Gegenwart und Zukunft der Mobilität verschränkten sich bei BMW Mitte September aufs Sinnträchtigste: Während der elektrische wie autonome iNEXT per Flugzeug um die Welt gejettet wurde, rollte die vierte Auflage des X5 ganz gewöhnlich ins Autoleben. Auf der Straße mit Lenkrad und hinter dem Lenkrad ein Fahrer.
Manche rümpfen da schon die Nase. Wer wirklich wahrgenommen werden möchte von der Außenwelt, der muss mindestens elektrisch unterwegs sein, idealerweise autonom obendrein. Die alten Werte deutscher Ingenieurskunst zählen kaum mehr: eine noch bessere Dämpfung, noch leichtere Bauweise, optimierter Verbrauch, beheizbare, respektive kühlbare Trinkbecherhalter? Features, die früher noch zum Ausweis technologischer Führerschaft ausreichten – heute sind sie bestenfalls Vorspiel zur neuen Mobilität. Im schlimmeren Fall dienen sie als Exempel, dass sich die Ingenieure an den Schokostreuseln auf der Sahnetorte verkünsteln, während die drängenden Fragen der Mobilitätszukunft unbeantwortet bleiben. BMW selbst befeuert diesen Eindruck: Hätte man früher den Terminkalender großräumig für die internationale Fahrpräsentation eines Autos vom Kaliber des X5 flächendeckend freigeräumt, platzierte man dem Modell den iNEXT vor die Nase; und dies mit der unverständlichen Message, dass der 2021 kommende Wagen nicht irgendein Fahrzeug ist, sondern die Mobilität und das Mobilitätsverständnis der Münchner neu definieren wird.
Womit die Rolle des X5 in zu kleines Licht gerückt wird. Denn technologisch mag der X5 mit Verbrenner ein Fall für Gestern sein, Fakt ist: Mit dem Premium-SUV verdient man in München das Geld, das den iNEXT ermöglicht und was da noch an E-Mobilen und autonomem Fahrgerät folgt: Seit der X5 1999 das Licht der Autowelt erblickte und für BMW den SUV-Pfad eröffnete, wurden von diesen Fahrzeug 2,1 Millionen Einheiten verkauft. Von der aktuellen Generation, die im November abgelöst wird, waren es – trotz eines auf fünf Jahre verkürzten Lebenszyklus – knapp 760.000 Einheiten. Was das bei einem Preisgefüge in der Spanne von 70.000 bis 130.000 Euro pro Fahrzeug für die Finanzen des Konzerns bedeutet, lässt sich gut erahnen. Bei BMW selbst schweigt man zu dieser Frage und lächelt. Und die Perspektiven mit der neuen Generation sind im Grunde glänzend. Dem Segment wird auf mittlere Sicht ein globaler Absatzzuwachs in der Größenordnung von 20 Prozent zugetraut. Von dem Kuchen will sich der Münchner Autobauer ein dickes Stück abschneiden. Und das iat auch notwendig, will BMW-Chef Harald Krüger sein oberstes Versprechen an die Investoren halten, dass man den Mobilitätswandel bewältigen werde, ohne die hohen Margenziele aufzugeben.
Damit auf der Produktseite ja nichts schief geht, hat man das Projekt X5 in die Hände von Johann Kistler gelegt. Kistler, Prototyp dessen, was man in Bayern gemeinhin als „gestandenes Mannsbild“ bezeichnet, hat 40 Dienstjahre bei BMW auf dem Buckel und in dieser Zeit sowohl auf der Produktentwicklungs- wie auf der Produktionsseite Verantwortung für eine Vielzahl essenzieller BMW-Modelle getragen. Zuletzt hat er sich als „Mister 5er“ einen Namen gemacht. Insofern war es nur folgerichtig, dass man auch den neuen X5 unter die Fittiche des 61-Jährigen gegeben hat. Wobei X5-Projektleiter die Sache nicht ganz trifft, vor allem wenn man auf die Produktionsseite schaut. Denn mit der neuen Generation des Premium-SUV wurde im Werk Spartanburg auch für die SUVs die CLAR-Architektur installiert, die 2015 im 7er BMW debütierte.