
Inmitten von Hochregalen fühlt sich Monik Theuvsen beruflich am wohlsten. (Bild: Opel)
Manche Karrieren folgen keiner klassischen Management-Laufbahn, sondern entstehen durch Tatkraft, Neugier und den Willen, Verantwortung zu übernehmen – Schritt für Schritt, direkt aus dem Betrieb heraus. Monik Theuvsen ist ein Beispiel dafür. Mit 16 Jahren startet er nach dem Realschulabschluss bei Opel in Eisenach – als Industriemechaniker in der Produktion und Instandhaltung.
Heute, über zweieinhalb Jahrzehnte später, blickt er auf einen beeindruckenden Weg zurück: von der Schichtarbeit am Band über Projektverantwortung bis hin zur Leitung zentraler Supply-Chain-Bereiche. Ob Automatisierungsprojekte, Werkstrukturen oder internationale Konzernübergänge – Theuvsen war dabei, wenn Wandel konkret wurde. Und jetzt ist er zurück in Eisenach – nicht nur beruflich, sondern auch persönlich. Er sagt: „Für mich schließt sich damit ein persönlicher Kreis. Ich bin in Eisenach groß geworden. Jetzt, mit 43, wieder zurückzukommen, fühlt sich ein bisschen wie Heimkommen an."
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Herr Theuvsen, wenn es jemand beurteilen kann, dann Sie: Wie hat sich der Stellenwert von Opel in Eisenach verändert?
Aus meiner Sicht hat sich nicht viel verändert. Ich habe natürlich einen anderen Blick darauf, weil ich drei Jahre in Rüsselsheim war. Aber der Stellenwert von Opel hier in der Region ist enorm hoch. Viele Leute arbeiten hier schon fast 30 Jahre oder länger – manche sogar seit dem Start der Opel-Fertigung hier vor 35 Jahren. Ihre Familien und das, was sie sich leisten können, verdanken sie Opel. Diese Dankbarkeit spürt man im Werk, in der Region und auch persönlich.
Sie haben die Unterschiede zwischen Rüsselsheim und Eisenach schon angedeutet. Können Sie das noch etwas konkreter machen?
Der größte Unterschied ist die Größe der Werke. In Eisenach haben wir eine Karosseriebauhalle, eine Lackiererei, eine Endmontagehalle und eine Logistikhalle, die mittlerweile geteilt ist. Vor Kurzem kam für den neuen Grandland noch die Batteriefertigung hinzu – das war’s im Wesentlichen. Rüsselsheim hatte allein ein großes Logistikgebäude mit vier Satelliten. Dort werden deutlich mehr Teile verarbeitet – etwa 5.300 aktive Teilenummern, in Eisenach etwa 1.400 bis 1.600. Ein weiterer Unterschied: In Eisenach bauen wir ein Fahrzeugmodell, in Rüsselsheim sind es zwei. Wir haben etwa 80 bis 90 Lkw-Anlieferungen am Tag sowie 13 bis 18 Waggons und Outbound-Züge. Das ist eine tägliche Herausforderung.
Wie ist es Ihnen gelungen, Ihre Karriere so kontinuierlich weiterzuentwickeln?
Der größte Vorteil war, dass mir meine Vorgesetzten früh viel Vertrauen geschenkt haben. Es war nicht entscheidend, welche Ausbildung ich hatte – ein Studium war nicht notwendig. Ich konnte mich durch interne Weiterbildungen und viel Ehrgeiz entwickeln. Besonders in Rüsselsheim hatte ich einen Direktor, der mir vertraute, sodass ich meine Visionen und Erfahrungen einbringen konnte. In Eisenach bin ich jetzt gezielt zurückgeholt worden, was für mich eine große persönliche Auszeichnung ist. Es zeigt, dass man mein Potenzial erkannt hat – und das motiviert mich. Ich habe bei Opel nie das Gefühl gehabt, dass ich erst bestimmte formale Voraussetzungen erfüllen muss, bevor ich etwas erreichen kann. Dafür bin ich sehr dankbar.
Wie sieht aktuell Ihr Arbeitsalltag aus?
