Die Abwanderung italienischer Unternehmen aus ihrem Heimatland vollzieht sich bei den meisten nicht so in der Öffentlichkeit wie beim Automobilhersteller Fiat.
Ein Beispiel für den schleichenden Abschied ist das an der Mailänder Börse gehandelte Familienunternehmen Brembo. Anfang des Sommers eröffnete das Unternehmen eine Dependance in Detroits Umgebung. Für Unternehmenschef Alberto Bombassei ist das nicht das Ende der Expansion ins Ausland. Bei der Verkündung der Halbjahresergebnisse kündigte Bombassei an: "Im Umfeld unserer Zentrale in Homer, Michigan, werden wir eine neue Gießerei bauen, um unseren Service für alle Kunden in Nordamerika weiterzuentwickeln. Diese Region ist jetzt der stärkste Absatzmarkt der Brembo-Gruppe geworden." Er kann sich auch durchaus eine weitere Zweigstelle in den Südstaaten der USA vorstellen, um hier seinen exquisiten Kunden, wie Premiumhersteller BMW, noch näher zu sein. Das deutete er bei der Eröffnung in Detroit an. Die Strategie, den Produktionen der Kunden zu folgen, ist nicht neu. Aber sie macht sich im Falle Brembo besonders bezahlt und zum Börsenstar. Das Papier legte in den vergangenen zwölf Monaten um annähernd 100 Prozent zu.
"Diese Zahlen", sagte Bombassei bei der Verkündung der Bilanz 2013, "verdanken wir unserer strategischen Ausrichtung auf die Internationalisierung in den letzten fünf Jahren. Das hat den Absatz in allen Geschäftsfeldern verstärkt, trotz rückläufiger Entwicklung auf dem italienischen und den europäischen Automobilmärkten."
Und Brembo fährt auch im laufenden Jahr auf der Überholspur. Hauptaktionär Bombassei agiert offensichtlich mit Fortune. Er führt das Unternehmen bisher ohne große Bremsspuren durch die europäische Absatzkrise und hat auch den Absturz der Weltwirtschaft von 2008 gut verarbeitet. Das liegt auch an der Spezialisierung: Der Zulieferer konzentriert sich auf das Geschäft rund um die Bremse und am liebsten für die Oberklasse bei Automobilen und Zweirädern. Das läuft augenscheinlich.
So steigerte der Bremsenmacher in den ersten sechs Monaten das EBIT um 63,9 Prozent auf 90,9 Millionen Euro. Das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres zeigte schon eine extrem positive Entwicklung der Kennzahlen. Damit stabilisiert sich der Trend aus dem vergangenen Jahr. Und bestätigt die Prognose von Brembo auch 2014 sehr positive Eckdaten zu erzielen. Schon 2013 stiegen die Umsätze gegenüber 2012 um 12,8 Prozent. Das entspricht knapp 1,6 Milliarden Euro. Das Unternehmen strich einen Nettoprofit von 89,0 Millionen Euro ein. Und steigerte sich somit um 14,4 Prozent gegenüber Vorjahr. "Wir sind mit dem Jahresergebnis, das wir 2013 erzielt haben, sehr zufrieden. Positive Beiträge kommen aus allen Marktsegmenten und allen Ländern, in denen wir präsent sind. Das bestätigt die Wirksamkeit unserer Strategien und der Investitionen, die wir in den vergangenen Jahren geleistet haben. Deutschland und die USA sind weiterhin unsere stärksten Märkte, aber wir nehmen auflebende Aktivitäten auch wieder in jenen europäischen Märkten wahr, in denen wir in der jüngeren Vergangenheit am meisten leiden mussten. Das gilt auch für Italien", so Alberto Bombassei, Vorsitzender des Brembo-Aufsichtsrates.
Und trotz seines Alters von über 70 Jahren gedenkt der Firmenpatriarch diese Entwicklung noch aktiv zu begleiten. Mit gutem Grund. Er und seine Frau kontrollieren über die Mehrheit an den Aktien die Gruppe über die Beteiligungsgesellschaft Nuova Fourb SRL. Und Bombassei, der das Familienunternehmen in der zweiten Generation von seinem Vater Emilio übernahm, denkt nicht daran, an den Besitzverhältnissen irgendetwas zu ändern. Auf der letzten Hauptversammlung ließ er sich als Chairman bis 2016 bestätigen. Das ist nach seiner Aussage ein Garant für die Dynamik. Das Thema Dynamik war auch der Durchbruch für das 1961 gegründete Unternehmen. 1975 erhielt der Zulieferer seinen Ritterschlag, als Enzo Ferrari dort die Bremsen für die Formel-1-Fahrzeuge orderte. Bis heute sind die Italiener im Rennsport aktiv. Sieben Teams werden in der laufenden Saison von Brembo eingebremst. Bei der Entwicklung stieg das Unternehmen dagegen nie auf die Bremse. Nach der Aluminiumbremse empfahlen sich die Italiener als Treiber bei Karbonbremsen und somit als Lieferant für BMW, Mercedes oder Porsche. Neben der Internationalisierung auch ein Erfolgsfaktor für die kommenden Quartale. Nach der Veröffentlichung der Halbjahresergebnisse hoben die Analysten bei der Banca IMI auf jeden Fall das Kursziel des Zulieferers an.