Zwei Sion-Soalrautos des Startups Sono Motors fahren bei Tests auf der Straße.

Der Sion sollte als preiswertes Solarauto an den Start gehen, nun ist er Geschichte. (Bild: Sono Motors)

Das Solarauto Sion ist gescheitert. Nachdem bei Investoren vergeblich um 100 Millionen Euro für den Bau einer Vorserie geworben wurde, zieht Sono Motors den Stecker. „Trotz der mehr als 45.000 Reservierungen und Vorbestellungen für den Sion waren wir gezwungen, auf die anhaltende Instabilität der Finanzmärkte zu reagieren und unser Geschäft zu verschlanken. Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen“, verkündet Laurin Hahn, Mitbegründer und CEO von Sono Motors. Das Sion-Programm stehe zum Verkauf, nachdem es 2023 rund 90 Prozent des Finanzierungsbedarfs verursacht hatte. Fortan werde ein weniger kapitalintensives Geschäftsmodell verfolgt.

Eigentlich sollte die Produktion des Fahrzeugs in der zweiten Jahreshälfte im finnischen Valmet-Werk Uusikaupunki beginnen. Stattdessen werden rund 300 Mitarbeiter des Münchener Startups ihren Job verlieren. Auch Thomas Hausch, aktuell Chief Operating Officer (COO), wird im Zuge der Umstrukturierung von seiner Rolle zurücktreten. „Ich bin persönlich überzeugt, dass wir früher oder später viele SEVs auf der Straße sehen werden, auch ohne den Sion“, betont Hausch im Hinblick auf die Erfolge des Serien-Validierungsprogramms.

Sono Motors beantragt Schutzschirmverfahren

Ursprünglich hatte Sono Motors für Reservierungen, die vor der letzten Rettungskampagne angezahlt wurden, einen Rückzahlungsplan. Über die nächsten zwei Jahre sollten mehrere Raten zuzüglich Bonus transferiert werden. Mitte Mai stelle das Unternehmen beim Amtsgericht München einen Antrag auf Anordnung eines Schutzschirmverfahrens. Damit dürften sich die Chancen der Investoren, ihr Geld wiederzusehen, deutlich reduziert haben. Mehr als ein bestimmter Prozentsatz aus der Konkursmasse dürfte nicht übrig bleiben.

Sono Motors konzentriert sich auf Solartechnologie

Seine patentierten Technologien will Sono allerdings weiter für Nachrüstungen und Integrationen bei Drittanbieterfahrzeugen nutzen. Bereits heute werden die Solarlösungen – bestehend aus Hardware, Leistungselektronik und Software – von 25 Partnern in Europa, Asien und den USA eingesetzt. Jüngst verkündete das Unternehmen den Vertragsabschluss für die Lieferung von Solar Body Panels für ein Fahrzeug von einem "der zehn größten Pkw-Hersteller der Welt". Im Dezember 2022 hatte das Unternehmen die erste Bestellung eines Pkw-Herstellers bekanntgegeben.

„Die Umstrukturierung ist ein entscheidender Schritt in der Entwicklung von Sono Motors“, erklärt Laurin Hahn. Die Einstellung des „ursprünglichen Herzensprojekts“ ermögliche den Fokus auf B2B-Solarlösungen, unter anderem für Busse und Autos anderer OEMs. Ein Meilenstein der Skalierung soll die nächste Generation des Solar Bus Kit darstellen, die im zweiten Quartal als massentaugliche Nachrüstlösung für den ÖPNV eingeführt wird.

EU-Milliarden entscheidend für Strategiewechsel bei Sono Motors

Das Aus des Sion war schlussendlich absehbar und überraschend zugleich: Bereits im Jahr 2019 konnte einzig eine Crowdfunding-Kampagne und eine Serie-C-Finanzierungsrunde das Unternehmen vor dem finanziellen Absturz bewahren. Die jüngste Kampagne im Dezember 2022 verdeutlichte die Probleme, sorgte aber auch für einen Hoffnungsschimmer. Immerhin hatte Sono zuvor klangvolle Partner wie Continental und Bosch an Bord geholt, um Fahrerassistenzsysteme und Service-Konzepte zu sichern. Den finalen Indikator für das wohl profitablere Geschäftsmodell lieferte allerdings die Europäischen Exekutivagentur für Klima, Infrastruktur und Umwelt (CINEA), die insgesamt 1,46 Millionen Euro in die Solartechnologie von Sono investierte.

Die Geschichte des Sion von Sono Motors

Das Stichwort beim Sion lautete Zweckmäßigkeit. "Der Sion ist ein Auto, das dich von A nach B bringt", sagte CEO Jona Christians noch 2021. Das Münchener Startup wollte einiges anders machen als die etablierte Konkurrenz. Der Prototyp war 4,47 Meter lang, der Elektromotor von Continental/Vitesco leistete 120 kW / 163 PS und erlaubte eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h sowie ein unspektakuläres Fahrverhalten.

Die Besonderheit des Sion bestand in den an der Außenseite angebrachten Photovoltaik-Elementen, die wöchentlich ein Reichweitenplus von durchschnittlich 112 Kilometern bescheren sollten. Die 54 kWh starke Batterie an Bord reichte laut dem Hersteller für rund 305 Kilometer Reichweite. Gleichzeitig sollte bidirektionales Laden etwa Privathaushalte oder Elektrogeräte mit einer Leistung von bis zu 11 kW versorgen können.

Der urpsrüngliche Preis von 25.500 Euro konnte nicht gehalten werden. Zuletzt hätte der Sion 29.900 Euro gekostet. „Indem wir unsere Preisgestaltung an das aktuelle wirtschaftliche Umfeld anpassen, können wir gestiegene Kosten abbilden", sagte Thomas Hausch noch im April 2022. Nun ist er endgültig Geschichte.

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