Wie Porsche mitteilt, reichen die getesteten Anwendungsfälle von der Ver- und Entriegelung des Fahrzeugs per App über zeitlich befristete Zugangsberechtigungen bis hin zu neuen Geschäftsmodellen durch verschlüsseltes Datenlogging. Das kann beispielsweise für die Verbesserung autonomer Fahrfunktionen weiterentwickelt werden.
Die Blockchain ist ein verteiltes Protokoll für Daten-Transaktionen zwischen Geschäftspartnern, das auch den bekannten Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum zugrunde liegt. Jede Veränderung ist dort in chronologisch aufeinanderfolgenden Datenblöcken erfasst – transparent und gilt als fälschungssicher.
Das birgt laut Oliver Döring, Finanzstratege bei Porsche, enormes Potenzial: „Wir können damit Daten schneller und sicherer übertragen und so in Zukunft noch mehr Komfort bieten, sei es beim Laden, Parken oder um Dritten, wie etwa einem Paketzusteller, temporären Zugang zum Fahrzeug zu gewährleisten. Wir übersetzen die innovative Technologie direkt in Kundennutzen.“
Ist das Auto Teil der Blockchain, ist eine direkte offline - Verbindung ohne Umwege über einen Server möglich. Der Prozess des Öffnens und Abschließens des Fahrzeugs per App dauert auf diese Weise 1,6 Sekunden – bis zu sechs Mal schneller als bisher. Darüber hinaus findet eine effiziente kryptographische Verschlüsselung statt. Dieser Vorgang sorgt dafür, dass alle Aktivitäten unveränderbar in der Blockchain dokumentiert und via App einsehbar sind. So können Zugangsberechtigungen auch digital sicher verteilt und jederzeit vom Fahrzeugbesitzer nachverfolgt werden. Der Zugriff funktioniert auch aus der Ferne, also Remote.
Die Technologie ermöglicht es außerdem, zeitlich befristete Zutrittsberechtigungen zum Fahrzeug zu vergeben – auf sichere und effiziente Art und Weise. Mit der Blockchain kann eine geschützte Verbindung zu Fahrzeugdaten und -funktionalitäten hergestellt werden. Gleichzeitig sichert sie jegliche Kommunikation zwischen allen Teilnehmern ab. Drittanbieter können ohne zusätzliche Hardware und lediglich über sogenannte „Smart Contracts“ eingebunden werden. Smart Contracts sind automatisierte Verträge, die Transaktionen auslösen, wenn vorher definierte Voraussetzungen eintreten.
Das bedeutet, dass die Vertragseinhaltung technisch sichergestellt wird. „Mit dieser modernen Technologie unterstützen wir auch unsere Elektromobilitätsoffensive: angefangen bei der schnelleren, einfacheren und sichereren Authentifizierung an der Ladesäule bis hin zum Bezahlvorgang“, sagt Uwe Michael, Leiter Entwicklung Elektrik/Elektronik bei Porsche.
Der Sportwagenhersteller arbeitet zudem an neuen Geschäftsmodellen auf Basis der Blockchain: Über sogenanntes auditierbares Daten-Logging werden zu verarbeitende Daten lokal in einer verteilten Blockchain verschlüsselt. Die Kontrolle über die Daten liegt beim Nutzer, er entscheidet über deren Verwendung für bestimmte Situationen. Sämtliche Aktivitäten werden in der Blockchain dokumentiert, Löschvorgänge werden so transparent gemacht. Auf dieser Basis kann autonomes Fahren in Zukunft mit verbesserten Funktionen angeboten werden: Mit Hilfe lokaler Daten können regionale Lerneffekte erzielt und diese sicher mit anderen Fahrzeugen geteilt werden. Der Kunde kann Schwarmdaten nutzen, gleichzeitig sind sie aber geschützt.
Das Start-up XAIN hatte im Sommer des vergangenen Jahres den ersten „Porsche Innovation Contest“ zum Thema Blockchain gewonnen und sich gegen mehr als 100 weitere Bewerber durchgesetzt. Im Anschluss haben fachbereichsübergreifende Teams von Porsche gemeinsam mit XAIN innerhalb von drei Monaten Anwendungsfälle entwickelt und getestet, die Blockchain wurde mit einem energieeffizienten Mining-Verfahren von XAIN in den Porsche-Panamera gebracht.
Darüber hinaus arbeitet Porsche aktuell an weiteren Anwendungsfällen der Technologie, beispielsweise auch im Umfeld Laden und Parken.
XAIN bietet unterschiedliche Lösungen im Bereich Blockchain und künstlicher Intelligenz an, ein besonderer Fokus liegt auf intelligenten Industrieanwendungen. Besonders aktiv sind die Gründer Leif-Nissen Lundbæk und Felix Hahmann in der Automobilindustrie, wo die beiden ihre Karrieren begonnen haben.
XAIN hat in den vergangenen Jahren zusammen mit Forschern der University of Oxford sowie des Imperial College London ein Blockchain System entwickelt, welches den Energieverbrauch beim sogenannten Mining erheblich reduziert. So ist die Lösung von XAIN auch für mobile Geräte und Fahrzeuge anwendbar.