leistungsbereich der Maschine einstellen. Das heißt, wenn ein Kunde wechselnde Anforderungen bezüglich der Gesamtleistung hat, können wir sehr schnell reagieren und die Leistung entsprechend darstellen. Dies ist ein wesentlicher Vorteil unseres Systems. Unser 48-Volt-Antrieb ist zudem wassergekühlt ausgeführt, was uns unabhängig von allen umgebenden Einflüssen, wie der Temperatur, der Feuchtigkeit und der Partikel-Verschmutzung macht und so einen optimalen Betrieb sicherstellt. Eine unserer wesentlichen Stärke ist auch unser System-Know-How. Wir steuern das gesamte System mit hohem Systemverständnis. Dazu zählt z.B. das gesamte Energiemanagement, aber auch die Fahrstrategie, etwa wenn der Generator „boosten“ soll. Und diese Fahrstrategien haben wir natürlich in unseren Motorsteuerungen verankert. Die Entwicklung  dazu läuft hier im Haus. Das heißt: wir sind nicht nur Komponentenlieferant, sondern können das gesamte System entsprechend darstellen. 
 
AUTOMOBIL PRODUKTION: Bis zu welchen Leistungsstufen kann das System erweitert werden?
Das ist abhängig von der Motorlänge. Wir haben aktive Längenunterschiede bis ungefähr 30 Millimeter, die wir verändern können. Wenn wir von der Peak-Leistung sprechen, können wir diese Systeme derzeit bis typischerweise 15 Kilowatt darstellen, arbeiten aber bereits an noch höheren Leistungen. Im Durchschnittsbereich sprechen wir von einer Leistung in der Größenordnung von sechs Kilowatt.
 
AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie viel teurer ist das System im Vergleich zu anderen dieser Art?
Es gibt Branchenwerte, die von 50 Euro pro Gramm CO2-Einsparung ausgehen, d.h. die Kosten der Einzelteile, vom DC-DC-Konverter über die Lithium-Batterie bis hin zu den Produktions- und Integrationskosten sollten in der Nähe dieser 50 Euro pro einem Gramm CO2 liegen.
 
AUTOMOBIL PRODUKTION: Die nächste Stufe ist dann der Sprung von der P0- auf die P2-Architektur. Welche Vorteile bietet dieses System auf technischer Seite?
Bei der P2-Architektur wird die E-Maschine zwischen Getriebe und Verbrenner platziert. Dies bietet völlig neue Möglichkeiten: wir koppeln den Verbrennungsmotor dadurch ab und die kleine elektrische Maschine treibt das Fahrzeug alleine weiter an. Wir können also länger elektrisch fahren als mit der P0-Architekturlösung. Und wir müssen nicht mehr „durch den Verbrennungsmotor“ durch, wenn wir elektrisch antreiben oder Bremsenergie rekuperieren. Somit steigt auch nochmal das CO2 Einsparpotential um weitere 5% Punkte. Eine solche Architektur bedeutet aber auch einen höheren Integrationsaufwand, der mit höheren Gesamtkosten einhergeht.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Continental als Tier1 leistet dabei eine hohe Integrationsleistung je nach Architektur. Wie wichtig ist es dabei, von Anfang an in der Konzeption Motor-Getriebe des OEMs beteiligt zu werden?
Wir sprechen nicht von einer Generationen-Reihenfolge, erst P0 und die nächste Generation ist dann P2. Die Architekturlösungen laufen weitgehend parallel. Es gibt unterschiedliche Anwendungen bei den OEMs und es wird nach wie vor die P0-Architektur gefragt. Wir sehen nicht, dass das eine das andere ablöst. Natürlich schauen wir entwicklungsseitig in alle Plattformen hinein und hier liegt auch die Bedeutung für uns, von Anfang an mit einbezogen zu werden. 

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