VW-Chef Herbert Diess

VW-Chef Herbert Diess ist auch Chef des Audi-Aufsichtsrats. Darin verlangt er von den verantwortlichen Managern eine Unterschrift, dass die von ihnen verantworteten Softwarebestandteile keine illegalen Funktionen enthalten. (Bild: Volkswagen)

Chef Herbert Diess kann die Festnahme des inzwischen beurlaubten Audi-Chefs Rupert Stadler nur schwer nachvollziehen. "Das war für mich in der Tat ein Riesenschock", sagte Diess der Bild am Sonntag. "Der Vorstandschef einer großen Automarke in U-Haft: Das gab es noch nie." Er habe "Rupert Stadler als Problemlöser erlebt", sagte Diess. "Als Audi-Chef, der vieles aufgeklärt hat. Für mich ist die Festnahme daher auch nur schwer nachvollziehbar."

Auf die Frage, ob er sich eine Rückkehr von Stadler an die Spitze der VW-Tochter vorstellen könne, sagte Diess: "Es kommt auf die Fakten an. Sollten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zutreffen, ist die Entscheidung klar."

Stadler war vor zwei Wochen wegen Verdunkelungsgefahr in der Dieselaffäre festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft München wirft ihm Betrug vor, weil er nach Aufdeckung der Abgasbetrügereien bei Dieselautos 2015 in den USA weiter manipulierte Autos in Europa verkaufen lassen haben soll. Außerdem soll er Angaben der Ermittler zufolge die Beeinflussung von Zeugen oder Mitbeschuldigten geplant haben. Wie lange Stadler in U-Haft bleiben muss, ist offen.

Zum kommissarischen Nachfolger wurde Audi-Vertriebsvorstand Bram Schot ernannt. Eine Führungsschwäche bei Audi sieht Diess derzeit nicht. "Bei uns ist das Geschäft so: Wenn der Vorstandsvorsitzende einige Zeit weg ist und das restliche Team ist da, dann merken Sie da noch nicht viel", sagte der VW-Chef. "Dauert es zu lange, dann wird das natürlich zu einem Problem. Aber ich bin überzeugt, dass wir da wieder rauskommen."

Diess ist auch Chef des Audi-Aufsichtsrats. "Ich habe zu Dieselgate jetzt einen Sonderausschuss im Aufsichtsrat eingerichtet, habe von den verantwortlichen Managern verlangt: Sie sollen eine Unterschrift leisten, dass die von ihnen verantworteten Softwarebestandteile keine illegalen Funktionen enthalten."

VW hatte im September 2015 eingeräumt, bei Millionen Dieselautos Abgastests manipuliert zu haben. Der Konzern musste weltweit Millionen Autos mit Manipulations-Software zurückrufen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen fast 50 mutmaßlich Beteiligte. Anklagen gibt es bisher nicht.

Gegen Diess laufen - wie auch gegen Ex-VW-Vorstandschef Martin Winterkorn und Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch - Untersuchungen wegen möglicher Marktmanipulation. Sie sollen Anleger zu spät über die drohenden Konsequenzen des Diesel-Skandals informiert haben. Diess sagte dazu der Bild am Sonntag: "Ich bin mit diesem Thema im Reinen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass ich mir nichts vorzuwerfen habe." Der vormalige BMW-Manager Diess kam zum 1. Juli 2015 zu VW.

Die deutsche Autoindustrie muss sich nach Einschätzung von Diess schneller den technologischen Herausforderungen anpassen. VW habe "den größten Nachholbedarf, auch weil bei uns vieles verkrustet ist", sagte Diess. "Jeder muss sich verändern, damit wir in 20 Jahren vom Auto noch leben können."

Sein Ziel sei, VW zu einem Tech-Unternehmen zu machen. "Wir werden selbst Software entwickeln. Wir werden den direkten Kundenkontakt haben", sagte Diess. "Und dann werden wir auch so viel wert sein wie Apple, Google oder Amazon."

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dpa