Um die gewaltigen Herausforderungen in Deutschland, Europa und der Welt zu meistern, brauche es vor allem den technischen Fortschritt. Der mittelständisch geprägte Maschinen- und Anlagenbau nehme hier mit seiner technologischen Kompetenz eine Schlüsselrolle ein, betonte der Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) Karl Haeusgen, auf der Jahrespressekonferenz des Verbands. Während die Auftragseingänge in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres dem VDMA zufolge um real 34 Prozent zulegten, stieg die Produktion im selben Zeitraum schwächer als erhofft um real 7,2 Prozent. Die Produktionserwartungen werden sich für 2021 demnach nicht vollständig erfüllen, so Haeusgen, der betont: „Wir hätten mehr produzieren können, wären die verschiedenen Lieferengpässe nicht so hartnäckig gewesen.“ Bereits im Oktober mahnte der Präsident auf dem Maschinenbau-Gipfel fortschrittlicheres Handeln der Politik an.
Branche mangelt es an Elektronik, Metallen und Fachkräften
Die VDMA-Volkswirte schätzen das Produktionswachstum 2021 - abweichend von ihrer Prognose aus dem September von plus zehn Prozent - auf nunmehr preisbereinigt plus sieben Prozent zum Vorjahr. Das entspricht einem Wert von rund 219 Milliarden Euro. Mit Blick auf die Lieferengpässe ergab eine Blitzumfrage des Verbands, dass 84 Prozent der befragten Firmen gravierende Beeinträchtigungen der Lieferkette spüren. Den Betrieben mangele es vor allem an Elektronik-Komponenten und Metallen. Insbesondere bei der Elektronik würden die Unternehmen nicht vor dem dritten Quartal 2022 mit einer Entspannung rechnen.
Mit Blick auf die Arbeitsplätze sei und bleibe man der größte industrielle Arbeitgeber im Land. Mit gut einer Million Beschäftigten im September 2021 habe man einen Abbau der Belegschaft von lediglich 1,9 Prozent zum Vorjahr verzeichnen müssen. Laut dem VDMA planen gut zwei Drittel der Firmen einen moderaten Belegschaftsaufbau im kommenden Jahr. Was sich jedoch deutlich zeige, sei ein gravierender Fachkräftemangel.
Die Grundvoraussetzung für die weitere Bekämpfung der Krise sind Haeusgen zufolge solide Staatshaushalte mit finanziellem Spielraum. Um zu soliden Staatsfinanzen zurückzukehren, sei jetzt der Ausstieg aus den Hilfsprogrammen zu forcieren. Mitnahme- und Gewöhnungseffekte gelte es, zu vermeiden. Der VDMA-Präsident mahnt zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Der VDMA unterstütze daher die im Koalitionsvertrag vorgesehene Marschroute, wonach es bei der Schutzgüterabwägung einen zeitlich befristeten Vorrang für erneuerbare Energien geben soll. Mit Blick auf den Mittelstand betont Hauesgen: "Die von uns schon lange geforderte stärkere Exportunterstützung brauchen insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen in Form von Hermes-Deckungen im Bereich der sogenannten Small Tickets.“
Die Ampel-Koalition schieße beim Thema Freihandelsabkommen allerdings über das Ziel hinaus. Freihandelsabkommen dürften nicht mit anderen Politikfeldern überfrachtet werden. Nicht alle Partnerländer würden das Ambitionsniveau von Nachhaltigkeitsstandards teilen, warnt der VDMA-Präsident. Mit Blick auf Entwicklungen in der Europapolitik sehe man im Green Deal einen enorm wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. In der Umsetzung der Ziele laufe aus Sicht des Verbands derzeit allerdings einiges falsch. So benachteilige die EU-Taxonomie die Maschinenbauindustrie. Auch sieht man beim VDMA den Vorschlag aus Frankreich, die Verhandlungen zu sämtlichen Freihandelsabkommen bis zum Ende der französischen Präsidentschaftswahlen auf Eis zu legen, äußerst kritisch.