AUTOMOBIL PRODUKTION: Bleibt Kirchhoff – trotz Digitalisierung – immer ein klassischer Zulieferer?
Ja, wir sehen uns auch in 50 Jahren noch als Zulieferer von Komponenten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir neue Teile in Angriff nehmen, aber im Strukturbereich sehe ich nichts, durch das wir unsere Teile ersetzen könnten. Durch die Gesamtanforderung lernen wir jedes Jahr dazu, welcher Material-Mix noch möglich und noch besser ist. Deshalb setzen wir darauf, dass es bei einem Mix der Materialien auch in Zukunft bleibt. Die Frage ist nur, welche Anteile wir wo finden werden. Das hängt dann aber auch damit zusammen, welcher Beanspruchung unsere Komponenten in Zukunft ausgesetzt sind.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Haben Sie schon neue Felder unter Beobachtung?
Wir beschäftigen uns immer mit neuen Fertigungstechnologien, zum Beispiel dem Gießen oder dem Schmieden, und der Materialfrage. Aber natürlich  in dem Spannungsfeld Gewicht zu Kosten.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ist es denkbar, dass für das Unternehmen Kirchhoff mal so eine Messe wie die CES in Las Vegas wichtig wird?
Also dort sehe ich uns noch lange nicht. Trotzdem ist sie spannend, wenn man sich informieren will. Die CES ist für uns eher wie eine Modemesse für Ingenieure, um zu sehen, wohin die Trends gehen. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass wir eines Tages auch die Zustände unserer Produkte kennen wollen - während des Fahrbetriebs. Das halte ich nicht für ausgeschlossen und dafür nutzen wir natürlich die Digitalisierung.

 

Infokasten Mitarbeiter

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie wollen also einen Querträger digitalisieren?
Es sind durchaus Anwendungen denkbar, wo wir mit unserer Struktur in ferner Zukunft bei Bedarf vielleicht hart oder weich werden können.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Also zum Beispiel über das Anlegen von Spannung?
Zunächst ein Mal durch Sollbruchstellen und die Bauteilauslegung. Das Stoßfängersystem kann auch heute schon, im Falle eines Aufpralls, ein ganz bestimmtes Verhalten zeigen. Das können wir berechnen. Wenn ich dort auch noch aktive Elemente einbringe, kann ich auch die Karosserie-Struktur noch aktiver machen, indem ich sie an einer bestimmten Stelle weicher oder härter mache. Materialien werden ja auch immer intelligenter. Wir werden unterschiedliche Entwicklungen in der urbanen Mobilität und der Cross-Country-Mobilität sehen. Das steht heute schon fest.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie werden sich denn die beiden Bereiche entwickeln?
Wenn wir bei urbaner Mobilität  davon ausgehen, dass wir irgendwann unfallfrei fahren, dann stellt sich die Frage, wie viele Sicherheitssysteme können wir  einsparen, z. B. Airbags und Crashsysteme. Dagegen wird sich die Mobilität Überland ganz anders entwickeln und auch für lange Zeit noch individuell bleiben, damit ich dahin fahren kann, wo ich hin will.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Bedeutet dies, dass mittelfristig alle Ihre Bauteile aus Eisen oder Alu überflüssig sind?
Natürlich nicht - aber wir fertigen auch Kunststoffe. Denn Kunstoff-Metall-Verbünde können ähnlich viel aushalten.

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