Ein Montagearbeiter bringt die BMW-Niere an einer hellblauen Karosserie an.

Die Produktion in South Carolina gilt als Vorzeigewerk des Automobilherstellers. (Bild: BMW)

Robert Engelhorn ist einer der besten Produktioner, die BMW in seinen Reihen hat. Er hat nicht nur die BMW-Fertigung mit den chinesischen Kooperationspartnern auf ein neues Niveau gebracht, sondern zuletzt auch das Münchner Stammwerk auf das Elektromodell i4 umgestellt. Seit einigen Monaten arbeitet er nunmehr im Süden der USA. In Spartanburg, im US-Bundesstaat South Carolina, befindet sich nicht nur das größte Werk im Fertigungsverbund des bayerischen Autobauers, sondern das Kernwerk der so beliebten Crossover.

2021 liefen hier mehr als 433.000 Fahrzeuge der Modelle X3, X4, X5, X6 und X7 vom Band – ein neuer Rekord, der BMW zum wiederholten Mal zum größten Autoexporteur der Vereinigten Staaten machte. Doch auch im Vorzeigewerk in South Carolina gibt es etwas zu tun: Die Fertigung soll in den nächsten Jahren flexibler gemacht werden, da sich zum Ende des Jahres mit dem über 700 PS starken BMW XM nicht nur ein neues Topmodell hinzugesellt, sondern auch die Fertigung für elektrifizierte Fahrzeuge vorbereitet wird.

Welchen Fokus hat BMW in Spartanburg?

Werden neben den normalen Verbrennerversionen der X-Modelle bisher mit dem X3 PHEV und dem X5 PHEV nur zwei Plug-in-Hybride gebaut, so gilt es, die Fertigung fit für künftige Elektromodelle zu machen, denn die Modelle iX3 und iX werden bisher nur in China beziehungsweise in Dingolfing gefertigt. 70.000 der insgesamt mehr als 433.000 im vergangenen Jahr produzierten Fahrzeuge waren Plug-in- Hybride, was einem Zuwachs von fast 50 Prozent im Vergleich zu 2020 entspricht.

Und dabei soll es nicht bleiben: „Wichtig ist für uns die Flexibilität“, unterstreicht Werksleiter Engelhorn, der insbesondere deshalb aus München nach Spartanburg beordert wurde, um das Volumenwerk nach Vorbild der bayerischen Stammstätte in eine flexible Elektrofertigung umzuwandeln. „Um flexibel zu sein, müssen wir auf einer Linie Verbrenner, Plug-in-Hybride und Elektromodelle fertigen können.“

Dabei ist neben der Fertigung das rechte Handling der Zulieferer essenziell. Aktuell versorgen 625 Zulieferer das Werk in den Südstaaten der USA mit Teilen. Neben der anhaltenden Halbleiterkrise sorgt der Krieg zwischen Russland und der Ukraine für zunehmende Probleme, weil ein nennenswerter Teil der Kabelstränge aus ukrainischer Fertigung in die USA kommt. Und um die Halbleiterkrise im Zaum zu halten, landet auf dem Flugfeld Greenville Spartanburg fünf Minuten vom Werk entfernt jeden Tag mindestens eine Boeing 747 aus Deutschland, die Chips und andere wichtige Kleinteile anliefert.

Warum das BMW-Werk ein „Exportschlager“ ist

Dass sich die Produktion in South Carolina mittlerweile deutlich vor die anderen Werke in Europa und China geschoben hat, ist auf den zweiten Blick gar nicht einmal überraschend, werden hier doch die meisten SUVs gefertigt, die die Bayern im Programm haben. So kommen aus dem Werk insbesondere die großen und besonders ertragreichen Modelle BMW X3, X4, X5, X6 und das Luxusmodell X7. Doch das Werk in South Carolina ist nicht nur in der BMW-Familie eine große Nummer, sondern auch in der US-Automobilwirtschaft die Fertigungsstätte Nummer eins, wenn es um Exporte geht.

2021 führte BMW aus dem Werk Spartanburg insgesamt 257.876 Fahrzeuge mit einem Gesamtexportwert von mehr als 10,1 Milliarden US-Dollar aus. Die BMW Group belegt nach dem Warenwert in den Vereinigten Staaten damit zum achten Mal in Folge den Spitzenplatz in der Liste der Automobilexporte. Die in South Carolina gefertigten BMW-Modelle werden aktuell in rund 120 Länder exportiert, wobei die Ausfuhr in den meisten Fällen über den Hafen von Charleston in South Carolina läuft. Im vergangenen Jahr wurden von hier knapp 220.000 Fahrzeuge ausgebracht. Weitere Exporte laufen über weitere fünf Häfen im Südosten der USA sowie mit der Bahn Richtung Kanada. Die fünf wichtigsten Exportländer des BMW-Werks waren China (24,1 Prozent), gefolgt von Deutschland (12,3 Prozent), Südkorea (9,4 Prozent), Kanada und Großbritannien.

