Nahtlos von der Erfolgsstory zum Krisenfall: das Beispiel des britischen Premiumhersteller JLR führt drastisch vor Augen wie schnell die Party in der Autoindustrie bei kleineren Herstellern vorbei sein kann. Seit 2010 hat der Autobauer eine atemberaubende Erfolgsstory geschrieben, verzeichnete Jahr für Jahr steigende Absatzzahlen und Gewinne. Dann kamen der Brexit und die Dieselkrise, zudem die durch Handelsstreitigkeiten ausgelöste Verunsicherung chinesischer Autokäufer. Dazu flankierend ein paar Entscheidungen zum falschen Zeitpunkt, wie etwa die Milliardeninvestitionen in eine neue Generation an Dieselmotoren und Verbrennern in Großbritannien. Hatte diese Gemengelage das Wachstum im ersten Quartal 2018 nur gebremst, spricht man bei JLR selbst spätestens seit dem Verlust in Höhe von rund 100 Millionen Euro im dritten Quartal von Restrukturierung.
Derzeit tüftelt man bei JLR am "Project Change" mit dem man in den nächsten drei Jahren umgerechnet rund 2,7 Milliarden Euro einsparen möchte. Ursprünglich war damit gerechnet worden, dass die Eckpunkte des Sanierungsprogramms bereits im November vorgestellt würden, jetzt sprechen Insider von einer Bekanntgabe im Januar 2019. Im Zusammenhang mit dem Sparprogramm rumort es insbesondere in den Werken in Großbritannien gewaltig. Schon seit Wochen geistern dort Gerüchte umher, dass es zu Jobabbau kommen wird. Trifft zu, was die Financial Times aus Vorstandskreisen erfahren haben will, kommt alles noch schlimmer. So solle bereits in den ersten Monaten 2019 ein Plan zum Abbau von 5.000 Arbeitsplätzen umgesetzt werden. Einen Kommentar dazu gibt es von JLR nicht. Gegenüber Daily Mail sagte ein Sprecher, dass man zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Angaben zu einzelnen Punkten des Sanierungsplans mache.
Rumoren in den JLR-Werken
Was ebenfalls durchgesickert ist: Das für die Jahre 2019 bis 2020 bereits verabschiedete Investitionsprogramm soll von umgerechnet rund fünf Milliarden Euro auf rund 4,4 Milliarden gekürzt werden. Das aber ohne Abstriche bei geplanten neuen Modellen und bei der Entwicklung autonomer Technologien.
Schwer unter Druck ist bei JLR der Absatz der Geländewagenmarke Range Rover. Geschuldet ist das in erster Linie der Dieselkrise; bei den überwiegend massigen Geländewagen spielt der Selbstzünder eine dominante Rolle. Die Verunsicherung der Kunden bezüglich der Zukunft des Diesel, bekomme man extrem zu spüren, sagt ein Händler. Im Plus dagegen hält sich die Marke Jaguar. Allerdings hat auch diese eine Reihe Ladenhüter im Portfolio wie den angejahrten XJ. Auch das Kompaktmodell XE performt nicht wirklich gut. Um Jaguar halten sich hartnäckig Gerüchte, dass die Marke auf rein elektrische Fahrzeuge umstellen wird.
Katastrophal schaut es für JLR in China aus. Alleine im November brachen die Verkaufszahlen um über 50 Prozent. Da kann auch das Plus von 18,1 Prozent in Nordamerika nur unwesentlich zur Stimmungsaufhellung beitragen.