VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller: „Wir setzen die Pariser Klimaziele um und sind bereits Europameister bei E-Mobilität. Die Autos kommen auf den Markt, jetzt muss das Ladenetz ausgebaut werden." (Bild: VDA)

Wie viele Veranstalter derzeit wurde auch der VDA coronabedingt gezwungen, seinen wichtigen jährlichen Branchentreff digital abzuhalten. Neben Verantwortlichen von Automobilherstellern, Zulieferern sowie etwa der Elektronikbranche nahmen am 22. Technischen Kongress auch Vertreter aus der Politik teil und diskutierten im Rahmen des diesjährigen Mottos „Mit Technologie und Innovation zur Klimaneutralität“, wie die Belange und Anforderungen von Industrie, Gesellschaft und Politik mit Blick auf die Mobilität der Zukunft geeint werden und sich umsetzen lassen können.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Branche die Pariser Klimaziele umsetze. Sie betonte zudem, dass man mit dem Branchengipfel ein Zeichen für Innovation und Erfindergeist setze. Man befinde sich derzeit jedoch in einer Phase starker Umbrüche und müsse das Auto quasi neu erfinden. Elektromobilität sei dabei ein wichtiges Feld. Gleichzeitig hob die VDA-Präsidentin hervor, dass Technologie-Offenheit die besten Ergebnisse erzielen werde. Man benötige alle Optionen wie etwa auch Wasserstoff und klimaneutrale synthetische Kraftstoffe (E-Fuels).

Mit Blick auf den Elektroantrieb sagte Müller, dass man die Pariser Klimaziele umsetze und bereits Europameister bei der E-Mobilität sei. Autos kämen auf den Markt, jetzt müsse jedoch das Ladenetz ausgebaut werden. Die VDA-Präsidentin betonte mit Blick darauf: „Wenn die EU-Kommission die CO2-Werte für den Fahrzeugbereich im Juni verändern will, muss sie zugleich einen detaillierten Ausbauplan für eine europaweite Ladeinfrastruktur vorlegen.

Den Wandel nicht nur mitmachen, sondern ihn auch wollen

Markus Schäfer, Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Mercedes-Benz AG, verantwortlich für Daimler Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars COO, hob in seiner Keynote hervor, dass die Reduzierung der CO2-Emissionen eines der wichtigsten Anliegen des OEMs sei. Man bekenne sich uneingeschränkt zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens und habe mit der Ambition2039 frühzeitig einen Fahrplan dorthin definiert. „Wir planen, die gesamte Mercedes-Benz Pkw Neuwagenflotte bis 2039 CO₂-neutral zu machen und elektrifizieren das gesamte Mercedes-Portfolio. Ein wichtiger Meilenstein dabei ist unsere vollelektrische Luxuslimousine EQS, die über 700 Kilometer elektrische Reichweite erzielen wird.“ Man dekarbonisiere nicht nur die Produkte, sondern auch deren Produktion, so der COO.

Mit Blick auf den derzeitigen Wandel betonte Schäfer, dass man diesen Weg nicht nur gehen müsse, sondern diesen auch gehen wolle. Der Vorstand erläuterte, dass man die gesamten Produkte und Prozesse 360 Grad betrachte. Bei den Produkten sei für nachhaltige Erfolge Reichweite das Kaufkriterium. Auf dem Weg dorthin seien Plug-in-Hybride entgegen ihres derzeitigen Rufs ein probates Mittel. In der Zukunft werde man mit den EQ-Modellen – als nächstes folgt bei Mercedes-Benz der EQS – Reichweite adressieren. Zudem werde Mercedes-Benz seine Plattformen reduzieren.

"Nachhaltigkeit kann auch Spaß machen"

Aus Sicht des Zulieferers und Systemlieferanten zeichnete der Vorstand Automotive Technologies der Schaeffler AG, Markus Zink, ein Bild der kommenden Herausforderungen. Man habe verschiedene Kooperationen zu den relevanten Themen, um auch die Regionen zu scouten. Zink zufolge sei es noch nie so schwierig gewesen, eine Transformation zu bewältigen. Ein Schlüssel liege im Thema Nachhaltigkeit, aber zugleich liege darin auch eine Chance. Dies habe man zur DNA des Hauses erklärt. Nachhaltigkeit könne Spaß machen, sagte der Schaeffler-Vorstand. Dazu zähle auch das Teamplay mit Ausrüstern.

Wesentliche Innovationsfaktoren bei Schaeffler Automotive Technologies sind Zink zufolge das Systemverständnis bis auf Fahrzeugebene, ein Produktportfolio von Komponenten bis Systemlösungen, eine auf Schlüsseltechnologien ausgerichtete M&A-Strategie sowie die vertikale Integration in der Wertschöpfungskette. „Schaeffler wird sowohl in der Automobil- als auch in der Industriesparte konsequent und technologieoffen zukunftsfähige Lösungen erarbeiten“, hob er auf dem Kongress hervor.

Fahrzeugelektronik als spannendstes Zukunftsfeld

Halbleiter sind die Grundlage für fast alle Innovationen, die wir als moderne Auto- und Mobilitätsnutzer haben wollen und die unsere Gesellschaft voranbringen: emissionsfrei, unfallfrei, sicher vernetzt – das perfekte Mobilitätserlebnis eben“, betonte Lars Reger, Chief Technology Officer bei NXP Semiconductors. Damit würden sich Autoelektronik und -innovation gar nicht so stark von anderen Maschinen und Endgeräten unterscheiden. Egal ob Auto, mobiler Roboter, Industrieanwendung oder Smartphone – alle würden Sensoren, Edge Computing, Konnektivität, Security, Sicherheit und Mixed-Signal-Anwendungen benötigen. „In vielen dieser F&E-Bereiche stehen Deutschland und Europa übrigens ganz hervorragend da, zum Beispiel im Bereich Security, stromsparende Prozessoren oder Mixed-Signal-Anwendungen. Fahrzeugelektronik ist daher das spannendste Zukunftsfeld, das ich mir gerade vorstellen kann“, sagte Reger.

Der Experte beschrieb zudem, dass in den kommenden zehn Jahren Level 2 und 3 sowie Elektroautos die maßgeblichen Themen sein werden. Ein wesentliches Thema sei das Batterie-Management, also die Lade- und Entladestrategien sowie das entsprechende Management – also das Handling des teuersten Bauteils eines E-Fahrzeugs.

Seitens der Politik betonte Florian Pronold, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, dass die neuen Emissionsdaten für 2020 zeigen würden, dass Deutschland Fortschritte beim Klimaschutz mache. In diesem besonderen Jahr spiele jedoch auch die Pandemie hinein: Besonders im Verkehrssektor sehe man einen größeren Corona-Effekt. „Dass Deutschland sein Klimaziel für 2020 geschafft hat, ist für mich kein Grund zum Ausruhen. Jetzt kommt es darauf an, die Emissionsminderungen in eine Post-Corona-Zeit mitzunehmen, zum Beispiel durch mehr Videokonferenzen statt Dienstreisen und einen noch engagierteren Umstieg auf E-Mobilität.

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