Daimler-Chef Ola Källenius

Die jüngsten Ergebnisse würden Daimler nicht gerecht, erklärte Ola Källenius vor Aktionären. Der Autobauer könne mehr und sei entschlossen, zu liefern. (Bild: Daimler)

Denn aktuell sieht die Lage düster aus - auch, aber nicht nur wegen der weltweit drastischen Auswirkungen der Pandemie. Aktionäre werfen der Konzernführung weiterhin vor, schon vorher wichtige Entwicklungen verschlafen und etliche Weichen falsch gestellt zu haben.

"Ich denke, wir sind uns einig: Die jüngsten Ergebnisse - auch schon vor Corona - werden diesem stolzen Unternehmen nicht gerecht", räumte Källenius ein. "Daimler kann mehr. Und wir sind entschlossen zu liefern", versprach er den Aktionären, die den ersten Auftritt des Schweden als Vorstandschef bei einer Hauptversammlung nur aus der Ferne und im Internet verfolgen konnten.

Erst einmal müssen aber weitere Tiefschläge verkraftet werden. Nach einem Gewinneinbruch im ersten Quartal rechnet der Konzern für das zweite Jahresviertel gar mit roten Zahlen beim operativen Ergebnis. Aufs gesamte Jahr gerechnet, dürfte der Gewinn noch unter dem schon schwachen Wert des Vorjahres bleiben.

Was den Absatz angeht, zeigte sich Källenius zumindest wieder etwas zuversichtlicher. Zwar stehe für das erste Halbjahr mit knapp 870.000 Autos von Mercedes-Benz ein Minus von knapp einem Fünftel zu Buche. Im zweiten Quartal habe man jedoch bereits wieder etwas Boden gut gemacht. Im Juni allein lagen die Pkw-Auslieferungen an die Endkunden wieder leicht über dem Vorjahresniveau - und im wichtigsten Einzelmarkt China habe Mercedes-Benz beim Absatz das bisher beste zweite Quartal erzielt. "Wir sind vorsichtig optimistisch, dass andere Märkte an diese Entwicklung Schritt für Schritt anknüpfen", so Källenius.

Dennoch: Ohne weitere Maßnahmen zur Stärkung der Effizienz - sprich: Sparen - komme Daimler nicht aus. "Unsere bisherigen Effizienzziele haben die bevorstehende Transformation abgedeckt, aber nicht eine weltweite Rezession", sagte Källenius. "Deswegen schärfen wir unseren Kurs nach." Daimler hatte schon vor der Corona-Krise nicht gut dagestanden. Während die Autokonjunktur 2019 insgesamt schwächelte und zugleich der Berg an teuren Diesel-Altlasten immer höher wurde, musste der Konzern weitere Milliarden in wichtige Zukunftsprojekte wie die Digitalisierung und die Elektromobilität stecken.

Der Gewinn rauschte in den Keller, die Dividende für die Aktionäre gleich mit. Der Aktienkurs ist von Höhenflügen ohnehin seit geraumer Zeit weit entfernt. Källenius versprach, die Kosten in den Griff zu bekommen. Mehr als 10.000 Stellen sollen auf jeden Fall wegfallen, Investitionen gekappt und Prioritäten neu sortiert werden - so hatte es der Vorstandschef schon im vergangenen Herbst angekündigt.

Und nun komme Corona als "zusätzliche Last" hinzu - mit Auswirkungen, die immer noch nicht absehbar seien. "Deswegen müssen wir noch zusätzliche Anstrengungen unternehmen", sagte Källenius, blieb konkrete Details vor allem zu einem möglichen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen allerdings schuldig. Man sei derzeit in konstruktiven Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern.

Vieles auf den Kopf gestellt hat der Schwede in den vergangenen Monaten ohnehin schon. Die beschlossene Kooperation mit BMW  beim autonomen Fahren wurde wieder einkassiert und vorerst auf Eis gelegt. Stattdessen arbeitet Daimler nun mit der US-Tech-Firma Nvidia zusammen. Erst vergangene Woche verkündete der Konzern einen Ausbau der Zusammenarbeit mit dem chinesischen Batteriezellen-Hersteller Farasis. Überkapazitäten im weltweiten Werksverbund sollen durch einen Verkauf des Standorts im französischen Hambach abgebaut werden.

Viele Aktionärsvertreter halten die Probleme für hausgemacht. "Daimler ist ein Sanierungsfall und gibt ein schwaches Bild ab, wohin man schaut", schimpfte Janne Werning von Union Investment. Von einem "verlorenen Jahr für Daimler und seine Aktionäre", sprach Ingo Speich von Deka Investment. Jens Hilgenberg vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre moniert eine verfehlte Modellpolitik.

Anders als sonst durfte die Kritik in diesem Jahr nicht direkt und live im Saal vorgetragen werden. Redebeiträge von Aktionären gab es wegen der Corona-Beschränkungen nicht, Fragen konnten nur vorab schriftlich eingereicht werden. In Stuttgart protestierten Vertreter von Umweltschutz-, Menschenrechts- und Friedensorganisationen.

An den Kernthemen Digitalisierung und Elektrifizierung sowie an dem Ziel, die gesamte Neuwagenflotte bis 2039 CO2-neutral zu machen, will Daimler nicht rütteln - das machten Källenius und Aufsichtsratschef Manfred Bischoff am Mittwoch noch einmal deutlich. "Das Ziel von Daimler ist und bleibt die emissionsfreie Mobilität", sagte Bischoff.

Bis es so weit ist, droht Daimler die verschärften EU-Grenzwerte für den Kohlendioxid-Ausstoß der Neuwagenflotte immer noch zu reißen. Von zuletzt durchschnittlich 137 Gramm CO2 pro Kilometer muss der Wert auf gut 100 Gramm gesenkt werden. "Es ist weiterhin unser Ziel, die Vorgaben zu erfüllen", sagte Källenius.

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dpa