Dass die Neuausrichtung eines Modellportfolios nicht immer lückenlos vonstatten geht, lässt sich gut an Mini ablesen. Fünf Jahre lang, zwischen 2018 und 2023, hatte BMWs britische Tochter kein komplett neues Modell auf die Straße gebracht. Manch anderer Automarke hätte diese Strategie erhebliche Probleme bereitet. Nicht jedoch Mini. Die Loyalität der Kunden ist stark, die Nachfrage nach den emotionalen Premium-Flitzern ungebrochen, selbst am Ende des jeweiligen Lebenszyklus.
Ein Grund für die Verzögerung mag unter anderem der Deal mit China und die daraus resultierende Produktionsumstellung gewesen sein. BMW baut in einem Joint Venture mit Great Wall Motor (GWM) den elektrischen Mini Cooper (J01) im chinesischen Werk Zhangjiagang. Er steht auf einer dezidierten Elektro-Architektur, die ein besseres Energie-Package und eine höhere Effizienz versprechen. Die Versionen mit Verbrennungsmotor (F66) und in leicht anderem Design laufen dagegen in Oxford vom Band. Doch dabei wird es nicht bleiben. Das englische Stammwerk soll künftig ebenfalls den J01 fertigen.
Mehr Zeit als üblich mag auch der neue Countryman in Anspruch genommen haben. Er teilt sich jetzt die UKL-Plattform mit dem BMW X1, beziehungsweise iX1 (E-Variante). Für die Produktion des Countryman ist erstmals das Werk in Leipzig zuständig. So verwandtschaftlich eng beide Modelle technisch auch sein mögen, Mini bietet die neue Generation des Countryman nicht mehr als Plug-in-Hybrid an. Die Nachfrage entsprach nicht den Erwartungen und mit dem vollelektrischen Countryman meint man, dem Kunden die bessere Alternative bieten zu können. Weiterhin gibt es den Countryman, von Kritikern aufgrund seiner Größe von 4,45 Metern gern „Maxi-Mini“ und „Mini-Maximum“ genannt, als Benziner und Diesel sowie mit Front- und Allradantrieb. Letzteres nur als John Cooper Works (JCW), der Performance-Variante.
Schon Anfang dieses Jahres hat Mini sich vom Clubman verabschiedet. Der kleine Lifestyle-Kombi gehörte 14 Jahre und zwei Generationen lang zum Portfolio der Briten. Nachfolger? Fehlanzeige. Der Entschluss zeigt unter anderem, dass Heritage-Kunden, also jene, für die die Historie der Marke beim Kauf eine nicht unwesentliche Rolle spielt, für Mini immer unbedeutender werden. Der jüngeren Generation preist man stattdessen den Aceman an, ein 4,08-Meter-Mix aus SUV und Kombi. Der Aceman soll als Crossover die Lücke zwischen Countryman und fünftürigem Cooper einnehmen. Vom Package her mag dies stimmen, antriebstechnisch jedoch nicht. Denn den Aceman gibt es ausschließlich elektrisch. Er teilt sich die Plattform mit dem Cooper J01 und wird wie dieser in China gebaut. Auch hier laufen Bestrebungen, die Fertigung zusätzlich in Oxford anzusiedeln.
Ob es bei der fast 40 Zentimeter großen Lücke (deutlich mehr als eine Fahrzeugklasse) im Portfolio bleibt oder ob die Strategieplanung vielleicht ein gänzlich neues Modell vorsieht, beantwortet Mini mit „vorerst kommt da nichts“. Erinnert sei hier jedoch an die 2021 auf der IAA präsentierte Van-Studie „Urbanaut“. Wie groß die Chance auf Realisierung steht, ist schwer einzuschätzen. Abwegig wäre es nicht. Wenn sich eine hippe Marke so etwas leisten kann, dann Mini.
Auf dem Pariser Autosalon zeigten die Briten die John-Cooper-Works-Derivate von Aceman und Cooper SE. Damit sorgt JCW erstmals auch bei elektrischen Modellen für einen Strom-Boost. Die Leistung soll bei 190 kW/258 PS liegen, derzeit war bei 160 kW/218 PS Schluss. Der Markstart ist für 2025 vorgesehen. Freuen dürfen sich ebenso die John-Cooper-Works-Fans der Verbrenner-Fraktion. Der Cooper wird als JCW sogar noch in diesem Jahr erhältlich sein.
Im amerikanischen Werk Spartanburg gibt BMW dieser Tage einen Ausblick, welche neuen Modelle in naher Zukunft zu erwarten sind. Darunter wird sich auch das Mini Cabrio befinden. Im Design wird die Softtop-Version der Optik des Cooper weitestgehend angepasst, lediglich die Rückleuchten sollen nicht die neue Dreiecksform aufweisen. Hier könnten spezielle Karosserieverstärkungen im Heckbereich die Ursache sein. Markteinführung: Ende dieses Jahres.
Offiziell bedeckt hält sich Mini noch, was die elektrische Variante des Cabrios angeht. Dass sie kommt, steht außer Zweifel. Debüt: vermutlich Sommer 2025. Bis dahin dürfte dann das Werk Oxford fit für die Cabrio-Fertigung sein. Der Umzug erfolgt aus Holland von VDL NedCar. Dort ließ Mini das bisherige Cabrio im Auftrag montieren.