
Viele Zuliefererunternehmen müssen sich auch in ihren Personalstrategien auf neue Trends wie Digitalisierung und Elektromobilität einstellen. (Bild: Continental)
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) richtet sich auf Probleme bei kleineren Autozulieferern ein und will den Strukturbruch in der Branche mit vernetzter Weiterbildung abfedern. "Es werden sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verloren gehen, damit müssen wir rechnen", sagte BA-Chef Detlef Scheele zum Wandel in Richtung E-Mobilität und Digitalisierung. Unter anderem Continental setzt im Rahmen der Transformation in Richtung eines Sensorik- und Software-Unternehmens bereits auf mehr Qualifikation der mittleren Ebenen. Facharbeiter hätten gute Chancen, einige seien zu Tesla gegangen. Außerdem will Conti An- und Ungelernte schulen und etwa Pflegekräfte ausbilden.
Nicht alle Firmen seien im gleichen Ausmaß von drohenden Jobverlusten betroffen, erklärte Scheele in einer Diskussionsrunde mit der Personalvorständin von Continental, Ariane Reinhart: "Ein Risiko hierfür gibt es zum Beispiel bei kleineren, oft hoch spezialisierten Zuliefererbetrieben." Über die arbeitsmarktpolitischen Folgen des Übergangs zu alternativen Antrieben und Vernetzungstechnologien im Fahrzeug dürfe man sich keine Illusionen machen: "Selbst wenn der Transformationsprozess dort bestmöglich organisiert wird, wird es künftig einige der bisherigen Arbeitsplätze nicht mehr geben."
Insgesamt wird der deutschen Autoindustrie nach Scheeles Einschätzung die Transformation "aller Voraussicht nach relativ gut gelingen". Geklärt werden müsse jedoch auch die Frage: "Wie gehen wir mit denjenigen Menschen um, die nicht im Betrieb bleiben können? Ein Elektroauto braucht eben weniger Personal und Arbeitsschritte." Vermittlung in neue Aufgaben sei bei intensiver Weiterbildung sowie Abstimmung mit Unternehmen, Kammern und Verwaltungen möglich. "Da muss man schauen: Wie ist die Lage in den Regionen mit einer großen Zulieferdichte? Wer ist derjenige, der weiß, wo Neues entsteht?"
Autobranche sucht händeringend Software-Experten
Besonders für den Ausbau der Software-Kompetenz sucht die Autobranche händeringend Personal. Dabei spielen oft von außen angeworbene Experten eine große Rolle. Reinhart betonte, die eigenen Ressourcen seien hier ebenfalls wichtig - und nicht nur bei Hochschulabsolventen oder schon fertig ausgebildeten Ingenieuren. "Es ist sicher eher unrealistisch, einen Ungelernten zum KI-Spezialisten zu machen", sagte sie zum hohen Bedarf qualifizierter Fachleute für Künstliche Intelligenz. "Sie müssen beim Thema Software und Digitalisierung aber auch die mittleren Qualifikationsebenen berücksichtigen."
Weiterbildung erlaubt Steuerung des Wandels
Gute Weiterbildung erhöhe intern wie extern die Jobaussichten. "Wir haben mehrere hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Maschinenbau in Richtung E-Technik weiterqualifiziert", erklärte Reinhart. "Hier gibt es auch Kontakt zu Tesla in Brandenburg, eine Handvoll von Facharbeitern ist dorthin gewechselt."
Die Umbrüche seien nicht einfach, sie ließen sich aber über aktive Weiterbildung mitsteuern. Das biete Chancen auch für Beschäftigte außerhalb akademischer Laufbahnen: "Wir haben seit 2015 zum Beispiel den Ausbildungsberuf des Softwareentwicklers Automotive als Facharbeiter." Es gehe darum, im Betrieb "Ketten zu bilden: Wenn man einen Job intern besetzen könnte - wer ist dann am dichtesten dran?"
Mit der Transformation bei dem Dax-Konzern sind auch Stellenkürzungen an mehreren Standorten verbunden. "Der Prozess in Aachen ist durchaus schmerzhaft und sehr bedauerlich", meinte Reinhart zum dortigen Werk. Es komme dann darauf an, neue Möglichkeiten für die Betroffenen in der jeweiligen Region zu suchen. "Auch hier war es wichtig, dass wir mit am Runden Tisch sitzen, den die Stadt Aachen gebildet hat."
Im Fokus steht nicht nur der Stellenabbau
Statt nur Stellen abzubauen, gehe es um Kompetenzaufbau: "Wenn Sie heute moderne Transfergesellschaften einrichten, müssen das immer auch Qualifizierungsgesellschaften sein." In seinem Weiterbildungsinstitut will Conti auch Pflegekräfte ausbilden. "Man muss realistisch sagen, dass das Reservoir in Industriebetrieben wohl nicht riesig sein dürfte", schränkte Reinhart ein. Scheele erwartet: "Den Menschen 'vom Band ans Bett' zu bekommen, mag im Einzelfall durchaus funktionieren. Aber das wird voraussichtlich nicht der Regelfall sein."
Die BA will eine neue Qualifikationsdatenbank auch zur Begleitung des Auto-Umbruchs nutzen. "Es wäre ein bundesweiter Überblick über Weiterbildungsangebote von Unternehmen, Kammern und weiteren privaten Trägern", erklärte Scheele. "Vielleicht ließe sich das dann auch mit unserer Jobbörse und unserem Online-Berufsorientierungstool für Menschen im Erwerbsleben 'New Plan' vernetzen." Im Herbst werde dies voraussichtlich entschieden.
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