Ghosn wurde 1999 von Renault zu Nissan entsandt. Seit 2001 war er dort als Vorstandschef tätig.

Ghosn wurde 1999 von Renault zu Nissan entsandt. Seit 2001 war er dort als Vorstandschef tätig. (Bild: Nissan)

Der ehemalige CEO von Nissan-Mitsubishi-Renault, Carlos Ghosn, hat seine spektakuläre Flucht aus Japan in den Libanon bei einer Pressekonferenz in Beirut gerechtfertigt. Seiner Ansicht nach sah er sich mit einem politisch gesteuerten und korrupten Verfahren konfrontiert. Er beklagte unmenschliche Haftbedingungen mit langer Einzelhaft sowie wenig Kontakt zur Familie und kritisierte die Inhaftierung als unverhältnismäßig. Die Flucht bezeichnete er als die schwerste Entscheidung seines Lebens.

Ghosn sprach von einer Verschwörung des japanischen Konzerns mit dem dortigen Generalstaatsanwalt, die eine engere Verzahnung von Renault und Nissan verhindern sollte. Diese Vorwürfe wies die Staatsanwaltschaft als "kategorisch falsch" zurück. Seine mutmaßlich in einer Kiste erfolgte Flucht mit Hilfe eines Privatjets bezeichnete Japan als illegal.

Die scharfen Vorwürfe des Geflohenen gegen das Justizsystem wurden von japanischer Seite bereits zurückgewiesen. Seine "einseitigen" Darstellungen würden sein Verhalten nicht rechtfertigen, sagte Japans Justizministerin Masako Mori. Ghosns illegale Ausreise könne "niemals vergeben werden", ganz gleich unter welchem Justizsystem, erklärte sie weiter. Ende Dezember hatte Ghosn bei seinem ersten Auftritt seit der Flucht alle gegen ihn vorgebrachten Beschuldigungen zurückgewiesen.

Der frühere Vorstandsvorsitzender wurde im November 2018 in Tokio unter anderem wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen und angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, mehr als 90 Millionen Dollar an Einkünften verschwiegen sowie seine Pensionsbezüge unrechtmäßig um 50 Millionen Dollar erhöht zu haben. Zudem soll er angeblich private Investitionsverluste auf Nissan übertragen und Gelder des Unternehmens zugunsten eines Vertriebspartners im Oman missbraucht haben.

Im April 2019 wurde er unter strengen Auflagen auf Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen. Unter anderem wurde ihm verboten, das Land zu verlassen. Ghosn hat die französische, die brasilianische und die libanesische Staatsangehörigkeit. Heute soll der Ex-Manager vom libanesischen Generalstaatsanwalt befragt werden. Dabei gehe es unter anderem um den Fahndungsaufruf der internationalen Polizeibehörde Interpol und Japans Ersuchen, ihn zu verhaften, hieß es aus Justizkreisen in Beirut.

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dpa