AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie müssen sich dann ja auch noch mit den Baureihen-Kollegen der anderen Marken abstimmen. Wie weit sind die mit der Umsetzung?
Auch in unseren anderen Kernmarken Seat, Skoda und Audi entsteht eine Baureihenstruktur. Wir sind allerdings bei VW etwas früher gestartet, die anderen Marken haben zum Teil gerade erst begonnen. Bei Volkswagen gibt es die Baureihen seit dem 1. April, Audi und Skoda ziehen bald nach, Seat folgt noch etwas später.

Wir tauschen uns intensiv über die Umsetzung der Baureihen aus. Wir schaffen eine gemeinsame Struktur und gleiche Prozesse. Dabei unterstützt uns auch unser Konzernvorstand, Herr Müller.

Unsere Produkte sind ja miteinander über die Baukasten und die Plattformen vernetzt. Ich bin mit dem neuen Golf und der Plattform auch der Schrittmacher für die Projekte der anderen Marken. Daher ist es notwendig, dass man sich eng austauscht und gemeinsam das Thema vorantreibt.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Und diese Komplexität müssen Sie auch schon in den neuen Golf rein bekommen?
Wir sind aktuell in der Definition dieser Plattform. Sie wird eine konsequente Weiterentwicklung der aktuellen Plattform des Golf sein und wieder Maßstäbe setzen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie halten faktisch den Kopf hin für alle Kosten Ihrer Baureihe – von der Entwicklung bis zu Produktion – aber nicht für die Verkaufszahlen?
Doch. Ich verantworte die Rendite, also folglich die Erlösseite und die Kostenseite.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ein Beispiel: Sie schmettern den Kollegen in China etwas ab und in Folge dessen verkauft sich ein Modell dort vielleicht nicht so gut. Dann sind Sie schuld?
Ja, klar. Aber wir wollen ja nichts abschmettern. Wenn sich China größere Reifen wünscht oder einen längeren Radstand, dann müssen wir prüfen, inwieweit ist das Bestandteil einer Plattform ist und ob man das im Rahmen einer Plattformstrategie umsetzen kann. Gibt es gute Argumente dafür oder dagegen?

Die Diskussion führen wir innerhalb der Plattform zu einem Ergebnis und entscheiden entsprechend schnell. Wir müssen aber auch immer überlegen, ob das im Gesamtkontext der Marke und der Wirtschaftlichkeit auch Sinn ergibt. 

AUTOMOBIL PRODUKTION: Bestimmen Sie auch die Cycle-Pläne der anderen Marken?
Die Cycle-Pläne werden bei VW durch die Strategieabteilung von Markt und Kundenbedürfnissen abgeleitet - natürlich in enger Abstimmung mit den Baureihen – und durch den Vorstand entschieden. Dies gilt auch bei den anderen Marken. Bei Seat, Skoda und Audi ist es für mich wichtig, dass jeder für sich betrachtet einen guten Cycleplan hat.

Meine Aufgabe ist es dann, die Fahrzeuge in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum SOP zu bringen: technisch, inhaltlich und qualitätsmäßig, sowie wirtschaftlich.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie schwierig wird Ihr Job in den kommenden Jahren werden?
Wir kommen aus einer Struktur, in der wesentliche Entscheidungen isoliert in den Fachbereichen getroffen wurden. Für die Matrix-Struktur müssen wir zuerst noch viele Leute im Unternehmen mitziehen und sie von den Vorteilen der Baureihenorganisation überzeugen. Und dass es nicht zu einer Reduzierung von Verantwortung in bestimmten Bereichen führt, sondern zu einem Ringen um die beste Lösung für das Unternehmen und unsere Kunden. Auch der Betriebsrat sagt, dass dies der richtige Schritt ist. Diese Überzeugungsaufgabe wird mich sicher stark beschäftigen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: In welcher Weise sind die Zulieferer von dieser neuen Struktur betroffen?
Aus meiner Sicht besteht für die Zulieferer eine große Chance - und zwar in der frühen Phase der Produktdefinition. Es gibt für sie noch mehr Möglichkeiten, ihre Technologien einzubringen und noch enger mit uns in Fragen von z.B. Innovation oder Kosteneinsparung zusammen zu arbeiten. Ich war 17 Jahre lang Einkäufer, ich bin fest davon überzeugt.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Weiß der Zulieferer, wohin er sich nun wenden muss?
Der Lieferant kann sich an die Baureihe wende, er kann aber auch seine bisherigen Kontakte nutzen. Wir denken da einzig vom Ergebnis her. Wir bieten an, dass wir den frühen Prozess der Ideenfindung beschleunigen, Dazu wollen wir mit den Zulieferern mehr zusammen arbeiten. Das ist ja auch im Interesse der Baureihe: die guten von den schlechten Ideen zu trennen.

Sie möchten gerne weiterlesen?