Mercedes-Produktionschef Markus Schäfer

Für Mercedes-Produktionschef Markus Schäfer ist Flexibilität Trumpf. Dank digitaler Fahrzeugentwicklung und Prozessplanung werden Autofabriken immer smarter. (Bild: Claus Dick)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Herr Schäfer, Sie digitalisieren konsequent die Pkw-Werke im globalen Produktionsnetzwerk von Mercedes-Benz. Worauf müssen sich die Mitarbeiter einstellen?
Unser Ziel ist es, mit der Digitalisierung die Mitarbeiter so zu unterstützen, dass die zunehmende Komplexität und Varianz in der Produktion beherrschbar bleibt. Klar geht es um mehr Flexibilität, eine höhere Auslastung und eine optimale Betriebsnutzungszeit. Wir wollen aber auch Rahmenbedingungen schaffen, damit die Arbeit in der Produktion weiterhin Spaß macht, im Büro wie am Band. Mitarbeitern ist häufig an mehr Freiraum für individuelle Belange gelegen. Flexiblere und kurzfristiger zu vereinbarende Einsatzzeiten und -orte kommen ihnen entgegen. Deshalb erproben wir derzeit ein neues Modell für flexible Einsatzkräfte, Mit ihm können wir die Wünsche von Mitarbeitern in Bezug auf ihren Einsatzplan künftig besser berücksichtigen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern – auch im Umfeld einer getakteten Fertigung.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie profitieren Kunden von einer digitalen Produktion?
Die Vielfalt an unterschiedlichen Modellen und der hohe Individualisierungsgrad, den wir in den Fahrzeugen gemäß Kundenwunsch darstellen können, war ein ganz wesentlicher Baustein für den Erfolg von Mercedes-Benz in den letzten Jahren. Daran wollen wir festhalten. Zudem werden wir Wartezeiten verkürzen und Kunden die Möglichkeit geben, über die Mercedes me-App und online Einblicke in die Produktion zu bekommen. In vielen Mercedes-Benz-Werken können Sie ja schon heute den Weg Ihres Autos in der Fertigung nachverfolgen. Aber wir denken noch weiter und wollen durch weitere Datenanbindungen neue Gestaltungsmöglichkeiten schaffen – Kunden könnten dann zum Beispiel ihre Namen in den Sitz sticken lassen. Dazu müssen sie uns nur eine Bilddatei in die Produktion senden, die wir in unsere Systeme übernehmen. Das funktioniert auch mit Monogrammen, die wir ins Cockpit gravieren. Die Digitalisierung bietet uns faszinierende Möglichkeiten, auf die Individualisierungswünsche von Kunden einzugehen und sie umzusetzen. Eine Vollautomatisierung der Produktion lässt diese Flexibilität nicht zu.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ein Blick in die Glaskugel: Wann wird ein Mercedes autonom vom Band rollen und direkt vor die Haustür seines neuen Besitzers fahren?
In einem Pilotversuch haben wir ja bereits gezeigt, dass eine S-Klasse eineinhalb Kilometer vom Band zur Verladestation automatisiert fahren kann. Wenn Anfang der nächsten Dekade die neue Generation aus der Factory 56 rollt, haben wir schon den Anspruch, in Richtung Level 3, 4 und 5 zu gehen. Damit ergibt sich prinzipiell die Möglichkeit, dass das Auto nicht nur selbstständig aus der Fabrik fährt, sondern weiter in Richtung Kunde. So ein Szenario ist in nicht allzu ferner Zukunft durchaus denkbar.

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