Opel-Entwicklungszentrum Rüsselsheim

Sollte PSA den technologischen Kern von Opel zerschlagen wollen, dann sieht das der Gesamtbetriebsrat des Unternehmens als "unglaubliche und beispiellose Provokation". (Bild: Opel)

PSA und Opel hätten in den vergangenen Monaten mehrere Entwicklungsdienstleister sondiert, damit diese Übernahmeangebote vorlegen, berichtete die französische Zeitung Le Monde. Ein PSA-Sprecher wollte "Spekulationen" am Dienstagabend nicht kommentieren. Opel war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Le Monde berief sich unter anderem auf ein auf Mitte Mai datiertes Dokument. Die Zeitung verwies zudem auf eine nicht namentlich genannte Quelle aus dem Umfeld der PSA-Führungsgremien - demnach sei tatsächlich ein Verkauf eines Teils der Opel-Entwicklung in der Pipeline, das ein Viertel der Mitarbeiter betreffe.

Laut der Zeitung soll Opel im April in einer Präsentation für die Interessenten erklärt haben, eine dauerhafte Lösung für die Mitarbeiter anzustreben - über eine "Partnerschaft" oder ein "Miteigentümerschaft-Konzept". Im Opel-Entwicklungszentrum in Rüsselsheim arbeiten mehr als 7000 Ingenieure.

Opel-Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug sagte Le Monde, er habe bislang nichts von solchen Gesprächen gewusst. Wenn dies sich bewahrheite, wäre dies eine "unglaubliche und beispiellose Provokation" gegen die Arbeitnehmervertreter, zitierte ihn das Blatt.

Opel war im vergangenen August von PSA übernommen worden, zu dem bereits die Marken Peugeot, Citroën und DS gehörten. Ende Mai haben sich Unternehmen und Arbeitnehmer auf eine umfassende Beschäftigungssicherung bis einschließlich Juli 2023 geeinigt. Gegen Lohnzugeständnisse der verbleibenden Beschäftigten sicherte Opel zu, den Stamm in den deutschen Standorten von bislang rund 19.000 Menschen nur um 3700 zu vermindern, auf freiwilliger Basis über die verschiedenen Abfindungs- und Vorruhestandsprogramme.

Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR Center Automotve Research an der Universität Duisburg-Essen geht den PSA-Plan hart an: Die bei der Übernahme von Opel gegebenen Beteuerungen, Opel bleibe ein eigenständiger Autobauer, der für deutsches Engineering steht, seien wenig ehrlich und ernst gewesen zu sein. Opel drohe sich zu einer Verkaufsabteilung mit angeschlossener Produktion zu entwickeln. 

"Der PSA-Chef Carlos Tavares hat sich mit Opel den Absatz von 1,2 Millionen Neuwagen von GM 'gekauft'", schreibt Dudenhöffer in einer Mitteilung. "Im Beipack war der Sanierungsbedarf der Werke und der Entwicklung. Der Beipack scheint Stück für Stück geschrumpft zu werden. Der Verkauf großer Teile des Entwicklungszentrums ist daher für Chef Tavares nur ein folgerichtiger Sanierungsschritt."

In seinem Sanierungsplan vom November 2017 hatte Opel-Chef Lohscheller angekündigt, die Opel-Gewinnschwelle bei Opel auf 800.000 Fahrzeuge zu drücken. Mit den bisherigen Maßnahmen des Abbaus von 4.000 Mitarbeitern in Deutschland und dem Verkauf großer Teile des Entwicklungszentrums mit seinen Mitarbeiter werde Lohscheller diesem Ziel sicher schneller nahe kommen.

Die Franzosen hätten von Anfang mit verdeckten Karten taktiert und der Betriebsrat samt IG-Metall scheint „blind“ gewesen zu sein, so Dudenhöffer.

Der Opel-Betriebsrat fordert unterdessen Klarheit über die Zukunft des Entwicklungszentrums in Rüsselsheim mit seinen rund 7000 Beschäftigten. Das Management solle auf einer kurzfristig einzuberufenden Betriebsversammlung am Donnerstag (4. Juli) Auskunft gegeben, teilte der Betriebsrat am Mittwoch in Rüsselsheim mit. 

"Ein (Aus-)Verkauf der Opel-Entwicklung würde Opel die Zukunft nehmen", kritisierte der Betriebsrat. Sollte die Information der französischen Presse der Wahrheit entsprechen, würde dies bedeuten, dass PSA und das Opel-Management sich seit längerem in Verkaufsgesprächen befänden und wissentlich der IG Metall und der Einigungsstelle die Unwahrheit gesagt hätten.

Ein Opel-Sprecher erklärte, der Autobauer lote für das Entwicklungszentrum mögliche Partnerschaften aus. Das Sanierungsprogramm "PACE" könne zusätzlich zu internen organisatorischen Maßnahmen "auch strategische Partnerschaften umfassen". Bisher seien keine Entscheidungen getroffen.

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dpa