Dass die japanischen Autohersteller in Sachen Elektroautos nicht unbedingt führend sind, ist bekannt. Doch offenbar wird der Rückstand immer größer. Bereits im März 2024 verkündeten Honda und Nissan, bei der Entwicklung künftiger E-Autos zusammenarbeiten zu wollen. Im August wurde die Absichtserklärung über gemeinsame Forschungsarbeiten zu grundlegenden Technologien im Bereich Plattformen für die nächste Generation softwaredefinierter Fahrzeuge (SDVs) dann festgezurrt. Wiederum vier Monate später folgte der nächste Schritt: Die beiden Schwergewichte der Branche prüfen eine Mega-Fusion. Honda und Nissan, Japans zweit- und drittgrößter Autobauer, wollen die Verhandlungen bis Juni 2025 abschließen. Nissans Partner Mitsubishi Motors wolle bis Ende Januar entscheiden, ob sich der Konzern an einem Zusammenschluss beteiligt, teilten die Unternehmen mit. Die Gründe für die Fusionspläne sind vielschichtig.
In Bezug auf Software nehme keiner der OEMs eine starke Position ein, noch verfüge einer von ihnen über eine Palette von wettbewerbsfähigen batterieelektrischen Fahrzeugen, sagt Pedro Pacheco von der Unternehmensberatung Gartner. „Daher erwarte ich, dass die Fusion mehr finanzielle Mittel und eine größere Anzahl an Fachkräften bereitstellt, die die Unternehmen auf Elektrifizierung und Software ausrichten könnten, wenn sie dies möchten." Durch die Fusion würde der drittgrößte Automobilhersteller der Welt in Bezug auf den Absatz entstehen. Dies bringe Potenzial für zusätzliche Skaleneffekte. Dennoch müsse das neue Unternehmen aufgrund der genannten Gründe noch erhebliche Anstrengungen unternehmen, um ein Spitzenreiter in den Bereichen Elektrifizierung und Software zu werden, betont der Experte.
Auch Frank Schwope, Lehrbeauftragter für Automobilwirtschaft an der FHM Hannover, äußert Verständnis für das Vorhaben: „Zwei beziehungsweise drei Autohersteller eines Landes lassen sich deutlich leichter zusammenschließen als Unternehmen bei länderübergreifenden Transaktionen. Die japanische Autoindustrie könnte so einen zweiten Big-Player nach Toyota formen, der den Rückstand bei der Elektromobilität mittels Größe leichter aufholen kann." Wenn man Software, Batterien oder andere Produkte für Elektroautos nur einmal entwickeln müsse, spare man deutlich an Entwicklungskosten. Der Rückstand sei zwar erheblich, aber durch die Feststoffbatterie könnten die Karten ab Ende der Dekade neu gemischt werden, so Schwope.
Welche Risiken birgt die Fusion?
Alle drei Unternehmen sind japanisch, was aus Sicht der kulturellen Harmonisierung ein Vorteil sein dürfte. „Dennoch ähneln die Risiken dieser Fusion denen vieler anderer Zusammenschlüsse – etwa Schwierigkeiten bei der Schaffung echter Synergien und komplementärer Fähigkeiten. Eine weitere Herausforderung ist, wie schnell die drei Unternehmen ihre Prozesse und Ressourcen harmonisieren können, ohne ihre Fähigkeit zur schnellen Reaktion auf Marktveränderungen zu beeinträchtigen", analysiert Pedro Pacheco. Frank Schwope meint, dass die Fusion politisch gewünscht sei und da sie nur japanische Konzerne umfasse, sei ein Gelingen recht wahrscheinlich.
Doch wie würde es für die Allianz zwischen Renault, Nissan und Mitsubishi weitergehen? Die Abfolge der Ereignisse zeige, dass die Nissan-Renault-Mitsubishi-Allianz schrittweise zurückgefahren wurde, so Pacheco. „Daher glaube ich nicht, dass Renault ein Hindernis für diese Fusion darstellen wird. Dennoch gibt es ein Erbe, das berücksichtigt werden muss: Mehrere Nissan-Modelle verwenden zahlreiche Technologien, die mit Renault geteilt werden, und beide Unternehmen betreiben gemeinsame Entwicklungszentren." Mitsubishi sei beispielsweise stark von Renault-Modellen für seinen europäischen Absatz abhängig. All diese Aspekte müssten berücksichtigt werden, wenn die Fusion zwischen Honda, Nissan und Mitsubishi stattfinden solle, so der Gartner-Experte.
„Renault würde relativ allein dastehen und die französische Regierung hätte wohl ein Problem damit, Renault enger an einen japanischen Konzern zu binden", vermutet Frank Schwope. In der Folge, so der Lehrbeauftragte, könnte Renault stärker an Stellantis oder einen anderen europäischen Konzern rücken.