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Brexit oder Bremain? In welche Richtung biegen die Briten ab. (Bild: BMW)

Der Direktor des CAR-Institus an der Uni Duisburg-Essen sowie Inhaber des Lehrstuhls für Automobilwirtschaft sagt: „ Bei nüchterner Betrachtung erscheint in der Autobranche ein Brexit längst nicht so gefährlich, wie ihn viele Verbände und Unternehmen an die Wand malen.“ Vor allem dürfe man die Bedeutung des britischen Automarktes nicht überschätzen. 2,6 Millionen Neuwagen verkauften die Autobauer im vergangenen Jahr im Vereinigten Königreich. Weltweit waren es 78 Millionen. Das Kuchenstück der Briten am Weltmarkt macht damit nur 3 Prozent aus.

Dudenhöffer fragt: „Können drei Prozent einen Untergang der Branche auslösen?“ Selbst bei einem Absatzeinbruch um 50 Prozent bestehe für die Autoindustrie kein Grund zur Panik. Denn der erwartete Zuwachs in China würde das locker ausgleichen – selbst bei vorsichtigen Prognosen für das Reich der Mitte. Darüber hinaus würden die OEMs ihre Absatz-Verluste in Großbritannien mittelfristig wieder aufholen – so wie in jedem gesättigtem Markt.

Bleibt die Frage nach den deutsche  Autobauern und dem Wechselkurs. Für den Fall, dass das Pfund nach dem Brexit deutlich abgewertet würde, wäre das für den VW-Konzern und Daimler durchaus unangenehm. „Aber für BMW, Ford, Opel liegt natürliches Hedging vor, denn diese Autobauer sind mit Produktionen auf der Insel vertreten“, erklärt Dudenhöffer. Insgesamt gelte ohnehin, dass Wechselkurs-Risiken zum Geschäft der Autobauer gehören. „Daimler und VW hätten schlechte Finanzvorstände, wenn die Umsätze der kommenden Jahre nicht über Devisentermingeschäfte abgesichert würden“, so der Autoexperte.

Im Falle einer Abwertung des Pfunds gäbe es unter den Autobauern sogar Gewinner. Nissan baut in Großbritannien jährlich rund 500.000 Fahrzeuge, das Produktionsvolumen von Jaguar Land Rover ist ähnlich hoch. Viele der Fahrzeuge gehen in den Export. Eine Abwertung wäre deswegen sogar von Vorteil für diese OEMs.

Andere sehen einen Brexit hingegen durchaus problematisch für die Autoindustrie. BMW-Vertriebschef Ian Robertson sagte, die Strategie seines Unternehmens baue auf einen EU-Markt mit 500 Millionen Verbrauchern. Rolls-Royce-Chef Torsten Müller-Ötvös warnte per Mitarbeiterbrief, der Freihandel mit den EU-Ländern stehe bei einem Austritt infrage: "Zollschranken würden höhere Kosten und höhere Preise bedeuten."

Mit noch größerer Sorge sehen die Firmen aber den möglichen Dominoeffekt. Der Firmenkundenvorstand der BayernLB, Michael Bücker, sagt: "Wir werden einen Unsicherheitsschock sehen." Die Finanzmärkte könnten die Frage nach einem Referendum in Frankreich, nach der Zukunft der EU und des Euros durchspielen und Turbulenzen auslösen. Verunsicherte Unternehmer würden nicht mehr investieren. "Dann wird das Wachstum zurückgehen, auch in der EU, auch in Deutschland."

Das sieht man bei der Landesbank in Stuttgart ähnlich. "Solange der Brexit keinen Flächenbrand in der EU auslöst, können die Unternehmen damit umgehen", meint Wolf. "Aber wenn auch andere Länder über einen Austritt nachdenken, sich die Unsicherheit ausbreitet, das Wachstum in der EU einbricht - dann haben wir ein ganz anderes Szenario."

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