Elektroversionen werden immer wichtiger

Im abgelaufenen Jahr 2021 stellte das Werk Spartanburg mit 433.810 produzierten BMW-X-Fahrzeugen einen neuen Produktionsrekord auf. Davon wurden allein auf dem vermeintlichen Heimatmarkt USA fast 180.000 X-Fahrzeuge verkauft, was 53,4 Prozent des gesamten Markenabsatzes entspricht. Die beiden meistverkauften Modelle mit dem blau-weißen Rotor waren dort der X3 und der X5. Seit 1992 hat BMW fast zwölf Milliarden US-Dollar in das Werk in South Carolina investiert. Es ist mit Abstand längst das weltweit größte Werk der BMW Group und produziert täglich mehr als 1.500 Fahrzeuge. Das Werk verfügt über eine Produktionskapazität von bis zu 450.000 Fahrzeugen und beschäftigt fast 12.000 Mitarbeiter, die im Zweischichtbetrieb an sechs Tagen in der Woche jeweils zehn Stunden arbeiten.

Mehr und mehr stellt sich die Fertigung auf die Elektromodelle um. Aktuell werden in Spartanburg nicht nur die normalen X-Modelle, sondern auch zwei Plug-in-Hybriden, der X3 und der X5 als PHEV gefertigt. 2019 hat BMW seine Fertigungskapazitäten für Akkus verdoppelt und die Mitarbeiter zahl in diesem Bereich auf 120 erhöht. Die werkseigene Batteriefabrik produziert aktuell Batterien der vierten Generation für X3 und X5. „Wir haben rund zehn Millionen US-Dollar in eine neue Batteriemontagelinie investiert und die Fläche auf mehr als 8.000 Quadratmeter erweitert. Bei entsprechender Marktnachfrage könnten wir damit die Zahl der produzierten Batterien verdoppeln“, erläutert Michael Nikolaides, Leiter Motoren und elektrische Antriebe bei BMW. Mehr denn je soll es zukünftig um eine bessere Energiebilanz der Fertigung gehen. Die Zulieferkette soll bis 2030 pro Fahrzeug 22 Prozent weniger CO2 produzieren, was real 2,2 Tonnen CO2 entspricht. Innerhalb der Produktion gibt es im Vergleich zu 2019 bis 2025 40 Prozent und bis 2030 80 Prozent weniger CO2-Ausstoß.

Woher stammen die Batterien für das BMW-Werk Spartanburg?

Um das Herzstück des Elektroautos möglichst nahtlos in die Wertschöpfungskette zu integrieren, hat BMW im Juni 2023 mit Bauarbeiten an einem neuen Standort in Woodruff, etwa 25 Kilometer von Spartanburg entfernt, begonnen. Künftig soll im neuen Werk auf 100 Hektar die Batteriemontage mit etwa 300 Mitarbeitern angesiedelt werden. Rund 700 Millionen US-Dollar lässt sich BMW den Neubau kosten. Bei der Expansion des Produktionsnetzwerks verfolgt BMW die Strategie "local for local": „Eine enge Anbindung der Batteriefertigung an die Fahrzeugproduktion ist Teil unserer Strategie”, erklärt Markus Fallböhmer, Leiter Batterieproduktion bei der BMW AG. Die Batteriezellen, die am neuen Werk in Woodruff weiterverarbeitet werden, stammen künftig vom Zulieferer AESC, der selbst einen Standort im Nachbarstaat North Carolina aufbaut. Künftig sollen hier Produktionskapazitäten in Höhe von 30 GWh entstehen.

BMW baut auch die Logistik-Infrastruktur um

Aktuell erweitert das Werk für 100 Millionen US-Dollar seine Logistikstrukturen; der Umbau soll Mitte des Jahres abgeschlossen sein und dann stehen 90.000 Quadratmeter zur Verfügung. „Seit fast drei Jahrzehnten ist South Carolina sozusagen die zweite Heimat der BMW Group. Die Erweiterung unseres Logistikbetriebs unterstreicht unser anhaltendes Engagement in diesem Bundesstaat und sichert die Zukunftsfähigkeit des Werks Spartanburg“, erläutert Werksleiter Engelhorn.

Doch nicht nur im Werk selbst gibt es bauliche Veränderungen. Um die lokalen Auswirkungen des Lkw-Verkehrs zu reduzieren und eine einfache Zufahrt zum Werk zu ermöglichen, werden aktuell zwei Brücken gebaut, um das neue Logistikzentrum mit dem BMW Campus zu verbinden. Für 200 Millionen US-Dollar entsteht derzeit ein neuer Bereich für Pressen und Stanzen, der 2024 fertiggestellt wird und weitere 200 Arbeitsplätze bringt.

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