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Die Summe von 4,3 Milliarden Dollar, die VW zu zahlen hat, besteht zum einen aus einer Strafzahlung in Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar. (Bild: Volkswagen)

Teil der Vereinbarung ist neben der Strafzahlung von 4,3 Milliarden US-Dollar ein Schuldeingeständnis des DAX-Konzerns, etwa einer halbe Million Dieselautos in den USA manipuliert und die Justiz bei ihren Ermittlungen behindert zu haben. Das geht aus den Gerichtsunterlagen und einer Mitteilung von Volkswagen hervor.

"Volkswagen bedauert die Handlungen, die zur Dieselkrise geführt haben, zutiefst und aufrichtig", sagte Vorstandschef Matthias Müller laut Mitteilung. Die Vereinbarungen mit der US-Regierung seien "ein wichtiger Schritt nach vorne für unser Unternehmen und alle Mitarbeiter."

Im Zuge der Einigung, die noch richterlich bestätigt werden muss, stimmte Europas größter Autokonzern zu, in den laufenden Untersuchungen gegen Volkswagen-Mitarbeiter und -Manager "voll und ganz" mit den Behörden zu kooperieren. In den USA wird derzeit unter Hochdruck ermittelt, ob Manager die Manipulationen gedeckt oder womöglich sogar angeordnet haben könnten. Die US-Bundespolizei FBI hat am Wochenende einen Manager des Konzerns verhaftet, dem sie eine Beteiligung an den Betrügereien vorwirft.

Volkswagen gesteht ein, dass Mitarbeiter und Manager des Unternehmens gemeinsam die Regulierungsbehörden und Kunden im Zeitraum von 2006 bis 2015 getäuscht haben, und dass einige versuchten, relevante Dokumente zu vernichten, nachdem die Behörden Auskunft zu dem Thema verlangt hatten.

Manager vertuschten Entwicklung der Schummel-Software

Wie weiter aus den Dokumenten hervorgeht, erkannten mehrere Manager in der Motorenentwicklung der Volkswagen-Marke frühzeitig, dass das Unternehmen nicht in der Lage sein würde, einen Dieselmotor zu entwickeln, der die regulatorischen Anforderungen den USA erfüllen und für eine entsprechende Nachfrage sorgen würde. Deshalb gaben sie bereits 2006 die Entwicklung einer Software in Auftrag, mit der die US-Abgasvorschriften umgangen werden konnten.

Einige dieser Manager ermutigten demnach ihre Mitarbeiter, diese Entwicklungen geheim zu halten. 2014 und 2015 ließen sie dann die Behörden über die Gründe für die Diskrepanz zwischen den auf der Straße und jenen auf dem Prüfstand durchgeführten Emissionstests im Dunkeln.

Der Vorwurf der Behinderung der Justiz geht auf den Versuch eines Volkswagen-Managers vom August 2015 zurück, bei der Vorbereitung einer Präsentation für Behördenvertreter ein Verzeichnis auf einem Computer zu löschen. Der Manager hat laut den Dokumenten Mails mit dem Begriff "Akustikfunktion", welcher intern für die Emissionssoftware stand, beseitigt, und Untergebene zum Löschen von Dokumenten angewiesen.

Aufsichtsperson soll Einhaltung der Vereinbarung überwachen

Laut den Anklägern basiert die Höhe der Strafe auf der Annahme, dass das Fehlverhalten von Volkswagen Schäden in Höhe von 8,5 Milliarden Dollar verursacht hat. Zugute gehalten wurden dem Konzern dagegen die zivilrechtlichen Vereinbarungen zur Entschädigung der Kunden und der Wiedergutmachtung in Umweltfragen sowie die Kooperation mit der Untersuchung. So habe Volkswagen beträchtliche Mengen Beweismaterial gesammelt und hunderte Zeugen befragt.

Die Summe von 4,3 Milliarden Dollar, die VW zu zahlen hat, besteht zum einen aus einer Strafzahlung in Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar. Im Rahmen dieses Teils der Vereinbarung erklärt sich Volkswagen bereit, die Compliance- und Kontrollsysteme zu stärken. Das Unternehmen wird eine unabhängige Aufsichtsperson für die kommenden drei Jahre bestellen, die die Umsetzung der Vereinbarung überwachen wird.

Zum anderen leistet VW eine kombinierte Strafzahlung in Höhe von 1,45 Milliarden US-Dollar, um Umweltschutzklagen des Bundes sowie Zoll-bezogene zivilrechtliche Ansprüche in den USA beizulegen. Hinzu kommt eine Zivilstrafe über 50 Millionen Dollar an die zivilrechtliche Abteilung des US-Justizministeriums, um potenziellen Ansprüche aus den Finanzgesetzen des sogeannten Financial Institutions Reform, Recovery and Enforcement Act (FIRREA) zu begegnen. Bei letzterem weist Volkswagen die Haftung sowie entsprechende Ansprüche laut Mitteilung "ausdrücklich zurück". Man habe einem Vergleich jedoch zugestimmt, "um die Unsicherheit und den Aufwand einer langwierigen rechtlichen Auseinandersetzung zu vermeiden."

Mehrere Zivilklagen bereits beigelegt

Volkswagen hat bereits Zivilklagen mit Verbrauchern, Regulierern, dem Generalstaatsanwalt und Händlern beigelegt und muss dafür wohl rund 17 Milliarden US-Dollar zahlen. Bislang hat VW für die Kosten des Abgasskandals Rückstellungen von 18,2 Milliarden Euro gebildet.

Der Konzern hatte in den vergangenen Wochen intensiv mit dem US-Justizministerium verhandelt, um die Einigung noch unter der Verwaltung des scheidenden Präsidenten Barack Obama zu erreichen. Obama übergibt sein Amt am 20. Januar an seinen Nachfolger Donald Trump. Wäre die Einigung bis dahin nicht erfolgt, hätte VW zunächst abwarten müssen, bis sich neue hochrangige Ermittler in den Fall eingearbeitet hätten.

Klagen auch in Europa

VW hatte im Herbst 2015 zugegeben, bei insgesamt elf Millionen Dieselfahrzeugen weltweit die Abgaswerte manipuliert zu haben. Kurze Zeit danach trat der damalige Chef Martin Winterkorn zurück und Matthias Müller, bis dato Porsche-Chef, wurde zum CEO des Autokonzerns ernannt.

Während VW in den USA Milliarden für Entschädigungen und Rückrufe zahlt, werden die Mängel in Europa durch Rückrufaktionen behoben. VW verweigert bisher Käufern in Europa die Zahlung von Schadensersatz oder den Rückkauf der von den Manipulationen betroffenen Modelle. Beim Landgericht Braunschweig sind viele Schadensersatzklagen von VW-Kunden anhängig.

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