Roboterarm kollaboriert mit Menschen

Neben den etablierten Roboterarmen gibt es weitere Roboterarten, die für ein enormes Effektivitätswachstum in der Produktion sorgen. (Bild: Universal Robots)

Roboter haben ihre Eignung für körperlich anspruchsvolle Aufgaben in der Industrie längst unter Beweis gestellt. Mit der Integration von KI, modernen Kamerasystemen und fortschrittlichen Sensoren werden sie zunehmend intelligenter und dadurch auch für kleinere Unternehmen interessanter. Diese Technologien ermöglichen es, den wachsenden Bedarf an Flexibilität und leichterer Implementierung zu erfüllen. Ebenfalls lässt sich der branchenübergreifende Fachkräftemangel durch geeignete Automatisierungskonzepte in gewissen Maßen eindämmen. Roboter sollen Beschäftigte jedoch nicht ersetzen sondern unterstützen. Deutlich wird dies durch die Entwicklung der Cobots.

Ein Cobot, kurz für "kollaborativer Roboter", ist ein Roboter, der speziell dafür entwickelt wurde, eng mit Menschen zusammenzuarbeiten. Im Gegensatz zu traditionellen Industrierobotern, die in abgeschotteten Bereichen arbeiten und oft gefährliche Bewegungen ausführen, sind Cobots darauf ausgelegt, sicher in der Nähe von Menschen zu arbeiten - ohne Schutzbarrieren oder komplexe Sicherheitsvorkehrungen. Sie sind oft mit Sensoren und fortschrittlicher Software ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, Bewegungen der Menschen in ihrer Umgebung zu erkennen und entsprechend zu reagieren, beispielsweise indem sie ihre Geschwindigkeit reduzieren oder anhalten, wenn sich eine Person nähert.

Diese Roboter werden in einer Vielzahl von Branchen eingesetzt, darunter Automobilindustrie und Logistik. Sie können eine breite Palette von Aufgaben übernehmen, von einfachen Handhabungsaufgaben bis hin zu komplexeren Arbeiten, die normalerweise menschliches Geschick erfordern. Ihr großer Vorteil liegt in der Fähigkeit, die Effizienz und Produktivität zu steigern, während sie gleichzeitig die Arbeitsbedingungen für menschliche Mitarbeiter verbessern. Die kleinen Roboter sind flexibel und in unmittelbarer Nähe zu Mitarbeitern einsetzbar. Sie kommen vor allem bei monotonen Arbeitsschritten zum Einsatz, beispielsweise bei der Bestückung von Bauteilen für die Montage.

Die Zahl der jährlich abgesetzten kollaborativen Industrieroboter steigt kontinuierlich. Das zeigt die Statista-Grafik auf Basis von Daten der International Federation of Robotics (IFR). Diese Roboter - auch "Cobots" genannt - arbeiten im Produktionsprozess direkt mit dem Menschen zusammen, ohne dass sie durch Schutzeinrichtungen diesen getrennt sind. Im vergangenen Jahr waren 55.000 von 553.000 installierten Industrierobotern kollaborative Roboter. Das entspricht einem Anteil von rund 11 Prozent. 2021 lag der Cobot-Anteil bei rund 9 Prozent. Experten erwarten einen weitere Anstieg in den kommenden Jahren.
Die Zahl der jährlich abgesetzten kollaborativen Industrieroboter steigt kontinuierlich. (Bild: Statista)

Roboterarme als wichtige Automatisierungshelfer

Schon seit sehr langer Zeit sind Roboterarme in der Automobilindustrie etabliert. Ein Roboterarm besteht typischerweise aus mehreren miteinander verbundenen Segmenten, die in verschiedene Richtungen bewegt werden können, um eine Vielzahl von Aufgaben auszuführen. Diese Bewegungen werden durch Motoren oder Aktuatoren gesteuert, die oft durch eine Steuerungseinheit oder Software koordiniert werden.

