Peter Himsel
(Bild: VDA/Peter Himsel)

AUTOMOBIL PRODUKTION: VW-Konzernchef Matthias Müller kündigte an, bei der nächsten VDA-Sitzung das Thema  „Code of Conduct“ auf den Tagesordnungspunkt eins zu setzen. Dieser stammt noch aus dem Jahre 2001. Werden Sie ihn nun überarbeiten?
Ganz sicher werden unsere Mitglieder den ungewöhnlichen Zulieferer-Fall in VDA-Gremien diskutieren. Die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern bildet heute mehr denn je eine zentrale Aufgabe des Verbandes. Der VDA hat vor 15 Jahren mit seinen Mitgliedsunternehmen „Grundsätze zur Partnerschaft zwischen den Automobilherstellern und ihren Zulieferern“ formuliert. Die damals formulierten Grundsätze müssen aber immer wieder neu mit Leben erfüllt werden, das ist nichts für die Schublade. Ich sehe mich nicht als der Gewerkschafter der Zulieferer, sondern als ihr Anwalt – für das gemeinsame Ziel besserer Zusammenarbeit.
Denn wenn es knirscht zwischen Herstellern und Zulieferern, in einem sind sie sich einig: Beide sitzen im selben Boot. Es gilt, die Wertschöpfungskette zu optimieren. Gemeinsame VDA-Projekte in Logistik, Qualität, Standardisierung und Normung sind Ergebnisse dieser erfolgreichen Zusammenarbeit. Deshalb entwickeln wir immer wieder neue Initiativen für diesen Dialog.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Passen denn Hersteller und Zulieferer unter ein Dach?
Unsere Nachbarländer diskutieren, wie sie unsere – keineswegs immer harmonische – Zusammenarbeit in einem Verband adaptieren könnten. Das Spannungsverhältnis zwischen Herstellern und Zulieferern lässt sich eben nicht durch getrennte Organisation der unterschiedlichen Interessen auflösen. Das sehen wir an Organisationen in und außerhalb Deutschlands, die ihrer Mitgliedschaft keinen Zugang zu den OEM zur Verfügung stellen können. Deshalb sind auch die deutschen Töchter internationaler Zulieferer – von Michelin bis Delphi, von Faurecia, Brembo, Valeo bis Federal Mogul – mehr denn je im VDA aktiv. Wir erreichen mehr unter einem Dach, in einem VDA.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie können Zulieferer ihre Anliegen beim OEM vorbringen? Wer traut sich? Wäre eine Schiedsstelle sinnvoll, wie sie das Automobilcluster Thüringen fordert?
Der Wettbewerb ist hart, die Realität bunt, für viele Verhaltensweisen in dieser weltweit wohl effizientesten Lieferkette finden sich Beispiele. Wir tragen Lob und Tadel von Zulieferern –  meist gebündelt – zu den Einkaufschefs der OEM, und umgekehrt deren Erwartungen an die Lieferanten. Das findet regelmäßig statt, natürlich unter strenger Beachtung der kartellrechtlichen Compliance. Beide Seiten schätzen das. Keine Seite unserer Mitglieder erwartet, dass ein Verband individuelle Vereinbarungen im Geschäftsverkehr regelt. Deswegen hatte eine Branchen-Schiedsstelle hier bisher nie eine Chance am Markt. In der deutschen Wirtschaft sind Schiedsgerichte gang und gäbe, setzen aber voraus, dass sich die betroffenen Unternehmen – nicht nur eine Seite - im Einzelfall darauf verständigen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wer geht als Gewinner aus den Gesprächen mit den Einkaufschefs hervor?
Nochmal: Ohne Zulieferer geht gar nichts. Das wissen sowohl Hersteller als auch Zulieferer. Wer mit seinen Forderungen überzieht, zieht am Ende doch den Kürzeren, das zeigt die Erfahrung. Und vergessen wir nicht: In den letzten Jahren hat sich die Wertschöpfung zugunsten der Zulieferer entwickelt, die heute mehr zum Auto beitragen als früher. Sie konnten ihre Beschäftigung sogar in Deutschland seit dem Jahr 2010 um gut 25.000 Mitarbeiter erhöhen. Insgesamt sind bei Zulieferern heute über 300.000 Mitarbeiter beschäftigt, die gesamte Branche hat jetzt über 800.000 Stammbeschäftigte in Deutschland. Erfolg gibt es nur gemeinsam. Ich will aber nichts schönreden: Auch unsere jüngste Studie mit Prof. Bratzel appelliert: Dieser Erfolg wird künftig noch stärker von  einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern abhängen.

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