Jakob Jung ist promovierter Mechatroniker und Geschäftsführer bei dem Unternehmen additive drives.

Jakob Jung ist promovierter Mechatroniker und Geschäftsführer von Additive Drives. (Bild: Additive Drives)

Ihr Unternehmen will mit additiv gefertigten Kupferwicklungen die Leistung und den Wirkungsgrad von E-Motoren erhöhen. Wieso eignet sich vor allem der 3D-Druck für dieses Vorhaben und was ist der technische Hintergrund?

Der 3D-Druck unterliegt weit weniger Restriktionen als konventionelle Herstellverfahren. Daher können elektromagnetisch wirksame Teile in ihrer Gestalt optimal angepasst werden. Im Falle der Wicklung, welche den Strom führt, sind Leitergeometrie, Position, Verschaltung und sogar Gefügestruktur freie Parameter. Bei Elektromotoren sehen wir drei Hebel: erstens eine Verringerung der Verluste durch größere Leiterquerschnitte, zweitens eine Verbesserung der Wärmeabfuhr, drittens die Einsparung von Bauraum durch kompaktere Wicklungen. In Summe erlaubt der 3D-Druck einen großen Sprung in Richtung des physikalisch Möglichen.

Was unterscheidet Hairpin-Wicklungen von konventionell gewickelten Motoren und warum setzen Sie auf diese Lösung?

Hairpin-Wicklungen besitzen nur wenige Leiter pro Nut. Der einzelne Leiter ist kein flexibler Draht, wie bei konventionell gewickelten Motoren, sondern ein Massivkupferstab. Man erkennt Hairpin-Wicklungen anhand ihrer geflochten wirkenden Struktur an den Stirnseiten des Motors. Die Wicklungsvariante hat sich auf breiter Front bei E-Traktionsmotoren durchgesetzt. Wir setzen auf die Hairpin-Wicklung, da sie hervorragend zur additiven Fertigung passt. Grund dafür sind erstens die großen Leiterquerschnitte, die sehr präzise darstellbar sind. Zweitens befinden sich zwischen den Leitern klar definierte Abstände. Das vereinfacht den Fertigungsprozess sowie die anschließende elektrische Isolierung. Drittens - einer unserer USPs - gibt es in jedem Hairpin-Wickelschema spezielle Verbinder, zum Beispiel die Sternpunktverbindung. Hier können wir sehr elegante Lösungen liefern, die klassisch nicht herstellbar sind. Der Kunde profitiert von einer Verkürzung des Motorbauraumes beziehungsweise wird erst in die Lage versetzt, komplexe Wickelschemen umzusetzen.

Um die Mobilitätswende zu realisieren, müssen Elektromotoren der Kleinserie entwachsen. Wie können die Hersteller den 3D-Druck diesbezüglich sinnvoll einsetzen?

Zunächst ist der 3D-Druck das ideale Werkzeug, um schneller und kostengünstiger optimale Designs zu identifizieren. Ein moderner E-Traktionsmotor wird durch ca. 1000 Anforderungen definiert. Selbst teure Simulationstools schaffen es nicht, wesentliche Effekte abzubilden, zum Beispiel den Einfluss der Wechselrichter-Taktung auf die Motorverluste. Hier schaffen wir Abhilfe. Mit 3D-Drucktechnik können eine Vielzahl von Designstudien parallel realisiert und getestet werden. Neben dem immensen Knowhow Gewinn, den das Entwicklerteam dadurch erhält, steigt letztlich die Produktqualität. Wir leisten damit einen entscheidenden Beitrag für eine schnellere Markteinführung. Der Sprung in größere Serien ist für den 3D-Druck immer noch eine Herausforderung. Hierzu optimieren und qualifizieren wir Verfahren, um auch mittlere Serien wirtschaftlich anbieten zu können. Mittelfristig kann so die Serienproduktion erschlossen werden.

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