Die Meldung ging im vorweihnachtlichen Getümmel fast unter: Toyota und Batteriehersteller Panasonic vereinbarten, bei der Herstellung von Batterien noch enger zusammenzuarbeiten. Ein Joint Venture werde derzeit geprüft. "Ziel sind weitere Verbesserungen bei Leistung, Preis und Sicherheit der Akkus sowie die Sicherstellung einer zuverlässigen Lieferkette" - dieser Satz lässt in den Konzernzentralen in Wolfsburg, Ingolstadt und Untertürkheim die Alarmglocken schrillen, bedeutet er doch nicht anderes, dass Toyota sich eine zuverlässige Lieferkette für Batteriezellen sichern will. Der Kampf um die Batteriezellen - einem Kernbaustein der Elektromobilität - ist bereits in vollem Gange und die deutschen Autobauer haben dabei schlechte Karten. Denn die Akkus sind entscheidend für den Erfolg bei der Elektromobilität und nur, wer Hochleistungs-Batteriezellen in genügender Menge und zu fairen Kosten bekommt, hat eine Chance, seine Elektroautos zu einem wettbewerbsfähigen Preis anzubieten. Schließlich ist die Batterie ein sehr teures Bauteil bei den Fahrzeugen der Zukunft. Und genau da befinden die deutschen Autobauer in einer gefährlichen Bredouille, die in einer verhängnisvollen Abhängigkeit zu den Herstellern der begehrten Batteriezellen führen könnte.

Aktuell wird der Markt von einer Handvoll Herstellern der elektrolebensnotwendigen Batteriezellen dominiert, die alle in Asien sitzen. Die großen Akteure bei diesem diffizilen Spiel heißen: LG Chem, Panasonic, Samsung, SK und CATL aus China. Wie sieht es mit der Herstellung von Batteriezellen in Deutschland aus? Fehlanzeige. Versuche, hierzulande eine Produktion aus dem Boden zu stampfen, scheiterten bislang auf ganzer Linie. Sei es Daimler mit Evonik und dem gemeinsamen Unternehmen Li-Tec (Ende 2015 endete die Produktion) oder Bosch mit Samsung beim Joint Venture SB LiMotive, das 2008 ins Leben gerufen wurde.

Die Bosch-Ingenieure können ein Lied von den Realitäten der Zusammenarbeit mit asiatischen Partnern singen. Im Alltags-Geschäftsgebahren blieb von der sprichwörtlichen Höflichkeit nicht viel mehr übrig, als der schöne Schein des Lächelns, gepaart mit fadenscheinigen Entschuldigungen. Frustriert schmiss Bosch 2012 das Handtuch. Auch ein zweiter Versuch mit den Japanern von GS Yuasa scheiterte unlängst. Die Option, das Heft des Handelns selbst in die Hand zu nehmen, erscheint den Deutschen als wenig verheißungsvoll. Technologisch hinkt man den Japanern um rund zehn Jahre hinterher und der Bau der für die Produktion notwendigen Gigafabriken würde zweistellige Milliardenbeträge verschlingen. Um das Wagnis einzugehen, bräuchten die Zulieferer verlässliche Zusagen der Automobilhersteller, doch sobald es um die wichtigen Zellen geht, stoßen Bosch und Continental auf taube Ohren.

Deutsche fahren auf Sicht

An Initiativen mangelt es nicht: Das Konsortium TerraE hat mit Fab4Lib Anfang des Jahres ein Projekt mit 19 Firmen gestartet, die eine Produktion von Batteriezellen in Deutschland anschieben wollen. Innovative Fertigungstechniken sollen die Kosten deutlich senken und den Rückstand zu den Asiaten verringern. Bislang ist von einer Produktion von sechs Gigawattstunden pro Jahr die Rede, kleine Fische im Vergleich zu den Gigafabriken die weit im Osten aus dem Boden sprießen. Dafür soll die Fertigungsstätte modular aufgebaut sein und dort installiert werden, wo die Kapazität gerade benötigt wird. Flexibilität statt Masse heißt die Devise. Ob dieses Kalkül aufgeht, wird sich zeigen. Auf dem Fab4Lib-Gründungs-Gruppenbild ist keiner der großen Automobilhersteller zu sehen. Neben den Mittelständlern posieren dafür immerhin Vertreter von Siemens, thyssenkrupp System Engineering GmbH und mit SGL immerhin einer Firma, bei dem BMW-Großaktionärin Susanne Klatten den Aufsichtsratsvorsitz innehat.

