Freudenberg, O-Ringe-Produktion

Produktion von O-Ringen im Werk Görwihl-Oberwihl: Seit 50 Jahren fertigt Freudenberg diese Runddichtungen, die etwa in Getrieben verbaut werden. Vor Ort entstehen auch Bremsendichtungen. (Bild: Freudenberg)

Es ist nicht der erste Wandel für die Freudenberg-Gruppe, die heute rund 300 Nachkommen des Gründers Carl Johann Freudenberg gehört. 1849 begann das Geschäft mit der Übernahme einer Ledergerberei, die Hälfte der 160-jährigen Firmengeschichte machte man nur in Leder, erst kurz nach der Weltwirtschaftskrise 1929 kamen die berühmten Simmerringe hinzu.

Das Ledergerben ist seit 2002 passé, mit 14 Geschäftsgruppen erzielen die Weinheimer aktuell rund 4,2 Milliarden Euro Umsatz. Freudenberg entwickelt und produziert heute Dichtungen, Schwingungstechnik, Filter, Vliesstoffe, Trennmittel und Spezialschmierstoffe sowie Mechatronik – mit rund 32 000 Mitarbeitern in 55 Ländern. Heute gehören der Automobil-, Maschinen- und Anlagenbau, die Textil-, Bekleidungs-, Bau- und Bergbau-, Energie-, Chemie-, Öl- und Gasindustrie ebenso zum Kundenkreis wie die Medizintechnik, die zivile Luftfahrt und die Halbleiterbranche.
Das operative Geschäft liegt in der Hand selbstständiger Gesellschaften, deren Leiter eigenverantwortlich handeln. Die einzelnen Firmen sind zu Geschäftsgruppen zusammengefasst, geführt von der Freudenberg & Co. KG.

Die Dichtungs- und Schwingungstechnik bildet den automobilen Kern des Mischkonzerns und ist in 27 Ländern aktiv. 2009 wurden ein Drittel des Gesamtumsatzes, also rund 1,4 Milliarden Euro, mit automobiler Erstausrüstung erwirtschaftet. Zusammen mit dem Ersatzteilgeschäft waren es gut 1,6 Milliarden Euro. Das macht Freudenberg zur aktuellen Nummer 71 im Ranking der ‚Top 100 Automotive Suppliers‘ und branchenübergreifend zur Nummer 84 der größten deutschen Firmen.

2009 war aber auch für Freudenberg schwierig. Erstmals seit 1952 verdienten die Weinheimer kein Geld. Doch Dr. Peter Bettermann, Sprecher der Unternehmensleitung, und sein Team agierten schnell: sie schlossen Lager, lokale Niederlassungen und mehrere Werke. Über konsequentes Cash Management stieg der Free Cash Flow um 252 Millionen auf 261 Millionen Euro. Die Nettoverschuldung wurde im Vergleich zum Vorjahr sogar um fast 253 Millionen auf 431,2 Millionen Euro gesenkt.

Und so ging es 2010 aufwärts: "Die Zahlen und Auftragseingänge stimmen uns vorsichtig optimistisch. Allerdings sehen wir noch keine solide Grundlage für eine sichere Prognose für 2011", erklärt Dr. Mohsen Sohi, Mitglied der Unternehmensleitung. Freudenberg setzt auf Wachstumsregionen wie Indien und China und investiert in strategische Wachstumsfelder wie Medizintechnik oder das Öl- und Gas-Geschäft. Auch im Automotive-Bereich: "Wir investieren zum Beispiel schon seit vielen Jahren in die Entwicklung der Brennstoffzelle. Für Hybrid- und Elektrofahrzeuge sind wir bei der Entwicklung von Lithium-Ionen-Batterien dabei. Separatoren für die bisherigen Energiespeicher der Hybridfahrzeuge liefern wir schon seit vielen Jahren und können deshalb fundierte Fachkenntnisse in die Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterie einbringen", so Sohi.

Gegebenenfalls trennt man sich von Assets: Zuletzt wurde das Zylinderkopf- und Abgas-Dichtungsgeschäft für Erstausrüstung und den herstellergebundenen Ersatzteilmarkt an ElringKlinger abgegeben. 2009 erzielte die Sparte Umsatzerlöse von 38 Millionen Euro. Doch Sohi relativiert: "Der hohe Stellenwert des Automotivegeschäfts innerhalb der Gruppe bleibt davon unberührt. Der Umsatzanteil des abgegebenen Bereichs an unserem Automotivegeschäft ist nicht so hoch, dass unsere Position als führender Automobilzulieferer betroffen wäre." Und er ergänzt: "Nach wie vor bieten wir eines der umfangreichsten Portfolios der Dichtungstechnik für Autos an – wenn nicht sogar das umfangreichste überhaupt." Auch beim Downsizing biete man innovative Dichtungslösungen.

Freudenberg-Chef Bettermann ist sicher: "Wir werden uns auf immer schneller werdende Veränderungen einstellen müssen." Sein Lösungsansatz heißt ganz aktuell Diversifikation. Und die hat das 160 Jahre alte Unternehmen auch bereits erfolgreich durch die Weltwirtschaftskrise 1929 gebracht.

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