Als am 9. September 2016 an einer Tankstelle im niedersächsischen Duderstadt der Tank eines mit komprimierten Erdgas (CNG) betriebenen VW Tourans platzte, rückte ein ganzes Antriebskonzept wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Nur nicht so, wie es sich die Gas-Fans erhofft hatten. Sofort drehten große Tankstellenbetreiber und Mineralölfirmen, wie Aral, Esso, Total und Jet, den Hahn der CNG-Zapfsäulen zu.
Fahrer ignorierte Rückruf
So wie es aussieht, war ein Gastank während der Betankung, bei der das komprimierte Gas unter großem Druck in die Behälter gepresst wird, geborsten. Volkswagen verkauft dieses Modell nicht mehr und hatte auch einen Rückruf gestartet, den aber der Fahrer des Familien-Vans ignoriert hatte. Das Sprachrohr des Erdgas-Befürworter, der Verein „Zukunft Erdgas“ beeilt sich auf der Homepage festzustellen: „ Der Erdgas-Tank eines VW Touran ecofuel ist beim Tankvorgang an einer Tankstelle in Duderstadt geborsten. Hierbei wurde der Fahrer des Fahrzeugs verletzt. Es kam zu keiner Explosion des Gas- oder Benzintanks“, so der Lobby-Verband.
Auch wenn die Ursachenkette aufgeschlüsselt scheint, zeigt doch die fast schon panische Schließung der CNG-Tankstellen, ein Kardinalsproblem des Treibstoffs. Viele Autofahrer trauen dem vermeintlich hochexplosiven Gas, das sich unter ihren Füßen am Unterboden des Vehikels in Tanks befindet, die einer heftigen Belastung standhalten müssen, nicht.
Außerdem müssen die Verbrennungsmotoren mit Hilfe aufwendiger Einspritz- und Verdampfungsanlagen erst fit für den alternativen Treibstoff gemacht werden. Dazu kommt noch das Gewicht der Gastanks. Viele dieser Kinderkrankheiten sind mittlerweile ausgeräumt und das Fahren mit Gas, gleicht immer mehr dem, konventionell betriebener Fahrzeuge. Mittlerweile sind auch Vollgasfahrten über längere Strecken und Spitzengeschwindigkeiten über 200 km/h möglich. Dazu kommen noch der hohe Energiegehalt und der niedrige Preis.
Laut „Zukunft Erdgas“ entspricht der Energiegehalt von einem Kilogramm ERDGAS etwa 1,5 Litern Benzin und rund 1,3 Litern Diesel. An der Tankstelle kostete ein Kilogramm im Juli 2016 Erdgas rund 1,05 Euro. Wenn man das auf einem Liter Super umrechnet, wären das 0,68 Euro. Allerdings liegt diesem Preisvorteil die Förderung des Kraftstoffs zugrunde, die 2018 ausläuft.
Autobauer geben den Erdgas-Antrieb noch nicht auf
Trotzdem sind die Zulassungszahlen für CNG-Fahrzeuge in Deutschland ernüchternd: Im Oktober 2016 waren es 305 Erdgas-Vehikel, über das ganze Jahr 2016 (einschließlich Oktober) 2.713, das entspricht einem Minus von 41 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. In den gleichen zehn Monaten legten die Hybrid-Fahrzeuge um 41,5 Prozent zu (38.115 Neuzulassungen). Auch mussten schon die ersten CNG-Tankstellen schließen.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht in den niedrigen Spritpreisen einen Kardinalsgrund für die Erdgas-Malaise: „Daher ist die Hauptursache für das gesunkene Interesse für alternative Antriebe in den niedrigen Spritpreisen zu sehen. So lange Benzin und Diesel so günstig sind, haben es Alternative schwer – auch E-Autos. Abhilfe würde eine Umstellung der Besteuerung von Kraftstoffen nach Energiegehalt und CO2 bringen, wie vor einigen Jahren von der EU vorgesehen, aber derzeit nicht durchsetzbar“, sagt Michael Müller-Görnert, Referent für Verkehrspolitik beim Verkehrsclub Deutschland. Der AVD springt dem VCD zu Seite: „Nach Ansicht des AvD sind Erdgasautos auch in den nächsten Jahren eine leistungsstarke, dabei verbrauchs- und schadstoffarme Alternative.“
Immerhin befasst sich die Bundesregierung mit dem Gedanken, die Erdgas-Förderung zu verlängern. Audi gibt das CNG-Projekt noch nicht auf. „Wir werden unser Angebot an Erdgasmodellen ausbauen. In Summe sehen wir die Mobilität mit diesem alternativen Kraftstoff, vor allem wenn er aus regenerativer Quelle kommt, weiterhin als Lösung mit großem Kundennutzen an.“, heißt es aus Ingolstadt.
Geplant ist auch ein Audi A4 Avant mit Erdgas-Antrieb. Mercedes-Benz sieht den Nutzen der Erdgas-Vehikel ähnlich: „Erdgas ist technologisch attraktiv. Die Fahrzeuge sind ideal für Langstrecken und gerade auch große Fahrzeuge geeignet, bei denen hohe Effizienz und große Reichweiten eine besondere Rolle spielen.“
E-Mobile kommen
Trotz aller Lobhudeleien, die aufgrund der vorhanden CNG-Modelle vonnöten ist. Ist bei Autobauern die Trendwende hin zum E-Mobil indes schon längst eingeläutet. Die Entwicklungs-Etats fließen in die Entwicklung von reinen Elektroautos. Ford verkauft zwar in Italien CNG-Autos (aufgrund der geringen Nachfrage nicht in Deutschland), aber nicht in Deutschland. Für die Amerikaner gehört die Zukunft eindeutig den E-Mobilen, das bedeute zwar nicht das Aus für die Erdgas-Flotte, aber deren Bedeutung wird weiter zurückgehen und was das im Zeitalter der knapper werdenden finanziellen Ressourcen bedeutet, kann man sich leicht ausmalen.
Die nächste Welle der BEVs steht schon von der Tür und wird die unmittelbare Reichweitenangst ad absurdum führen: Nominell 500 Kilometer stromern wird der Standard werden. Mit den anstehenden Weiterentwicklungen bei den Akkus, eher mehr. Die geplanten Stückzahlen sind dementsprechend: Porsche will von seinem E-Renner Mission E rund 20.000 Exemplare pro Jahr verkaufen.
Bei massentauglicheren, weil billigeren Modellen, dürfte diese Zahl noch deutlich höher anzusiedeln sein. „Der Elektroantrieb ist aus derzeitiger Sicht „der“ zukünftige Antrieb bei Pkw“, meint VCD-Mann Michael Müller-Görnert. Wenn alles, wie geplant läuft, wird die Brennstoffzelle bei Langstrecken-Fahrzeugen zum Einsatz kommen. Was in Zukunft eine Nische für das Erdgas sein könnte, ist die Umrüstung von Benzinmotoren. Das rentiert sich aber nur bei einem dichten Tankstellen-Netz und der weiteren Förderung durch die Bundesregierung.