Das, was für den Pfadfinder der Kompass ist, ist für Verena Majuntke, Senior Solution Architect für Industrie 4.0 bei Bosch Software Innovations (BSI) der "Industrie 4.0 Innovation Cycle". Die Informatikerin, die seit 2012 bei BSI für die Entwicklung neuer Smart Factory-Konzepte und die Realisierung von Industrie 4.0 -Lösungen in der Praxis verantwortlich zeichnet, erklärt: "Damit geben wir den Maschinenbauunternehmen eine Methodik für den Start und die konkrete Weiterentwicklung von Industrie 4.0 Lösungen an die Hand." Ein erster Schritt besteht demnach darin, die Komponenten und Maschinen mit den notwendigen Industrie 4.0-Features wie Sensoren, Aktoren, maschinennaher Software sowie einem Netzwerkzugang auszustatten. Damit ist die Grundlage gelegt, um die relevanten Daten maschinenübergreifend zu erfassen, die in einem zweiten Schritt ausgewertet werden können. Dabei gehe es vor allem darum, Muster zu erkennen. So lassen sich Vorhersagen treffen und Entscheidungsprozesse automatisieren. Bei der vorausschauenden Instandhaltung zum Beispiel macht man sich diese Methode bereits zu Nutze. Sind diese technischen Voraussetzungen einmal geschaffen, können Unternehmen darauf aufbauend neue Geschäftsmodelle etablieren. Sinnvoll ist dabei, zunächst bereits bestehende Dienstleistungen weiterzuentwickeln. "Industrie 4.0 ist mehr als nur ein Buzzwort, sondern ist schon heute bei Bosch Realität", befindet Majuntke. Ihre Empfehlung: "Unternehmen sollten auf den ‚Nike-Effekt‘ bauen und getreu dem Slogan ‚Just do it‘ beherzt anfangen."
Dabei lässt sich durchaus von den Erfahrungen anderer profitieren. Ein Beispiel: ProSense – eines von drei Industrie 4.0-Leitprojekten, das unter Begleitung des Fraunhofer Instituts für Arbeitswissenschaft und Organisation IAO und mit öffentlichen Fördermitteln mittlerweile zur Praxisreife geführt wurde. Im Rahmen von ProSense haben 12 Partner eine hochauflösende Produktionssteuerung auf Basis kybernetischer Unterstützungssysteme und intelligenter Sensorik entwickelt, um in einem turbulenten Produktionsumfeld mehr Planungssicherheit zu ermöglichen. Der Ansatz: Das kybernetische Unterstützungssystem verknüpft dank zusätzlicher Sensoren bislang nicht verfügbare Daten über Materialflüsse mit bereits vorhandenen Daten zu neuen Informationen. Anhand dieser Informationen werden automatisch Handlungsvorschläge für den Fertigungssteuerer simuliert und bewertet.
Dieser ist dadurch in der Lage, fundierte Entscheidungen bezüglich notwendiger Eingriffe zu treffen, sei es auf dem Shopfloor als auch in den IT-Systemen selbst. Dadurch wird die Planung zuverlässiger und zugesagte Kundentermine werden trotz eines turbulenten Produktionsumfelds besser eingehalten. Bei Anwendungspartnern wie dem Zulieferer MSR Technologies (Antriebstechnikkomponenten) sowie der Demonstrationsfabrik Aachen befinden sich prototypische Umsetzungen der entwickelten Lösungen bereits im Einsatz. Wie es heißt, zeichnen sich deutlich Potenziale zur Durchlaufzeitverkürzung über die Transparenz von hohen Liegezeiten ab. Bereits erreicht werden konnte eine effizientere Kommissionierung von Montageaufträgen.