
Wenn überhaupt, dann empfiehlt das Umweltbundesamt ein neues Prämiensystem, das nur Neufahrzeuge der strengen Euro-6d-Norm bezuschusst. (Bild: Pixabay)
Eine Umtauschprämie würde im optimistischen Fall lediglich eine Minderung der Stickoxid-Belastung um weniger als 1 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft bringen, heißt es in einem internen Papier des Umweltbundesamts, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Das sei verschwindend gering im Vergleich zur Gesamtbelastung, die etwa in München 2017 im Jahresmittel bei 78 Mikrogramm lag. Zuvor hatte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung darüber berichtet.
Falls ein neues Prämiensystem eingeführt werde, sollte es nicht aus Steuergeldern bezuschusst werden und zudem nur für Neufahrzeuge der strengen Euro-6d-Norm gelten, empfehlen die Experten des Umweltbundesamts. Kauf-, Umtausch oder Umweltprämien für Pkw bergen aus ihrer Sicht immer das Risiko, dass sie auch unbeabsichtigte negative ökologische Folgewirkungen haben. Prämien müssten an verpflichtende Messungen im praktischen Betrieb gekoppelt sein.
Es sei zu befürchten, dass durch eine Prämie kurzzeitig noch viele Fahrzeuge der weniger strengen Euro-6c-Norm in den Markt gebracht würden, bevor am 1. September kommenden Jahres die strengere Euro-6d-Norm in Kraft tritt. Die Prämie sei wenig zielgerichtet, weil sie deutschlandweit genutzt werden könne und nicht nur in besonders belasteten Kommunen. Schließlich könne sie auch erhöhte Emissionen des Klimagases CO2 zur Folge haben, wenn Kunden auf größere Fahrzeuge umstiegen oder sich statt eines Diesels einen Benziner kauften.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Sonntagnachmittag (23. September) mit den Chefs deutscher Autokonzerne Maßnahmen zur Vermeidung von Diesel-Fahrverboten ausgelotet. Millionen Diesel-Besitzer sollen nun bald Klarheit über neue Maßnahmen gegen Fahrverbote wegen zu schmutziger Luft in deutschen Städten bekommen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte nach einem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Chefs der deutschen Hersteller am Sonntag in Berlin: "Wir wollen sehr zeitnah Entscheidungen treffen." Oberste Priorität habe dabei die Flottenerneuerung - also Anreize, damit mehr Besitzer alte Diesel abgeben und sich ein saubereres Auto kaufen. Für Lieferdienste und Handwerker soll es ein Förderangebot für Umbauten an Motoren geben. Die SPD beharrt auf solchen Hardware-Nachrüstungen auch für Pkw.
Scheuer sprach nach dem Treffen mit der Autobranche vom "gemeinsamen Willen", eine Lösung für den Diesel und die Mobilität in Innenstädten zu erarbeiten. Auch über Hardware-Nachrüstungen sei geredet worden. Nun werde es weitere Gespräche in der Bundesregierung und mit den deutschen Herstellern geben. Bis Ende der Woche ist dann "eine Konkretisierung der Maßnahmen und Pläne über die Gesamtthematik" vorgesehen. Am 1. Oktober soll sich der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD unter anderen mit diesem Thema befassen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen erfuhr.
Die SPD dringt dafür weiter auf Hardware-Nachrüstungen für Pkw. "Ich hoffe, es haben jetzt alle Beteiligten bei der Union und in den Chefetagen der Automobilhersteller verstanden, dass die technische Nachrüstung von Euro 5 und Euro 6 Dieselfahrzeugen kommen muss", sagte Fraktionsvize Sören Bartol der dpa. Sonst drohten Fahrverbote, das Vertrauen in den Diesel sinke weiter, Arbeitsplätze seien in Gefahr. Wer nur auf den Verkauf von Neuwagen und die technische Nachrüstung von Fahrzeugen von Handwerkern und Lieferdiensten setze, springe zu kurz. "Wir dürfen die vielen Pendler nicht vergessen."
In den monatelangen Koalitionsstreit war nach dem jüngsten Urteil zu Fahrverboten in Frankfurt am Main im nächsten Jahr Bewegung gekommen. Merkel, die lange gegen Umbauten an Motoren argumentiert hatte, öffnete sich angesichts dessen dafür. In Hessen ist am 28. Oktober Landtagswahl. Die Autobauer lehnen Hardware-Nachrüstungen als zu aufwendig ab und warnen vor technischen Nachteilen. Auch Scheuer hat weiterhin Bedenken. Er dringt vor allem auf verlockendere Umstiegs-Angebote für Besitzer alter Diesel, da bisherige Kaufprämien "offenbar nicht attraktiv genug" seien. Nach dem Dieselgipfel 2017 hatten die deutschen Hersteller Prämien gestartet. Sie wurden von mehr als 200.000 Kunden in Anspruch genommen, wie es im Juli hieß.
Die Grünen warfen der Regierung nach dem Spitzentreffen mangelndes Durchgreifen gegenüber der Autobranche vor. "Dass zum x-ten Mal ein Dieselgipfel ohne substanzielle Ergebnisse zu Ende geht, ist der finale Offenbarungseid der Bundesregierung vor den Interessen der Autobosse", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer der dpa. Merkel und Scheuer wollten den deutschen und ausländischen Konzernen nicht die Daumenschrauben anlegen. Dabei könnten sie Bußgelder für Pkw mit illegaler Abgasreinigung verhängen. "Diese Drohung dürfte ganz schnell zu einer Kooperation der Hersteller führen, weil dies noch teurer als eine Hardware-Nachrüstung werden würde."
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