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VW-Chef Nordamerika Hinrich J. Woebcken vor dem neuen VW Atlas R, der in Chattanooga gebaut wird. (Bild: VW/Daniel Byrne)

AUTOMOBIL PRODUKTION:  Herr Woebcken, Sie sind jetzt seit etwa mehr als einem halben Jahr Nordamerika-Chef von Volkswagen. Nach dem Diesel-Skandal einer der schwierigsten Jobs, die es gibt. Weshalb sind Sie von BMW zu VW in die USA gewechselt?
Die Aufgabe hat mich gereizt. Ich bin seit über 30 Jahren in der Autobranche. Mir wurden sowohl bei Zulieferern als auch bei OEM funktional sehr unterschiedliche Verantwortungen übertragen. Mit dieser großen Aufgabe habe ich die Möglichkeit meine Erfahrungen crossfunktional einzubringen. Zudem wurde uns eine große Autonomie übertragen, die fast einzigartig in der Branche ist. Ich war schon immer sehr USA-affin; habe als Schüler in Rochester, New York, gelebt, später in Boston studiert und auch beruflich war ich hier über die Jahre in vielen Projekten engagiert. Auch meine Frau und meine beiden jüngsten Kinder sind gerne mitgekommen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie war die Stimmungslage als sie hierher kamen und was hat sich seither geändert?
Ein tolles Team gab es hier; das habe ich schnell gemerkt. Die Mannschaft war motiviert und es gab eine starke Verbundenheit zur Marke Volkswagen. Es gab und gibt eine große Bereitschaft, die Ärmel hochzukrempeln und sich nach der Dieselproblematik den Herausforderungen zu stellen. In den vergangenen Monaten haben wir hier sehr viel erreicht. Wir haben mit den Kunden und mit dem Händlerverband große Fortschritte bei der Bewältigung der Dieselthematik gemacht. Darüber hinaus helfen uns neue Produkte wie der neue große SUV ebenso wie der Golf Alltrack und der Tiguan mit langem Radstand, hier long wheel base (LWB) genannt, der aus Mexiko zu uns kommen wird. Damit werden wir in rund 65 Prozent aller Segmente vertreten sein und werden so erstmals zu einem Vollsortimenter. Es gibt durch die Regionalisierung eine neue Struktur, die uns hier sehr hilft. Wir haben die drei Märkte Kanada, Mexiko und USA zu der Region Nordamerika zusammengefasst, um so noch besser Synergien – nicht nur bei Vertrieb und Marketing, sondern auch bei Produktion, Entwicklung und Einkauf – nutzen zu können.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie verhandeln seit Monaten mit den Händlern über Entschädigungen, wie ist der Stand der Dinge, zeichnet sich eine Lösung ab?
Wir haben Ende August eine prinzipielle Einigung (agreement in principal) erreicht – das war ein großer und wichtiger Schritt. Die Details, die vor dem Gericht in San Francisco vorgetragen wurden, werden gerade verhandelt. Unter den Parteien wurde bis zu einer finalen Einigung Stillschweigen vereinbart.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was muss passieren, um das Vertrauen von Händlern und vor allem der Kunden wieder zu gewinnen?
Das Vertrauen muss langsam wachsen; man kann es nicht einfach verkünden. Wir sind fest entschlossen, die Dinge jetzt richtig zu machen. Dazu gehört, dass wir die betroffenen 2.0-L-TDI-Fahrzeuge - nach der von uns erwarteten finalen Freigabe der Vereinbarung durch Judge Breyer am 18. Oktober - professionell in Angriff nehmen und unseren Kunden gegenüber einen perfekten Ablauf bieten. Nicht zuletzt verlangen die Behörden von uns eine gleichermaßen reibungslose und kundenfreundliche Bearbeitung der Umsetzung. Um das sicherzustellen, haben wir zusätzliches Personal verpflichtet. Die entsprechenden Einstellungen haben begonnen. Voraussichtlich sind es in Summe 540 Personen; direkt bei Volkswagen und bei externen Agenturen. Wir agieren hier sehr transparent und fair. Von den rund 460.000 betroffenen Kunden, haben sich bereits über 210.000 auf unserem Portal angemeldet und registriert. Das ist weit mehr, als wir zu diesem Zeitpunkt erwartet hatten. Für die Arbeit vor Ort wird in jedem Händlerbetrieb ein unabhängiger Sachbearbeiter sitzen, der den Kunden hilft. Dazu kommen die erwähnten neuen Fahrzeuge, die bei den Händlern Begeisterung auslösen und – da bin ich mir sicher - auch bei den Kunden sehr gut ankommen werden.

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