Mein Tag beginnt gegen 7.30 Uhr mit einem Rundgang über den Shopfloor. Ich schaue auf Arbeitssicherheit, Produktionsverlauf und mögliche Herausforderungen für den Tag. Um 8.30 Uhr folgt das tägliche Supply-Chain-Meeting mit allen Managern – Rückblick auf den Vortag, KPIs, Action-Pläne. Danach arbeite ich an verschiedenen Themen. Heute zum Beispiel ein MIFA – Material Flow Analysis. Einmal im Jahr zeichnen wir den internen Materialfluss auf und nutzen das später für unseren „Want to Be“-Masterplan zur Werksentwicklung über fünf Jahre sowie zur Darstellung und Vereinfachung der Prozesse. Mein Tag endet meist zwischen 17 und 18 Uhr. Wöchentlich gibt es ein Treffen mit dem Sozialpartner, um Anliegen der Belegschaft zu besprechen. Mir ist der persönliche Austausch wichtig – unabhängig von irgendwelchen Hierarchien. Ich pflege eine offene, ehrliche Kommunikation mit allen Kolleginnen und Kollegen.
Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job?
Unsere Supply Chain ist sehr dynamisch. Es gibt ständig unvorhersehbare Ereignisse – Züge kommen nicht, Schiffe verspäten sich. Das macht den Job herausfordernd, aber auch spannend.
Sie haben viele Krisen erlebt – Corona, Halbleitermangel, Ukraine-Krieg. Was braucht man da als Persönlichkeit?
In der Corona-Zeit startete gerade der neue Opel Grandland – unser erstes neues Projekt, seit wir zu Stellantis gehören. Alles war anders: Systeme, Prozesse, Team – und plötzlich kam Corona. Wir mussten auf Remote-Tools umstellen, ohne Erfahrung. Aber es hat erstaunlich gut funktioniert. Kurz darauf begann die Halbleiterkrise – ich erinnere mich genau an das erste fehlende Teil: ein Airbag-Steuergerät. Es wurde immer schlimmer. In dieser Zeit war es wichtig, positiv zu bleiben, motiviert zu sein, flexibel zu reagieren und „out of the box“ zu denken. Vieles von dem, was wir damals entwickelt haben, nutzen wir heute noch.
Was haben Sie persönlich aus dieser Zeit mitgenommen?
Der positive Blick hat sich für mich verstärkt. Ich habe als Kompliment aus Rüsselsheim mitgenommen: Du bist der, der mit einem Lächeln vorangeht. Das prägt mich. Außerdem habe ich die Bedeutung von direkter Kommunikation schätzen gelernt – persönlich miteinander reden, nicht nur über E-Mail oder Teams. Das ist ein hoher Wert, den ich aus der Corona-Zeit mitgenommen habe.
Wie hat sich Opel als Unternehmen in den letzten 25 Jahren verändert?
Stark! Ich habe noch erlebt, wie wir mit Kanban-Karten gearbeitet haben, die eingesammelt wurden. Dann kam GM mit PPS (Pull Production System, Anm. d. Red.), später PSA mit komplett neuen Systemen. Heute haben wir im Stellantis-Konzern rund 35 Supply-Chain-Systeme, die in ein zentrales System laufen. Wir sind sehr digital aufgestellt, haben Forecasting, Visualisierung, 360-Grad-Navigationssysteme, Hochregallager mit zehn Meter Höhe, die von automatisierten Fahrzeugen gefüllt und bei Bedarf wieder ausgeräumt werden. Die Digitalisierung hat vieles verändert – zum Positiven.
Wie ist der Austausch innerhalb des internationalen Stellantis-Produktionsnetzwerks?
Mein Netzwerk ist exzellent. In der Transitionsphase war ich viel unterwegs – zum Beispiel in Trnava oder Sochaux. Ich habe dort selbst Kanban gefahren und Prozesse miterlebt, um sie besser bei uns implementieren zu können. So entstanden nicht nur starke Kollegenkontakte, sondern auch echte Freundschaften – vom Shopfloor bis ins Management.
Was begeistert Sie an Ihrem Job besonders?
Dass jeder Tag anders ist. Ich arbeite in tollen Teams – sowohl in Rüsselsheim als auch jetzt wieder in Eisenach. Was mich besonders stolz macht: Wenn ich in meinem Dienstwagen, dem neuen Opel Grandland, sitze, weiß ich, woher jedes Teil kommt. Ich kann sagen, dass wir in der Supply Chain dafür gesorgt haben, dass der Kunde ein qualitativ hochwertiges Fahrzeug bekommt. Das ist ein gutes Gefühl.