Seat-Messebild
Seat-Produktionschef Tostmann: "Wir gucken, wo wir einen schnellen Zugang zu den Märkten haben, um schneller etwas aufbauen zu können." (Bild: Seat)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Warum gibt es diese Übergangsphasen?
Wir produzieren in Martorell den Ibiza in der älteren Form sowie auch schon in der neuen Form. Das ist ein Weg zur effizienteren Einrüstung unserer neuen Produkte. Wir lassen nicht das eine Modell komplett auslaufen, bevor wir das andere starten, sondern haben immer eine Parallelphase. Das hilft uns auch bezüglich der Beschäftigung und bezüglich der Kostenstrukturen. 

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wann läuft dann der erste Arona in Algerien vom Band - im ersten Quartal 2018?
Diese Entscheidung haben wir noch nicht final getroffen, aber ich gehe mal davon aus, dass es im Zeitfenster des Jahreswechsels, als zum Q1 im nächsten Jahr sehr wahrscheinlich ist.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was ändern Sie dann in Algerien an der Produktion? Machen Sie dann dort mehr Handarbeitsanteile oder weniger Motorvarianten?
Wir werden natürlich die Modellpalette auf Algerien anpassen, werden das Auto dann aber in der finalen Montage dort lokal haben.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Verraten Sie mir die geplanten Volumina?
Für Zahlen zu Algerien sind Sie ein bisschen zu früh. Wir wollen unsere Pläne zu Algerien erst später im Jahr intensiver kommunizieren - und auch den Partner nennen, den wir dort haben.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Dieser Schritt zählt zu Luca de Meo’s Plan, die Marke zu globalisieren. Er spricht auch von einer Produktion in Zentral-Südafrika…
Wir sind schon stark im Mediterranean Belt und haben ein Auge auf Central South Africa geworfen, das stimmt. Wir suchen derzeit nach Möglichkeiten, aus Europa heraus zu expandieren. Wir sind in der Phase, wo wir gerade alle Möglichkeiten evaluieren und schauen, was machbar ist. Der Gedanke liegt nahe, wenn man aus dem Mediterranean Belt nach Süden schaut und in Algerien schon aktiv ist, im nördlichen Afrika weiter zu machen. Auch in Südamerika gibt es schon alte Beziehungen. Wir haben weitere Dinge im Scan, sage ich mal. Aber konkrete Entscheidungen wurden dazu noch nicht getroffen. Dafür ist es zu früh. Aber klar ist, dass wir mit unserer Modellpalette gute Wachstumschancen auch außerhalb der traditionellen europäischen Märkte sehen, und die wollen wir natürlich auch nutzen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Denken Sie bei Südamerika an Brasilien?
Nicht zwangsläufig. Es gibt da noch andere größere Märkte in Südamerika, die man sich anschauen kann: Argentinien, Ecuador, da gibt es einiges an Möglichkeiten …