Sie können Aufgaben wie Schweißen, Lackieren, Montage, Verpackung und Handhabung von Materialien übernehmen. Dank ihrer hohen Präzision und Geschwindigkeit können Roboterarme Aufgaben schneller und oft genauer als Menschen erledigen. Es gibt verschiedene Arten von Roboterarmen, die je nach Anwendung unterschiedlich konzipiert sind. Einige sind starr und spezialisiert auf eine bestimmte Aufgabe, während andere flexibel für eine Vielzahl von Anwendungen programmiert werden können. Moderne Roboterarme können auch mit Sensoren ausgestattet sein, die ihnen ermöglichen, auf ihre Umgebung zu reagieren und sicherer mit menschlichen Arbeitern zusammenzuarbeiten.

Was ist Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK)?

Der Mensch arbeitet mit dem Roboter zusammen, ohne Schutzzaun, ohne Trennung. Das ist die einfachste Definition von Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK). Die Mensch-Roboter-Kollaboration steht damit am Ende einer Reihe von unterschiedlichen Stufen, wie Mensch und Maschine miteinander interagieren können:

  • Strikte Trennung der Arbeitsbereiche: In klassischen Industrieanlagen sind Robotersysteme strikt von den menschlichen Arbeitern getrennt. Sie haben eine eigene Zelle, die klar durch einen Schutzzaun abgegrenzt ist und die der Mensch im Regelfall nicht betritt. Sollte dies doch passieren, wird der Betrieb eingestellt.
  • Koexistenz: Bei der Koexistenz entfällt der Schutzzaun. Dennoch haben Mensch und Maschine unterschiedliche Arbeitsbereiche. Sie arbeiten nicht zusammen.
  • Kooperation: Bei der Kooperation teilen sich Mensch und Industrieroboter einen Arbeitsraum. Allerdings arbeiten sie nicht gemeinsam an einem Produkt, sondern zeitversetzt.
  • Kollaboration: Hier arbeiten Mensch und Roboter Hand in Hand. Sie haben einen gemeinsamen Arbeitsraum und arbeiten gleichzeitig am selben Bauteil.

Unter anderem Audi setzt bei der Produktion des E-Tron GT auf das Zusammenspiel von Mensch und Roboter: Hier wird etwa die Montage von Front- und Heckscheiben ohne Schutzzaun teilautomatisiert. Zwei Werker legen eine Scheibe auf eine entsprechende Vorrichtung, der Roboter trägt den Kleber auf. Die Einpassung der Scheibe erfolgt hinterher wieder in Handarbeit.

Ford setzt Cobots unter anderem in der Montagestation im Motorenwerk und der Türenstraße der Fiesta-Endmontage ein. In der Lackiererei des Werks Köln sorgen bereits seit 2019 sechs kollaborierende Roboter in einer choreografischen Sequenz für perfekte Oberflächen. Zudem prüft der Hersteller den künftigen Einsatz von kognitiven Robotern in Köln: Im Vergleich zu bisherigen Cobots verfüge diese Art von Roboter über mehr Sensoren und ist mit künstlicher Intelligenz ausgestattet. So können die Systeme die Umgebung besser erfassen und auf potenzielle Gefahren reagieren. Im Vergleich zu Cobots sei die nächste Entwicklungsstufe der Systeme laut Ford nicht nur in der Lage, fest definierte Tätigkeiten auszuführen, sondern auch in aktiver Interaktion mit dem Mitarbeiter zusammenzuarbeiten.

Was ist ein humanoider Roboter?

Was der Roboterarm einst begann, wird derzeit durch humanoide Roboter finalisiert: Humanoide Roboter sind Roboter, die in Form und Funktion dem kompletten menschlichen Körper nachempfunden sind. Sie verfügen über Eigenschaften wie zweibeinige Mobilität, menschliche Proportionen und oft auch Hände, die ähnliche Bewegungsfreiheiten wie menschliche Hände bieten. In der Automobilindustrie werden humanoide Roboter eingesetzt, um Mitarbeiter bei körperlich anspruchsvollen, unsicheren oder repetitiven Aufgaben zu unterstützen. Ihre fortschrittlichen technischen Fähigkeiten, darunter präzise taktile Fähigkeiten, komplexe Greifmechanismen und autonome Bewegungskoordination, ermöglichen es ihnen, Aufgaben zu übernehmen, die nicht nur die Ergonomie am Arbeitsplatz verbessern, sondern auch die Sicherheit erhöhen. Durch den Einsatz dieser Roboter können Prozesse effizienter gestaltet und gleichzeitig die Belastung der menschlichen Arbeitskräfte reduziert werden.

