Thomas Sedran, Leiter VW-Konzernstrategie
(Bild: Volkswagen)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Können Sie die Konzernstrategie in fünf Sätzen sagen?
Unsere in ‚TOGETHER – Strategie 2025‘ definiertes Ziel ist es, mit unseren aktuell 12 Marken einer der führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität zu werden. Wir transformieren das heutige Kerngeschäft, bauen neue Mobilitätsdienste als weitere Säule auf, stärken unsere Innovationskraft insbesondere im Bereich der Digitalisierung, und arbeiten intensiv an der Sicherung unserer Finanzierung für den Wandel. Indem wir parallel auf diesen vier Handlungsfeldern unterwegs sind, schaffen wir die Voraussetzungen, um auch in der Mobilitätswelt von morgen nachhaltig erfolgreich zu sein. Dazu haben wir insgesamt 16 Konzerninitiativen aufgesetzt, die diese Transformation vorantreiben werden. Das sind größtenteils mehrjährige Initiativen und allesamt markenübergreifend. Innerhalb unserer Konzernstrategie hat jede Marke ihre eigene Strategie definiert, wo sie in zehn Jahren stehen will. Aus Konzernsicht geben wir die Leitplanken vor, beispielsweise welche Kapitalrendite wir von jeder Marke erwarten oder welche Liquiditätsziele erreicht werden müssen. Wenn wir über das Pkw-Geschäft sprechen, geht es unter anderem auch darum, welche Kundensegmente sollen die einzelnen Marken verfolgen und mit welchen Produkten. Die Steuerung dieser verschiedenen strategischen Fragestellungen geschieht natürlich immer in enger Abstimmung mit dem Konzernvorstand, den einzelnen Marken des Konzerns sowie den jeweiligen Funktionalbereichen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welche Potenziale sehen Sie noch, die dem Konzern geldwerte Vorteile bringen?
Durch das starke Wachstum der letzten Jahre ist der Volkswagen Konzern immer komplexer geworden und die Entscheidungsprozesse komplizierter und langwieriger. Matthias Müller fordert hier immer wieder ein, Komplexität herauszunehmen, sich um die Dinge zu kümmern, die wirklich wichtig sind und Synergien zu heben. Alle unsere Marken arbeiten deshalb bereits mit Hochdruck daran, die verschiedenen Initiativen umzusetzen und zu implementieren. Wenn wir unsere finanzielle Performance mit relevanten Wettbewerbern im Volumengeschäft oder auch im Premiumgeschäft vergleichen, dann sehen wir schon erhebliche Potenziale, unser Kapital in der Entwicklung aber auch in den Sachinvestitionen besser einzusetzen. Wenn man sich auch noch anschaut, wie hoch unsere Fixkosten sind, sehe ich ebenfalls wesentliche Potenziale, effizienter zu werden. Im Rahmen unseres Zukunftsprogramms streben wir deshalb bis 2025 für den Volkswagen Konzern eine Steigerung der Operativen Rendite auf zwischen 7 bis 8 Prozent an.  

AUTOMOBIL PRODUKTION: Hat die Einführung der Baureihen-Organisation noch nicht den gewünschten Effekt gebracht, dass Entscheidungen schneller, zügiger und unternehmerischer kommen?
Die Einführung der Baureihenorganisation in den Marken beginnt kontinuierlich zu wirken. Man muss aber auch bedenken, dass dies eine gewaltige kulturelle Veränderung ist. Vorher war es die Entwicklung, die entschieden hat, was in das Auto reinkommt und jetzt ist es ein Baureihenchef, der Produktion, Entwicklung, Vertrieb und Einkauf unter einen Hut bringen muss.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Schaffen Sie bis 2025 auch die optimale Organisation im Volkswagen Konzern?
Wenn Sie mich so fragen, die optimale Organisation gibt es nicht. Jede Organisationsform hat ihre Stärken und Schwächen. In der Regel ist es ein Pendel, das so ein bisschen schwingt. Im Moment ist es notwendig, dass wir dezentraler werden und den Marken mehr Verantwortung für ihr operatives Geschäft übertragen. Wobei man da auch sehr unterscheiden muss, über welche Marke man spricht man. Eine Sport- und Luxusmarke wie Porsche kann man stark aus Zuffenhausen heraus führen, weil die Kundenbedürfnisse der Porsche-Kunden weltweit relativ homogen sind. Bei den Volumenmarken wie Volkswagen oder Skoda mit ihren um ein Vielfaches heterogeneren Kundenschichten, muss man schon sehr viel stärker regional denken. Wenn Sie beispielsweise Südamerika nehmen: Hier müssen Sie andere Designs nehmen, als wenn Sie ein Auto derselben Größe in Russland oder in Westeuropa verkaufen wollen. Da haben wir noch einen großen Schritt vor uns, den die Marken aber auch selbst stark vorantreiben. Der Vertriebsleiter der Marke Volkswagen für Nord- und Südamerika und sein fast 100-köpfiges Team sitzen deshalb auch nicht mehr in Wolfsburg, sondern in der Region.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie sind sozusagen als Leiter der Konzernstrategie der „Mr. VW-Transformator“?
So würde ich mich ungern bezeichnen. Ich sehe meine Hauptaufgabe darin, die Transformation des Konzerns in den strategischen Dimensionen zu steuern und zu orchestrieren. Die evolutorischen Dinge in den Marken und Märkten treiben die Kollegen in der Praxis viel besser und alleine voran. Aber da, wo wir das Gefühl haben, einspringen zu müssen, versuchen wir den Kollegen zu helfen, die richtigen Entscheidungen zu fällen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Haben Sie dafür auch ein Team - wer unterstützt Sie dabei?
Mein Team umfasst heute rund 60 Leute für alle Aufgabenbereiche. Damit sind wir um einiges schlanker aufgestellt, als dies bei einigen Mitbewerbern der Fall ist. Diese schlanke Struktur beschleunigt nicht nur den Entscheidungsprozess, sondern stärkt auch die Vernetzung zu den Marken und Funktionalbereichen, da wir diese aus Kapazitätsgründen frühzeitig in die Umsetzung einbinden müssen.

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