Thomas Sedran, Leiter VW-Konzernstrategie

Thomas Sedran, Leiter VW-Konzernstrategie: "Es geht in der Strategie 2025 auch stark um Kulturwandel. Es war uns besonders wichtig, eine neue Form der Bescheidenheit zu demonstrieren." (Bild: Volkswagen)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Herr Sedran, beschreiben Sie doch kurz mal die Anfänge der Strategie 2025?
Wir haben im Januar 2016 in einem kleinen Team von 20 Leuten begonnen zu überlegen, wie soll unsere neue Strategie aussehen? Die Frage, die wir uns stellten, war: Wo soll der Konzern in zehn Jahren stehen? Und dann ging alles relativ schnell. Bis zur Verkündung unseres Zukunftsprogramms ‚TOGETHER - Strategie 2025‘ im Juni 2016 hatten wir sechs oder sieben Klausuren, in denen wir dem Konzernvorstand jeweils Zwischenergebnisse und Ideen präsentiert haben und diese auch mit ihm diskutierten. In der alten Strategie 2018 war ein zentrales Ziel, 10 Millionen Autos zu verkaufen und der größte Automobilhersteller der Welt zu sein. Es war eine erfolgreiche, aber zugleich auch eine sehr produktlastige Strategie. Unter dem Aspekt des sich rasant verändernden Kundenverhaltens und des immer stärker werdenden Trends vom Besitzen zum Nutzen gingen unsere  Überlegungen in die für uns einzig logische Richtung: Diesen großartigen Automobilhersteller bis zum Jahr 2025 zu einem der weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität zu formen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Diskutierten Sie Alternativen?
Nein, die Richtung war in den Köpfen aller am Strategieprozess Beteiligten klar. Ein Diskussionspunkt war allerdings, ob es „der führende Anbieter nachhaltiger Mobilität“ oder nur „ein führender Anbieter nachhaltiger Mobilität“, heißen muss. Der Konzernvorstand entschied sich für „ein“. Es geht in ‚TOGETHER – Strategie 2025‘ auch stark um Kulturwandel und sonst hätte es wieder nach dem „Old Volkswagen“ geklungen. Es war uns besonders wichtig,  eine neue Form von Bescheidenheit zu demonstrieren und dennoch anspruchsvoll in der Zielsetzung zu sein. Matthias Müller steht für die Überzeugung, dass wir in der Welt der autonomen, elektrischen und vernetzten Autos nicht alles selbst entwickeln können. Das heißt, wir wollen und müssen stärker als in der Vergangenheit Partnerschaften eingehen. Das ist ein zentrales Element der Strategie 2025.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Eine wirkliche Transformation des Konzerns …
Wir kommen aus einer sehr erfolgreichen Historie. Volkswagen hat mit seinen starken Marken und seinen faszinierenden Fahrzeugen seit jeher das Leben vieler Millionen Menschen überall auf der Welt geprägt. Gleichzeitig aber standen die Konzernmarken in einem sehr starken, internen Wettbewerb. Dieser Wettbewerb kann Ansporn, aber auch Hindernis sein. Unser Anspruch ist es, diese Erfolgsgeschichte – auch nach dem schweren Schlag der Diesel-Krise –  fortzusetzen, in einer Branche, die sich gerade radikal verändert. Bei den zukünftigen Herausforderungen, die wir jetzt zu lösen haben, müssen wir konzernübergreifend viel stärker zusammenarbeiten als bisher und Synergien noch stärker nutzen. Wir haben ganz bewusst die erfolgreiche Strategie 2018 als Absprungbasis für unser Zukunftsprogramm ‚TOGETHER – Strategie 2025’genutzt. – auch um beispielsweise mit der Weiterverwendung der Raute als Symbol Kontinuität zu signalisieren.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Volkswagen bezeichnet sich nun als Vorbild bei Umwelt, Sicherheit und Integrität …
… das ist das Ziel, auch wenn das aus heutiger Sicht anspruchsvoll ist. Wir wollen damit die nächste Evolutionsstufe in unserem Veränderungsprozess signalisieren. Die kommenden Jahre werden ganz im Zeichen des Wandels stehen. Vorbildhaftes sowie wertebasiertes Verhalten ist dabei die Basis für das Gelingen des eingeschlagenen Veränderungsprozesses sowie für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wo und an welcher Stelle grenzen Sie sich von Herrn Jungwirth ab, dem Chief Digital Officer des Konzerns?
JJ verantwortet die Digitalisierungsstrategie für den Konzern. Insgesamt sind das aktuell 14 größere Projekte. Vier davon wurden aufgrund ihrer großen Bedeutung für das Unternehmen zu Konzerninitiativen der Strategie erhoben, um noch stärkeren Fokus darauf legen zu können. Ein Beispiel für so eine Konzerninitiative ist das Thema SDS, also das System für selbstfahrende Fahrzeuge. Auf dem Genfer Autosalon haben wir mit unserem Concept Car Sedric einen ersten Ausblick gegeben, wie wir uns als Konzern die Mobilität der Zukunft vorstellen können. Entstanden ist dies im neuen Group Future Center in Potsdam, in enger Zusammenarbeit mit der Konzernforschung.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie teilen Sie die Projekte auf?
Unser oberstes Ziel ist es, unser automobiles Kerngeschäft zu transformieren, um den Volkswagen Konzern zukunftsfähig zu machen und unsere Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Ein weiteres zentrales Handlungsfeld ist es, das Geschäftsfeld der Mobilitätsdienste aufzubauen. Für beides entscheidend ist, dass wir unsere Innovationskraft steigern und die Finanzierung sichern. Zum Teil haben unsere Verantwortungsbereiche  schon starke Overlaps, aber JJ und ich kommen beide aus Organisationen, wo es nicht primär darauf ankommt, was wer verantwortet. Viel wichtiger ist, dass wir beide an den gemeinsamen Zielen arbeiten. So gibt es dafür beispielsweise einen Steuerkreis unterhalb des Vorstands, wo wir gemeinsam die wichtigsten Entscheidungen fällen. Beispielsweise, welche Dienste von welchem Digital Lab entwickelt werden und mit welchem Budget. Die Group Digital Services leiten wir sozusagen gemeinsam.

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