AUTOMOBIL PRODUKTION: Das könnte heißen, Sie gehen da als Seat hin und ziehen quasi über die A0-Plattform die anderen Marken mit?
Es ist wirklich zu früh, um zu sagen, wie ein konkreter Markterschließungsplan aussieht. Wir sind an der Stelle, dass wir aufgrund unserer Produkte überhaupt erst die Möglichkeiten haben, in verschiedensten Märkten zusätzlich aktiv zu werden.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wenn man googelt nach der MQB-A0-Plattform kommt ein VW Virtus - eine Art Budget Car - für solche Märkte wie Südamerika. Vielleicht gehen Sie ja bei VW „mit ins Gepäck“?
Also wir denken schon in den Seat DNAs. Und die Idee ist, dass wir mit der Marke Seat und der Seat DNA aus den Kernwerken Europas heraus agieren.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Vor drei oder vier Jahren wollte Seat auch nach China gehen. Ist das bei Ihrem „scannen“ auch wieder ein Expansionsthema?
Also momentan ist das eher ein Thema, was weiter weg ist.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Einfach aufgrund der anderen Projekte oder weil es ein schwieriger Markt ist?
Ich sage mal, viele Märkte sind schwierig. Da würde ich jetzt China in der Größe nicht als besonders schwierig sehen. Die Dinge, die wir vorhaben in anderen Märkten, werden auch nicht einfach sein. Aber wir schauen, wo man vielleicht einen schnelleren Zugang hat zu den Märkten und schneller etwas aufbauen kann. Was natürlich nicht die Dimension eines chinesischen Marktes hat, aber auch okay ist, wenn wir es Stück für Stück erschließen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie sieht es für Seat in Mexiko aus?
Oh, in Mexiko sind wir ja schon sehr aktiv. Das ist es ja, was uns motiviert, darüber nachzudenken, weitere Märkte zu erschließen. Wir haben im letzten Jahr in Mexiko etwa 24.000 Fahrzeuge verkauft. Das ist für uns schon eine attraktive Dimension - in einem Markt außerhalb Europas.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Alles Import-Fahrzeuge?
Ja, alles importiert. Bei diesen Volumina kommen wir bald an den Punkt, zu überlegen, ob man das nicht noch wirtschaftlicher gestalten kann.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ist die kleine A0-Plattform als Import-Fahrzeug finanziell attraktiv darstellbar?
Natürlich ist es nicht so attraktiv wie eine lokale Produktion. Aber sie benötigen zuerst das Volumen mit 20.000 oder 25.000 Stück, um sich über die Weiterentwicklung des Geschäfts Gedanken zu machen. Ich sage nur, Mexiko ist für uns kein kleines Thema, sondern mittlerweile sehr bedeutend.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Um den Kreis wieder zu schließen: Wäre es dann in Mexiko nicht umso wichtiger, so eine Produktion von A0-Fahrzeugen im Markenverbund zu machen? Gerade wenn diese Plattform so viele Möglichkeiten mitbringt …
Ich sage einmal, der Markenverbund ist der große Vorteil, den wir ja heute auch schon rund um die Welt in dem Konzernproduktionsnetzwerk nutzen. Das ist immer oben auf unserer Liste, auch zu schauen, wo können wir Synergien finden.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Seat hat insgesamt 408.000 Fahrzeuge im letzten Jahr produziert …
Nein, wir haben 408.000 Modelle abgesetzt. Sie müssen immer bei Produktionen von Seat bedenken, dass wir nicht alle Seats hier produzieren, aber wiederum auch für andere Marken produzieren. Das heißt, die gesamte Produktion im Seat-Verbund in 2016 waren 550.000 Fahrzeuge, wobei 450.000 Fahrzeuge aus dem Standort Martorell kamen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welche anderen Modelle sind unter den 450.000 aus Martorell?
Dort sind 130.00 Audi Q3 dabei.

 

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie viele Seat-Modelle könnten Sie aus Martorell heraus stemmen?
Aufgrund unseres Tarifvertrages in Martorell, der uns die Flexibilität gibt über 300 Arbeitstage oder Fabriköffnungstage zu arbeiten bleibt noch einiges an Möglichkeiten, wenn wir alle organisatorischen Maßnahmen auskosten.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sind Sie nicht bald an einer Grenze, wo Sie sich noch nach einem neuen Standort für Seat umsehen müssten?
Wir können die Potenziale, die Martorell inklusive der Arbeitsorganisation bietet, nutzen. Wenn es dann nicht mehr reicht, dann freuen wir uns, dieses Problem lösen zu dürfen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Bevor Sie eine neue Fabrik eröffnen wäre die Wahrscheinlichkeit höher, dass Sie nach Pamplona ausweichen oder woanders den Platz in diesen Produktionsverbund nutzen. Richtig?
Wir werden uns natürlich zuerst den Produktionsverbund anschauen und diesen nutzen, weil das ist auch ein Stück weit innerhalb des Netzwerkes ganz normal.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Deshalb fertigen Sie den angekündigten Large SUV auch in Wolfsburg, denke ich. Aber warum wählten Sie dafür die teuerste VW-Fabrik im gesamten Netzwerk?
Die Kostensituation in Martorell ist sicherlich günstiger als die im Herzen von Norddeutschland. Auf der anderen Seite gibt es aber Synergien mit anderen Produkten in Wolfsburg. Das spricht für den gesamtwirtschaftlich Vorteil, den wir darin sehen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Das Ziel innerhalb der MQB-A0-Konzernplattform ist, 75 bis 85 Prozent an Gleichteilen zu erzielen. Traditionell kommt der VW-Konzern nach Expertenmeinung bisher auf 30 bis 40 Prozent. Machen Sie diesbezüglich Fortschritte?
Die Idee des Baukastens ist ja genau das, dass die Synergien zwischen den verschiedenen Fahrzeugen maximiert werden und die Synergien kann man maximieren. Die Synergien finden wir von der Entwicklung bis in die Produktion und auch bis zu den Zulieferern hin, wenn wir in Modulen und in Baukastenstruktur denken. Wir verfolgen also das richtige Ziel.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Können Sie mir einen Zeithorizont für das „Scannen“ verraten?
Ende des zweiten Halbjahres werden wir wahrscheinlich die ersten Entscheidungen treffen können. Zu unserer Areal Strategy sprechen Sie genau mit dem Richtigen - das Thema liegt bei mir.

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