Die Mitarbeiter im BMW-Werk Spartanburg etwa begrüßten kürzlich einen neuen robotischen Kollegen, der auf den Namen Figure 02 hört und in Kürze dabei helfen soll, die Belegschaft bei anstrengenden Tätigkeiten zu entlasten. Obwohl der humanoide Roboter aus Kalifornien nur zwei Wochen im Testbetrieb absolvierte hat er bereits einen bleibenden Eindruck hinterlassen. „Die Entwicklungen im Bereich Robotics sind vielversprechend. Mit einem frühzeitigen Testbetrieb eruieren wir jetzt die Einsatzmöglichkeiten humanoider Roboter in der Produktion. Wir wollen diese Technologie von der Entwicklung bis zur Industrialisierung begleiten“, erklärt BMWs Produktionsvorstand Milan Nedeljković Ein ähnliches System stellte Tesla-Chef Elon Musk im Jahr 2022 vor. Der auf den Namen Optimus hörende Roboter befindet sich Social Media Posts des OEMs zufolge jedoch noch in der Trainingsphase.

Intralogistik profitiert durch Transportroboter

Wer in den letzten Jahren ein Automobil- oder Zuliefererwerk betreten hat, ist ihnen sehr wahrscheinlich bereits begegnet: Fahrerlose Transportsysteme (FTS), auch als Automated Guided Vehicles (AGV) bezeichnet, sind autonom betriebene Fahrzeuge oder Transportroboter, die ohne menschliche Fahrer Materialien, Waren oder Produkte transportieren. Die Transportroboter bewegen sich dabei anhand von Sensoren, Kameras, Magnetstreifen, Lasern oder GPS-Systemen ausschließlich auf einer vorab definierten Route. Sie können jedoch Hindernisse erkennen und darauf reagieren, um Kollisionen zu vermeiden. Unterschieden wird zwischen unterschiedlichen Typen von FTS, darunter etwa Stapler-FTS, Zug-FTS (die mehrere Anhänger ziehen) sowie spezielle FTS für den Transport von Kleinteilen.

Auch autonome mobile Roboter (AMR) sind Transportroboter, die für den Transport von Waren und Werkstücken in verschiedenen Bereichen der Produktion eingesetzt werden. Im Gegensatz zu Fahrerlosen Transportsystemen sind AMR jedoch flexibel in ihrer Navigation und können dynamischer ihre Bahnen planen. Die Leitsteuerung kann bei Bedarf Routen neu berechnen oder verändern.

FTS von Kuka
Automobilhersteller setzen seit mehreren Jahren auf die autonomen Transportroboter und fördern damit vor allem die Produktivität in ihrer Montage und Logistik. (Bild: Kuka Group)

„FTS sind wie Straßenbahnen und AMR wie Taxis"

„Man kann also sagen, dass FTS wie eine Straßenbahn sind, die eine Leitsteuerung und ein festes Streckennetz benötigen, während AMR wie Taxis sind, die ihre Route spontan ändern können, da sie sich in ihrer Umgebung selbstständig orientieren können", vergleicht der Deutsche Robotik Verband die beiden Systeme miteinander. Dennoch ließe sich dadurch nicht pauschalisieren, dass AMR generell die besseren Transportsysteme sind. Dank ihrer robusteren Navigation beschreibt der Robotik Verband die fahrerlosen Transportsysteme als weniger störungsanfällig und zudem als belastbarer.

Ein Beispiel für entsprechende Systeme ist etwa der EffiBOT, der seit 2021 in der Produktion von Seat zum Einsatz kommt. Das vom französischen Unternehmen Effiedence entwickelte System analysiert die eigene Umgebung mithilfe von integrierten Sensoren und ist so etwa in der Lage, einzelnen Mitarbeitern zu folgen. Auf dem Weg durch die Fabrik benötigt das System keine weitere Unterstützung – selbst, wenn Personen oder Objekte den Fahrweg kreuzen. Der EffiBOT kann ein Gewicht von bis zu 250 Kilogramm tragen oder bis zu 500 Kilogramm ziehen. Darüber hinaus kommen in verschiedenen anderen Bereichen der Seat-Produktion weitere Cobots zum Einsatz: Etwa Roboter, die Schriftzüge an den Modellen anbringen oder Drohnen.

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