VDA, Bernd Gottschalk
Beurteilt exklusiv für AUTOMOBIL PRODUKTION die Lage führender Zulieferer: Professor Dr. Bernd Gottschalk, Geschäftsführer AutoValue und ehemals VDA-Präsident. (Bild: VDA)

Keiner der anderen erfolgreichen Entwicklungsdienstleister muss sich zurückgesetzt fühlen, wenn Bertrandt derzeit positive Schlagzeilen macht und im Ranking vieler Analysten als "Top of the list"-Unternehmen geführt wird. Es gibt gute Gründe: Aufstieg in den honorigen Club der 50 MDAX-Midcaps oder der Aktiensprung von 85 auf über 130 Euro. An die wichtigsten Finanzkennziffern, ob Umsatz, EBIT oder Nachsteuerergebnis kann man ein Lineal anlegen, so gleichmäßig und stramm ging es bisher nur in eine Richtung: Nach oben! Eine Eigenkapitalquote von fast 60 Prozent durch konsequente Thesaurierung oder ein beachtlicher Free Cash Flow – trotz hoher Investitionen – , gepaart mit positiven Aussagen vom Vorstand zur Zukunft, auch das überzeugt verständlicherweise die Finanzwelt. Und nicht nur die.

Bertrandt ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Spezies der Entwicklungsdienstleister der Automobilindustrie heute zu recht mehr Aufmerksamkeit im Markt und an der Börse genießen. Die OEMs stützen sich ohnehin mehr und mehr auf diejenigen Entwicklungsspezialisten ab, die die gesamte Prozesskette beherrschen – vor allem die Schnittstellen. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung steigen rasant, die Komplexität auch. Da ist es klug, nicht alles selbst zu machen und Unternehmen wie Bertrandt, die über hohes Know-how verfügen, stärker einzubinden, ob bei neuen Antrieben, im Leichtbau, bei Fahrerassistenzsystemen oder bei der Connectivity. Gerade die Dienstleister profitieren überproportional vom gestiegenen Fremdvergabevolumen der Hersteller. Das erklärt auch die Erfolge von Bertrandt, übrigens nicht nur in der Automobilindustrie, sondern auch in der Luftfahrt, im Maschinenbau oder der Medizintechnik. Es ist ein interessanter Kreislauf: Die höhere Komplexität im Entwicklungsprozess führt zur Vergabe größerer Gewerke; und es wird nicht mehr lange dauern, dann ist auch Bertrandt selbst Umsatzmilliardär und muss die eigene Komplexität beherrschen. Wer sich aber "Wandel, Wissen, Wachstum" – wie Bertrandt – als Motto auf die Fahne schreibt, der wird diesen Trend auch in Zukunft erfolgreich meistern. Über 40 Jahre hat man das schließlich schon bewiesen. Das Geheimnis: Man muss nur die heutigen und künftigen Kundenanforderungen richtig "lesen".

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