Die Wirtschaftsforscher seien pessimistisch. Wegen der Krise im Automobilbereich und den Folgen der Corona-Pandemie schrumpfe die Zulieferindustrie stärker als bisher prognostiziert und erhole sich nur schleppend, heißt es im Verband der Deutschen Drehteile-Industrie (FMI). „Wir müssen jetzt schnell auf die neuen Herausforderungen reagieren und gezielt handeln“, sagt der Vorsitzende des Verbands, Hermann Rumpel. Sowohl Unternehmen als auch die Politik seien hier gefragt. "Wir müssen nicht nur die Elektromobilität neu bewerten, sondern vor allem weg von der ‚Geiz ist Geil‘-Mentalität und die Produktion wieder verstärkt zurück nach Deutschland und Europa holen.“
Mehr Vor- als Nachteile durch Reshoring
Ein solches Reshoring bringe deutlich mehr Vor- als Nachteile, und die europäische Wirtschaft profitiere mit, ist Rumpel überzeugt und zählt die positiven Aspekte auf: „Arbeitsplätze in Europa bleiben erhalten, wir verhindern den Abfluss von Know-how, Lieferketten werden beherrschbarer, Produktionsstillstände unwahrscheinlicher, Lagerkosten sinken, und die kürzeren Wege schonen Klima und Umwelt." Auch eine enge Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Kunden werde so einfacher und günstiger. Zudem sollten Unternehmen zusammenarbeiten, die Ausbildung intensivieren sowie die Digitalisierung in der Lieferkette vorantreiben.
Die Zulieferindustrie könne sich nicht aus eigener Kraft aus dem historischen Konjunkturtief befreien, sagt Rumpel. Deshalb sieht der Drehteileverband die Politik in der Pflicht und fordert eine strategische Begleitung der Industrie. „Neben einem Konjunkturprogramm für die Post-Corona-Zeit brauchen wir eine neue Industriepolitik und massive Investitionen in die Infrastruktur“, sagt der Vorsitzende. Dazu gehören dem Verband zufolge der Ausbau von Verkehrswegen und Kommunikationsnetzen, eine Anpassung und Angleichung der Steuerpolitik im europäischen Umfeld sowie der Abbau und die Vereinfachung von bürokratischen Hürden wie beispielsweise der A1-Bescheinigung oder der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).