Vinfast hat die nur wenige Kilometer vom Festland getrennte Insel Cat Hai, die nun durch die Tan Vu-Brücke verbunden ist und auf der der Tiefseehafen mit 14 Metern und der Automobilpark von Deep C entsteht, als Standort für ihr erstes Autowerk gewählt. Deep C hat darauf reagiert: In direkter Nachbarschaft des Werks investiert man in die Entwicklung eines Supplierparks mit 60 Hektar Fläche. Insgesamt entwickeln die Belgier, die eng mit der Provinzregierung zusammenarbeiten, in Projekt Deep C III neue Industrieflächen auf 1.528 Hektar. Das Kernstück dabei und wohl auch ein wesentlicher Faktor der Standortwahl von Vinfast: der Tiefseehafen, den Deep C auf einer Fläche von knapp 500 Hektar realisiert. In dem Hafen können Schiffe mit 100.000 Bruttoregistertonnen abgefertigt werden, womit zeitraubende Umladeaktionen des bislang auf 20.000 Bruttoregistertonnen beschränkten Hafens entfallen. Noch im ersten Halbjahr 2018 sollen die beiden ersten Terminals des Tiefseehafens eröffnet werden. Mit der deutlich größeren Ladekapazität steigt auch die Reichweite: Von Haiphong aus sollen ebenfalls ab 2018 Häfen in den USA und Europa direkt angesteuert werden.
Im Westen mag man darüber lächeln, dass nun auch noch die Vietnamesen im großen Autogeschäft mitmischen wollen, in Asien wird die Marke als kommende große Nummer gehandelt. Das liegt am wirtschaftlich potenten Investor hinter dem Projekt, der Vingroup, die mit Entwicklungsprojekten im Immobilienbereich ihre Milliarden macht. Zur Erreichung des extrem ambitionierten Plans, binnen zwei Jahren ein Werk aufzubauen, Modelle zur Serienreife zu entwickeln und im Dezember 2019 die Fertigung der ersten beiden Modelle anlaufen zu lassen, hat man ein Team aus international erfahrenen Managern, Ingenieuren und Designern zusammengekauft. An der Spitze steht mit Le Thi Thu Thuy interessanterweise eine Frau, der Kenner extremes Durchsetzungsvermögen bescheinigen – was sich nicht auf den Beruf beschränkt. So kursiert die Geschichte, dass die Managerin nur zwei Monate nach der Geburt ihres Kindes bei einem Triathlon am Start war. Operativ geführt wird das Projekt aber vom ehemaligen GM-Manager James B. Deluca, eine Schlüsselrolle nimmt Vo Quong Hue ein, der über Jahre das Bosch-Geschäft in Vietnam geführt hat. Kein Wunder, wird Bosch bereits als Lieferant für große Teile der Fahrzeug-Elektronik gehandelt.
Haiphong als Zentrum der Autoindustrie gesetzt
Für Frank Schöninger, dem ehemaligen Mercedes-Manager, der mit seinem Unternehmen SOPEC ansiedlungswillige Unternehmen aus Deutschland berät, ist damit der Markstein gesetzt: Die Region Hanoi/Haiphong wird zum Automotive-Cluster in Vietnam. Selbst wenn der Zeitplan, bereits ab Dezember 2019 Autos zu produzieren, zu hoch gegriffen sein sollte und es ein Jahr später wird, gehe vom neuen Player im Automarkt erhebliche Sogwirkung aus. Denn mit Blick auf die Rahmenbedingungen wie Arbeitskräfteressourcen, Arbeitskosten, die Nähe zu China, das engmaschige Netz aus Freihandelsabkommen sowie die weitreichenden Infrastrukturmaßnahmen in der Region Haiphong mit den Aktivitäten von Deep C im Zentrum, sieht Schöninger in Vietnam einen der vielversprechendsten Standorte für die Automobilindustrie in Asien: „Die Basis,“ sagt er, „ist jetzt ohne Zweifel gelegt. Für Unternehmen der deutschen Autoindustrie ergeben sich gerade jetzt hervorragende Investitionsmöglichkeiten – gerade auch für Mittelständler“.