E-Fahrzeuge stehen vor dem Stellantis-Werk in Ellesmere Port.

Das britische Werk in Ellesmere Port wird künftig nur noch reine E-Fahrzeuge produzieren. (Bild: Stellantis)

Während der Brexit-Verhandlungen bangten die Mitarbeiter am britischen Stellantis-Standort Ellesmere Port lange Zeit um ihre Jobs. Obwohl Konzernchef Carlos Tavares die Absicht bekundete, in das Werk nahe Liverpool zu investieren, wenn ein geeignetes Geschäftsmodell existiere, schürten mangelnde Marktnachfrage, abnehmende Produktionszahlen, die Einführung der Vier-Tage-Woche sowie mögliche Zollschranken die Angst vor Stellenstreichungen.

Bis Ende nächsten Jahres wird die Produktionsstätte nun pünktlich zum 60-jährigen Bestehen das erste Stellantis-Werk, das ausschließlich rein batterieelektrische Modelle fertigt – für das Inland und den Exportmarkt. Der Konzern investiert dafür umgerechnet knapp 117 Millionen Euro. Zudem berät der Autobauer über weitere Investitionen zur Schaffung eines neuen britischen Teilevertriebszentrums.

Tavares dankt Regierung für Unterstützung

Bereits beschlossen sind hingegen die Investitionen in einen neuen Karosseriebau, eine modernisierte Fertig-/Endmontage, eine Flächenverdichtung des Standorts sowie die Schaffung einer Batteriepackmontage. Darüber hinaus soll es weitere Unterstützung geben, um das Werk bis Mitte des Jahrzehnts CO2-neutral zu betreiben. Die Anlage soll dazu vollständig stromautark werden. Die Arbeiten an potenziellen Wind- und Solarparks werden laut dem OEM in Kürze beginnen.

„Besonders möchte ich unseren hochqualifizierten, engagierten Mitarbeitern für ihre Geduld und ihren Beitrag danken; wir haben sie nie im Stich gelassen. Ebenso möchte ich unseren Partnern, der Gewerkschaft Unite, für ihre offene Einstellung und starke Zusammenarbeit und natürlich der britischen Regierung für ihre anhaltende Unterstützung danken“, unterstreicht Tavares das Engagement.

Tradition von Ellesmere Port wird fortgeführt

Ab nächstem Jahr wird Ellesmere Port demnach die vollelektrischen leichten Nutzfahrzeuge Vauxhall Combo-e, Opel Combo-e, Peugeot e-Partner und Citroën ë-Berlingo sowie die E-Pkw Vauxhall Combo-e Life, Opel Combo-e Life, Peugeot e-Rifter und Citroën ë-Berlingo fertigen. Sie alle werden von einem 100-kW-Motor (136 PS) mit einer 50-kWh-Lithium-Ionen-Batterie angetrieben und können mit bis zu 100 kW aufgeladen werden. Unter WLTP-Bedingungen erreichen sie nach Herstellerangaben eine Reichweite von bis zu 280 Kilometern.

Seit dem Bau der Fabrik 1962 produzierte Vauxhall in Ellesmere Port verschiedene Generationen des Viva, den Chevette sowie jede Generation von Vauxhall und Opel Astra. Insgesamt rollten mehr als 5,2 Millionen Fahrzeuge vom Band. „Die stolze Tradition von Ellesmere Port in der Automobilherstellung wird dank der heutigen Investitionen viele weitere Jahre fortgeführt“, betont Kwasi Kwarteng, Staatssekretär für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie des Vereinigten Königreichs. Die Entscheidung von Stellantis, das Engagement fortzusetzen und sogar zu verstärken, sei ein klarer Vertrauensbeweis in den Produktionsstandort Großbritannien.

Stellantis ist nach der Fusion noch nicht geeint

Mit der Investition vollzieht der Konzern einerseits einen Schritt, den etwa JPMorgan-Analyst Jose Asumendi oder Jefferies-Experte Philippe Houchois im April prognostizierten – eine Strategiepräsentation zu batterieelektrischen Antrieben. In diesem Sinne könne Stellantis laut Houchois womöglich die Rendite von VW erreichen oder sogar übertreffen, auch weil das Unternehmen spürbar weniger Geld für Investitionen ausgebe. Zum Vergleich: Die Wolfsburger ließen sich die E-Transformation des Vorreiterwerks in Zwickau an die 1,2 Milliarden Euro kosten.

Andererseits setzt sich mit dem Umbau von Ellesmere Port auch ein Trend fort: Während der renditestarke PSA-Teil des Konzerns bereits den Bau je einer Batteriefabrik in Deutschland und Frankreich verkündet sowie die elektrifizierte EMP2-Plattform im Werk Rüsselsheim implementiert hat, hinkt der FCA-Teil bei Investitionen in die Elektromobilität weiter hinterher. Lediglich Gerüchte über eine Batteriefabrik in Italien machten jüngst die Runde. So bleibt Stellantis vorerst ein Konzern mit zwei Gesichtern.

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