Der Autobauer Daimler lässt sich den Einstieg ins Pick-up-Segment mehr als eine halbe Milliarde Euro kosten. Für die Markteinführung der neuen, zusammen mit dem Partner Renault-Nissan entwickelten „X-Klasse“ werde ein hoher dreistelliger Millionenbetrag investiert, kündigte der Chef von Daimlers Van-Sparte, Volker Mornhinweg, an. Am Dienstagabend stellte Daimler in Stockholm das Konzept des Fahrzeugs vor.
Der Wagen soll Ende 2017 zunächst in Europa auf den Markt kommen. Erst später sollen Australien, Südafrika und 2018 Südamerika folgen. „Bis 2018 wird dort wieder Wachstum da sein“, sagte Mornhinweg mit Blick auf die schwachen Märkte in Brasilien und Argentinien.
Ausgerechnet Europa, wo Daimler das neue Modell starten will, sei allerdings kein Pick-up-Markt, sagte Carlos da Silva vom Marktforscher IHS Automotive: „Hier werden die Bedürfnisse, die ein Pick-up bedient, von anderen Fahrzeugen adressiert.“ Dazu gehörten zum Beispiel Kastenwagen oder Transporter.
Die Marktanteile am gesamten Fahrzeugmarkt bewegen sich hier um ein Prozent - in Australien und Argentinien liegen sie bei um die 12 Prozent. Analyst da Silva sieht in dem Start daher eher einen Test, ob ein großer Hersteller wie Daimler dort überhaupt Fuß fassen kann.
„Wir haben in Europa nicht die richtige Einstellung zum Pick-up“, meinte Autoexperte Peter Fuß von der Unternehmensberatung Ernst & Young. „Das wird eine Nische bleiben.2
Den Pick-up-Mart schlechthin - die USA - spart Daimler hingegen aus. „Da einzusteigen macht keinen Sinn“, begründete Mornhinweg die Entscheidung. Dort würden nur große Pick-ups verkauft - und der Markt sei unter den drei US-Herstellern Ford, GM sowie Dodge aufgeteilt.
Daimler plant hingegen einen Pick-up der Mittelklasse. Produziert wird das Fahrzeug in Europa im Nissan-Werk im spanischen Barcelona, wo schon Nissans Pick-up Navara vom Band rollt und 3.300 Mitarbeiter beschäftigt sind. In Renaults Werk im argentinischen Córdoba, wo derzeit von knapp 1.900 Beschäftigten der Clio, Kangoo und die Limousine Fluence gefertigt werden, soll der Pick-up von 2018 an entstehen. Dort investiert Renault-Nissan für die neue Linie 600 Millionen US-Dollar (550 Mio. Euro).
Wie viele Fahrzeuge der Stuttgarter Konzern allein fertigen lassen will, ließ Mornhinweg offen. Der Pick-up basiert auf der Plattform für Nissans NP 300 und dem mittelgroßen Renault Pick-up. In Barcelona wollen die drei Hersteller zusammen etwa 120.000 Fahrzeuge bauen, in Córdoba fast 70.000. „In dem Umfeld sind Kooperationen gang und gäbe, um die Fabriken auszulasten“, sagte Mornhinweg.
Daimler siedelt den Pritschenwagen im mittleren Pick-up-Segment an, für das der Hersteller das größte Wachstum prognostiziert. Es konkurriert etwa mit Volkswagens Amarok und Toyotas Hilux.