Neben der Digitalisierung der Industrie und dem Übergang zur Industrie 4.0 zählt Céline Choussy Bedouet, Chief Marketing and Communications Officer bei Lectra, Chinas wachsende Bedeutung als Wirtschaftsmarkt und den Einfluss der „Generation Millennial“ als neue Verbraucherzielgruppe zu den Top-Trends, auf die sich das Unternehmen derzeit ausrichtet. Der im Jahr 2016 erzielte Lectra-Jahresumsatz in Höhe von 260,2 Millionen Euro verteilt sich zu 44% auf den Automotive-Sektor und speist sich zu 29% aus CAD/CAM-Systemen und zu 27% aus Software. 25% entfallen auf Maschinen / Teile und 19% auf Services. Das, worin sich die Automobilhersteller gerade üben, nämlich die Transformation von Hard- zu Softwarecompanies, hat Lectra also längst vollzogen.
Nach eigenen Angaben verfügen die Franzosen bereits über 40 Jahre Erfahrung im Erfassen und dem Management von Sensordaten in Zuschnittlösungen und weltweit mehr als 3.000 Industrie 4.0-tauglichen Maschinen im Einsatz.
Die Anwender der im Werk Bordeaux-Cestas nach Lean-Prinzipien produzierten Zuschneidesysteme sind mit vielerlei Herausforderungen konfrontiert: Noch mehr Varianten, noch mehr Individualisierung, noch kürzere Lieferzeiten.
Dieser Dreiklang wird sich nach Einschätzung von Benny Daniel, Director of Consulting Automotive & Transportation bei Frost & Sullivan in der Tonalität weiter verschärfen.
Der Marktanalyst macht dafür unter anderem den Vormarsch individueller Mobilitätsmodelle verantwortlich, welche die Nutzungsfrequenz von Automobilen deutlich nach oben treiben wird. Das Szenario sieht so aus: Der Innenraum der elektrisch angetriebenen, mit dem Internet vernetzten und autonomen Fahrzeuge wird künftig Erlebnisraum, die verwendeten Materialien müssten flexible, modulare Strukturen zulassen, hygienisch sein, Komfort und Wohlfühlatmosphäre bieten können. Dies, aber auch das weitere Wachstum im SUV- und Premiumsegment, öffne dem Innenraumausstattungsmaterial Leder prinzipiell die Tore in die Zukunft.
Das Lectra-Management stärkt mit erkennbarem Nachdruck die Kompetenzen des Unternehmens als Anbieter differenzierter Systemlösungen und als „Kostensenkungspartner“ von Sitzherstellern, Innenraumausstattern und Belederern. Um den Anforderungen Rechnung zu tragen, die aus der Digitalisierung der Autoleder-Wertschöpfungskette entstehen, kündigte Céline Choussy Bedouet unlängst auf einer Anwenderkonferenz in Lectras Technologiezentrum in Bordeaux-Cestas die Integration von Equipment, Software und Services an und zudem ab 2017 die schrittweise Bereitstellung von „Software as a Service“ und spezifischer Cloud-Lösungen. 270 Ingenieure arbeiten in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Bordeaux.
Das Versprechen von Smart Manufacturing lautet: Die Kommunikation in Echtzeit zwischen vernetzten Maschinen, Prozessen und Produkten macht die Fertigungsprozesse flexibler und effizienter. Das freizusetzende Potenzial kann sich sehen lassen: Flankiert etwa von Virtual Prototyping und Simulationsverfahren könnten die digitalen Konzepte etwa 10% bessere Materialausnutzung (= 350.000 Dollar Kosteneinsparung p.a), 20% Produktivitätssteigerung und eine Verkürzung der time-to market bringen und deutlich schnellere Designwechsel ermöglichen.
Dem Setzen neuer Standards für mehr Leistung im Schneidraum dienen bereits Tools wie DesignConcept Auto. Seine Funktionen reichen von der Erstellung virtueller Modelle und Vorlagen über Machbarkeitsstudien bis hin zur Abwicklung von 3D Designs in zuschnittgerechte 2D Schnittvorlagen. „So verringert sich die Anzahl physischer Prototypen, die Fertigungs- und Durchlaufzeiten sinken und die Entscheidungsfindung wird erleichtert“, sagt Chris Nicolaes, Geschäftsführer der in Ismaning bei München ansässigen Lectra Deutschland GmbH.
Lectra stattet seine Zuschnittlösungen (wie etwa Versalis) mit einem Smart-Service-System aus. Dieses beinhaltet ein integriertes Diagnosesystem, Echtzeitüberwachung sämtlicher Prozesse, Remote-Software-Updates und präventive Wartungen für die Maschinen. Eine permanente Netzwerkanbindung zwischen den Anlagen und den Experten in Lectras fünf internationalen Call Centern ermöglicht es, häufig auftretende Probleme direkt per Fernwartung und ohne Zeitverzögerung zu lösen.
Bereits auf dem „Digital Highway“ unterwegs ist Alberto Silvagni. Der Leiter der Automobilabteilung bei dem italienischen Lederverarbeiter Mastrotto Group teilte die bisherige Erfolgsgeschichte der digitalen Transformation seines Unternehmens mit den Teilnehmern des Treffens in Bordeaux. „Innerhalb einer vernetzten Wertschöpfungskette zu konkurrieren, erfordert einen flexibleren Ansatz. Jetzt, da wir unseren Zuschnittraum digitalisiert haben, ist der nächste Schritt, unseren Prozess weiter zu automatisieren, um unseren Kunden in Echtzeit verwertbare Informationen bereitzustellen."