JLR-Chef Speth
JLR-Chef Speth: Werden auf Jaguar-Weise stark im wachsenden SUV-Markt dabei sein. (Bild: Nick Dimbleby/JLR)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Und Downsizing. Für Jaguar Land Rover als eine Marke mit einer Heritage in potenten Motoren ein heikles Feld?
Nein. Wir arbeiten an der Downsizing-„Spirale“. Letztlich sind kleinere Motoren eine ganz natürliche Konsequenz, die mit Leichtbau beginnt. Durch das geringere Gewicht kommen wir auch mit kleineren Aggregaten auf Fahrleistungen, die man zuvor nur mit größeren Motoren erzielen konnte. Zudem benötigt man deutlich weniger Sprit. Nicht zu vergessen: durch die kleineren Motoren haben sie in der Regel weniger Gewicht auf der Vorderachse. Dadurch erreicht man wieder höhere Agilität. Im Grunde eine schöne Sache.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Dennoch soll es Menschen geben, die bei der Ankündigung eines F-Pace mit 4-Zylindern in Schockstarre gefallen sind.
Es ist schon so, dass auf einem Premiumlevel, für den wir stehen, immer noch eine angemessene Anzahl von Zylindern nachgefragt wird. Und dazu gehört meines Erachtens auch – ich bin natürlich von der älteren Generation – ein bestimmter Sound wie ihn nur ein Motor ab Sechszylinder aufwärts entfacht. Auf der anderen Seite glaube ich, dass wir das Thema Geräusch für jeden Kunden individueller auslegen müssen. Auch ich möchte nicht unbedingt mit einem sehr lauten Fahrzeug morgens um sechs neben meinem Nachbarn wegfahren. Auf der anderen Seite, wenn ich mal ein bisschen sportlich fahren möchte, da gehört der richtige, fauchende Sound einfach zum inspirierenden Fahrgefühl dazu. Andererseits kann ich auch ein ruhiges, leises Dahingleiten genießen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Das kann man ja auch als Luxus interpretieren.
Ja. Und insofern würde ich auch Elemente der Elektromobilität ganz klar unter das Thema Luxus packen. Diese geräuschlose Beschleunigung, das Dahingleiten – das hat schon was.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Elektromobilität wurde früher immer ein bisschen mit Verzicht gleichgesetzt. Das ist nach ihrer Wahrnehmung weg?
Ja absolut, mit Verzicht hat das rein gar nichts zu tun.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Modellseitig hat der F-Pace hat ja ganz stark am Markt eingeschlagen, nun wollen Sie mit einem Kompaktmodell unterhalb nachlegen. Was kommt noch aus der SUV-Ecke?
(lächelt verschmitzt, weil er zu dem Zeitpunkt noch nicht offiziell sagen wollte, dass der F-Pace mit dem E-Pace einen kleinen Bruder bekommt) Also da wissen Sie mehr als ich. Ja, der F-Pace erhielt die renommierten Auszeichnungen: „World Car of the Year“ und „World Design of the Year“ in New York. Ist das nicht eine ungemeine Bestätigung unseres Weges? Das Team um Ian Callum hat eine herausragende Arbeit abgeliefert. Generell gesprochen erfreuen wir uns am Trend hin zu SUVs; Land Rover hat schließlich dieses Segment mit definiert und wir sind mit Land Rover extrem stark in dem Segment vertreten. Jaguar kann davon profitieren und wird auf Jaguar Weise stark in diesem wachsenden SUV-Markt dabei sein. Man darf darüber bei aller Aufmerksamkeit den der Bereich auf sich zieht, aber nicht vergessen, dass die herkömmlichen Limousinen global gesehen einen hohen Marktanteil besitzen und relativ stabil bleiben werden.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie könnte denn eine Modellzukunft bei Land Rover aussehen? Sie haben ja bereits ein stattliches Portfolio
Die beste Zukunft haben wir ja schon, den Velar. Meines Erachtens ist das ein sehr attraktiver Range Rover geworden. Eindeutig mit der DNA des Range Rover. Aber der Velar macht ein ganz neues Feld auf mit seinem minimalistischen, gleichermaßen modernistischen Design und mit dem von der Digitalisierung inspirierten Interieur. Das ist eine hoch interessante Linie. Und die Resonanz ist vielversprechend. Das Auto ist im ersten Jahr schon fast ausverkauft.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Weniger erfreulich ist das Thema Brexit. Wie sehr fürchten Sie, Querschüsse für ihre Entwicklung aus der politischen Ecke zu bekommen.
Sie sollten wissen, dass ich ein absoluter Remain-Fan gewesen bin. Und das bin ich auch noch heute. Ich vertrete die Überzeugung, dass es neben den rein ökonomischen Gründen noch viele andere Motive für einen Verbleib in der EU gibt. Denken sie nur an die lange Phase des Friedens in Europa, die politische Stabilität. Das sind alles Werte, die man nicht über Bord werfen sollte. Ich glaube ich war der einzige in England, der den damaligen Ministerpräsidenten David Cameron in die Werke gebeten hatte, um ihm und der Öffentlichkeit an unserem Beispiel zu zeigen, wie wichtig es ist, dass England in der EU bleibt. Nun ja, genutzt hat es nichts. Es wurde demokratisch gewählt und das muss man akzeptieren. Ich bin sehr gespannt, wie sich das nun weiterentwickelt, gerade, nachdem jetzt auch Neuwahlen anstehen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie froh sind Sie darüber, dass Sie wenige Monate vor dem Brexit Baustart an ihren ersten kontinentaleuropäischen Standort in Nitra/Slowakei hatten.
Natürlich sind wir froh. Aber ich hoffe umso mehr, dass JLR mit oder ohne Werk den freien, fairen und unbürokratischen Handel und den freien Zugang zu kontinentaleuropäischen Mitarbeitern behält. Wir kaufen heute zirka 40 Prozent aller unserer Teile und Komponenten, gerade auch Hightech-Komponenten in Europa ein. Und wir liefern zirka 20 Prozent unserer Produkte wieder nach Europa. Digitalisierung kennt zudem keine nationalen Grenzen. Ein offener Markt ist keine isolierte, vorteilhafte Einbahnstraße für JLR – sondern dient der nationalen Arbeitsteilung frei nach Adam Smith und allen Gesellschaften.

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