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Jens Monsees: "Wo alle nur noch über Digitalisierung sprechen, werden unsere Assets manchmal auch unterschätzt." (Bild: BMW)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Fühlen Sie sich auf Augenhöhe mit den Valley-Unternehmen?
Auf jeden Fall. Sowohl von der Gesprächslage wie von der Wertschätzung, die wir zum Beispiel von den digitalen Playern erhalten. Die haben inzwischen auch gesehen, welche Herausforderung darin besteht, diesen ausgeklügelten Beschaffungs- und Produktionsprozess zu beherrschen. Oder die deutschen Ingenieuren angeborene Spaltmaß-Präzision, die Effektivität. Da blicken so manche Valley-Kollegen sehr interessiert und neugierig und vielleicht sogar mit Respekt auf das, was die Automobilindustrie als Ganzes kann. Ich bin mir sicher, die Bewunderung unserer Prozesse ist hoch. Und auf der anderen Seite können wir von den digitalen Playern an der einen oder anderen Stelle natürlich auch etwas lernen. Deswegen ist das für mich mehr ein Miteinander. Dafür wurde doch der Begriff „Frenemy“ erfunden – auf der einen Seite Kooperation und auf der anderen Seite wollen wir aber auch über bestimmte Kundenschnittstellen selbst im Lead sein.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Arbeiten Sie an einer Kooperation mit Google?
Nein. Wir haben ein Tech Office im Valley, wo wir uns nicht nur Google, sondern viele Player dort anschauen. Es ist kein Geheimnis, dass so große Plattformen sicherlich viele Vorteile haben für OEMs und gleichzeitig auch OEMs neue Plattformen bilden können mit digitalen Playern. Deswegen spreche ich nicht von einer Einzelkooperation, sondern eher von einem Eco-System. Inwieweit bieten wir selber Services an und wann nehmen wir Services ins Auto rein.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie sehen für Ihre Händler auch neues Umsatzpotenzial mit Sicherheit, Wartung und Sauberkeit von Roboter-Autos?
Die Händler spielen heute und in Zukunft eine sehr wichtige Rolle. Die autonomen Fahrzeuge zu warten ist ein zusätzliches Geschäftsfeld – eine neue Chance – um noch mehr Wachstum zu generieren und das machen wir mit den Händlern gemeinsam.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sind Sie schon dabei, die Händlerverträge umzustellen? Sie brauchen für alle neuen Geschäftsmodelle die Daten von den Kunden und die liegen bekanntlich beim Händler?
Die Daten gehören dem Kunden, nicht dem Händler und auch nicht der BMW Group. Aber natürlich sind wir mit den Händlerverbänden im Gespräch. Beide Seiten sind sich aber einig, dass hier Hersteller und Handel nur im Miteinander Erfolg haben werden.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Aber der Händler macht doch derzeit nichts damit, oder?
Das würde ich so nicht sagen. Ich kenne einige Händler, die schon sehr viel damit machen und wirklich sehr weit im Denken vorne sind. Was insgesamt der Punkt sein muss: Die BMW Group und die Händler müssen in einem gemeinsamen Datenraum dem Kunden das beste Produkt anbieten. Kleines Beispiel: Ich bin mit meinem BMW unterwegs, es ist früher Herbst und ich habe das erste Mal Frost. Ich bekomme vom Auto eine Warnung: Pass auf, die Straßen können glatt sein. Wir haben gemeinsam mit dem Händler die Daten über die Fahrstrecke des Kunden. Dann könnten wir ihm sagen, ‚Willst Du schon die Winterreifen bestellen?‘ Und morgen, auf dem Weg zur Arbeit, kommst Du beim Händler vorbei und kannst sie montieren lassen. Hier kommt gleich online Dein Termin. Und falls nötig, macht der Händler gleich noch das Auto komplett sauber oder winterfest oder beides. Das ist für mich die Relevanz und Convenience, die wir gerade als Premiumanbieter gemeinsam mit dem Händler stemmen müssen. Das sind für mich die Zusatzservices, die ich meine.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welche Kooperationen benötigen Sie für Ihre Visionen noch?
Wir sind schon mitten drin, zu prüfen, welche Assets habe ich jetzt schon, welche Assets brauche ich noch und welche Kooperationen benötige ich in Zukunft? Und ja, wir haben uns bereits weiter geöffnet und werden mehr kooperieren. Das sieht man an der Intel und Mobileye-Kooperation, aber auch mit anderen Unternehmen sind wir im Gespräch.

ZUR PERSON     
Jens Monsees
  • ist seit Anfang 2016 Chef-Stratege
  •  Digital der BMW Group.
  • er bekleidete verschiedene Manage-
    ment- und Führungspositionen.
  • von 2014 bis 2016 war er Chief Digital
    Officer im Vorstand der Bertelsmann-
    Tochter Arvato in Gütersloh.
  • davor war er bei Google Deutschland
    für den Gesamtbereich Automotive
    (OEMs, Online Distributor und Parts,
    Services) verantwortlich und beriet die
    Google-Kunden-Unternehmen in Be-
    zug auf ihre Vertriebs-Strategie und
    Online-Markenpräsenz.
  • von 2003 bis 2008 war er für die inter-
    nationale Kommunikationsstrategie
    von MINI in München tätig. In dieser
    Position war er unter anderem für den
    International Launch des MINI Cabrio
    verantwortlich.

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