Der Münchner Autobauer hat 200 Millionen Euro in die Hand genommen, um ein "Kompetenzzentrum Batteriezelle" in dem letztendlich 200 Ingenieure an den Akkus der Zukunft tüfteln, zu erschaffen. Im Vergleich zur Manpower, mit der die Asiaten die Forschung betreiben, erinnert das an einen Duellanten, der eine Steinschleuder zückt, während der Gegner bereits eine Feldhaubitze auffährt. Leistungsfähige Akkus zu erfinden ist eine Sache, bei den Batteriezellen sind die Fertigungsprozesse extrem wichtig. VW will Milliarden in die Hand nehmen, um den Rückstand aufzuholen. Während hier noch geplant wird, schaffen die Asiaten Fakten. Immerhin sollen sich die europäischen Autobauer sich schon über eine konzertierte Aktion in Sachen Zelltechnik unterhalten haben. Spruchreif ist dem Vernehmen nach noch nichts. Betrachtet man die Schwierigkeiten, die es beim Erwerb des Kartenherstellers "Here" gab, Audi, BMW und Mercedes unter einen Hut zu bringen, ist noch ein langer Weg zurückzulegen, bis man konkurrenzfähige Akkus in Eigenregie baut.

Harte Verhandlungen

Beobachtet man den Habitus der deutschen Autobauer, drängt sich der Verdacht auf, dass die Topmanager mit einer Mischung aus Gottvertrauen und Naivität bei der Causa Batteriezellen auf Sicht fliegen. Die Entscheidungsträger lassen sich von der Tatsache blenden, dass die Zellpreise in den letzten Jahren stetig gesunken sind und gehen davon aus, dass die Energieträger auch im Zukunft in genügender Anzahl vorhanden sind. Momentan tobt unter den Zellherstellern ein Verdrängungswettkampf. Die aktuell besten Chancen, sich durchzusetzen haben LG Chem, Panasonic und die Chinesen von CATL, die mit Macht in den Markt drängen und im Reich der Mitte Gigafabriken hochziehen wollen. Sobald das Hauen und Stechen auf Herstellerseite erledigt ist, diktieren die Asiaten den Markt. Glaubt man den Analysten, wird die Nachfrage spätestens Ende der 2020er Jahren das Angebot an Batteriezellen übersteigen - vermutlich ist das sogar früher der Fall. Spätestens dann werden die Preise wieder anziehen.

Wenn es um das Geld geht, verhandeln die Asiaten knallhart und werden die Preise in die Höhe treiben. Zudem dürfte den Managern aus Korea und China das Hemd näher sein, als die europäische Hose - soll heißen, dass Toyota und Hyundai auch da die Trümpfe in den Händen halten. Vor allem bei den Chinesen von CATL können sich die deutschen Automobilhersteller auf eine rigorose Kostenpolitik einstellen. Momentan deuten alle Anzeichen darauf hin, dass dieses Horrorszenario eintreten wird. Nimmt die Elektromobilität Fahrt auf, ist die Versorgung mit Batteriezellen das entscheidenden Element in der Lieferkette beim Autobau. Da können sich die teutonischen Techniker noch so rühmen, das Akkumanagement perfekt zu beherrschen, wenn die Energieträger zu teuer sind, hat man per se schon eine schlechtere Marktposition. So oder so sind die Aussichten alles andere als rosig und das drohende Dilemma selbstverschuldet. Bleibt nur noch die Hoffnung, dass sich bei der Batteriezellen-Technik in den nächsten Jahren etwas tut und sich die Gewichte wieder verschieben.

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