Der Volkswagen-Konzern gehört zu den ganz großen in der Autobranche und wenn in Wolfsburg der Daumen zu einem Technologieprojekt gehoben oder gesenkt wird, hält die Automobilwelt oft mehr als einen Augenblick inne. Auch VW und Audi haben viele Jahre im Bereich der Brennstoffzelle geforscht und sogar Vorserienmodelle (Audi A7 / VW US Passat) gebaut, die man innerhalb von zwei Jahren auf die Straße hätte bringen können. Doch wie bei vielen anderen Herstellern auch zweifelten insbesondere die Vertriebler an der Zukunft des Wasserstoffantriebs, denn seit vielen Jahren liegen die größten Probleme der Brennstoffzelle nicht bei den Autoherstellern selbst, sondern in der mehr als löcherigen Infrastruktur. Ein Tankstellennetz in einem Land oder gar auf einem Kontinent aufzubauen, erscheint angesichts der großen Kosten, die durch die speziellen Hochdrucktanks und die Füllanlagen entstehen, in den nächsten Jahren abwegig. Insbesondere, weil die Brennstoffzelle mittlerweile nicht nur gegen die übermächtige Ölindustrie ankämpfen muss, sondern einen deutlich gefährlicheren Gegner hat: die Akkutechnik.

Streng genommen ist ein Brennstoffzellenauto nichts anderes als ein Elektrofahrzeug, das seine Energie nicht in Lithium-Ionen-Paketen oder Konglomeraten aus Polymerzellen speichert, sondern die Energie befindet sich im Wasserstoff, der aufwendig nachgetankt und erst im Auto in elektrische Energie umgewandelt wird, aus der die Elektromotoren ihre Kraft ziehen. Nachdem sich viele erfolglos an der Brennstoffzelle versuchten, gibt es national wie international keinen nennenswerten Markt. Immerhin werden von Toyota, Hyundai, Mercedes und Honda derzeit in Europa vier Fahrzeuge angeboten, die man als Serienmodelle bezeichnen kann. Die Stückzahlen sind homöopathisch, die Nachfrage geringer als gering, denn unter 70.000 Euro ist nichts zu machen. Immerhin bieten die Fahrzeuge abgesehen von soliden Fahrleistungen und praktikablen Reichweiten den Vorteil, dass sie sich innerhalb von wenigen Minuten nachtanken lassen und fit für die nächsten 400 bis 500 Kilometer sind.

Weitgehend ausgemerzt sind Probleme beim Packaging, denn die Tanks sind trotz 700 bar Belastbarkeit weithin unsichtbar in den Modellen versteckt. So ganz lässt sich das komplexe Antriebsmodul dann aber doch nicht überdecken, denn die Tanks und das kleine Kraftwerk, das den flüssigen Wasserstoff zu elektrischer Energie umwandelt, schluckt so viel Raum, dass Crossovern wie dem Hyundai Nexo oder dem Mercedes GLC beispielsweise der übliche Allradantrieb verwehrt bleibt. Die Marktnachfrage ist überschaubar, das Interesse der Öffentlichkeit ebenso und in den nächsten Jahren geht es für die meisten potenziellen Kunden eher darum, wie weit das kommende Fahrzeug überhaupt elektrisiert werden muss. Reicht ein Verbrenner mit Mild-Hybridtechnik, muss es ein Plug-in-Hybride sein oder steigt man komplett auf ein Elektrofahrzeug um? Da ist wenig Raum für eine weitere Antriebstechnik, die technologisch die meisten gut finden, die jedoch auch unter deutlich günstigeren Marktbedingungen bisher keinerlei Chance hatte.

Auf und ab seit Jahrzehnten

Da verwundert es mehr denn je, dass Audi als Kompetenzzentrum im Volkswagenkonzern zurück zur Brennstoffzelle möchte. Noch vor Jahren hatte man den Kopf geschüttelt und die Entwicklungen unter dem bevorstehende Elektrodruck nennenswert zurückgefahren. "Wir wollen es wirklich beschleunigen", so Audi-Vorstandsvorsitzender Bram Schot gegenüber der britischen Autocar, "wir werden Wasserstoff-Brennstoffzellen mehr Priorität einräumen - mehr Geld, mehr Kapazität und mehr Vertrauen." Noch in diesem Jahr soll der Prototyp eines Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugs vorgestellt werden. Ein limitiertes Leasingprogramm, wie es aktuell insbesondere die asiatische Konkurrenz anbietet, soll bis 2021 umsetzbar sein. Ob ein H-Tron-Modell gegenüber den gerade erst startenden Elektrofahrzeugen der Audi E-Tron- oder VW-ID-Palette eine ernsthafte Chance hat, darf zumindest bezweifelt werden.

Die Geschichte der Brennstoffstelle ist schon ein paar Jahrzehnte alt. Autohersteller aus Japan, den USA und Deutschland bastelten immer wieder an der als visionär bezeichneten Antriebstechnologie herum. In ein paar Jahren sollte die Technik serienreif sein und dann würde es einen Durchbruch geben - so hörte man es immer wieder. Der kam bisher nie. Während Hersteller wie Toyota, General Motors oder Honda auf technische Lösungen und Kleinserien setzten, ging Daimler einen anderen Weg. Vor sieben Jahren veranstaltete Mercedes eine groß angelegte Welttournee, auf der die Alltagstauglichkeit der automobilen Brennstoffzelle auf eine harte Probe gestellt werden sollte. Eine Kleinstflotte von elektrisch betriebenen Mercedes B-Klassen tuckerte nahezu lautlos um den Globus. Seit kurzem gibt es den Mercedes GLC als Brennstoffzellenmodell und selbst im Daimler-Konzern wünschten sich viele, man hätte sich auf diese Fortsetzung der endlosen NECAR-Eskapaden gar nicht erst eingelassen.

Der chinesische Autohersteller Great Wall Motor beabsichtigt ebenfalls, Brennstoffzellenfahrzeuge als Teil seiner alternativen Energie-Roadmap zu entwickeln. Der Autohersteller erwarb 2018 einen Anteil von 51,01 Prozent an der Shanghai Fuel-Cell Vehicle Company von Dynavolt Tech und will die Brennstoffzelle ebenso in China durchsetzen, wie fast ein Dutzend anderer Firmen. Auf der Auto China in Shanghai stellte zum Beispiel Grove Hydrogen Automotive seine ersten Serienfahrzeuge mit Wasserstoffantrieb vor. Im Gegensatz zu den meisten in China präsentierten Brennstoffzellenfahrzeugen soll der Grove Obsidian ab kommendem Jahr in erster Linie Privatkunden ansprechen. Brendan Norman, CEO des Start-ups, beabsichtigt, sich mit einem chinesischen Energieriesen Sinopec Group zu verbünden, der aktuell Wasserstofftankstellen im Land baut.

Bis zum Jahr 2025 sollen nach Angaben von IHS gerade einmal 150.000 Brennstoffzellenfahrzeuge auf dem Weltmarkt verkauft werden. Toyota will seine Brennstoffzellentechnik zukünftig an die BAIC Group liefern. Foton Motor, die Nutzfahrzeugsparte von BAIC, soll dabei der erste chinesische OEM sein, der von Toyotas FCV-Technologien profitieren wird. Laut der Japanese Times wird Foton FCV-Busse produzieren, die während der Olympischen Winterspiele 2020 in Peking in Betrieb gehen werden. Deutlich besser als bei Pkw sehen viele gerade nicht nur in den USA ohnehin die Chancen auf einen Wasserstoffantrieb für Lastwagen. Sie würden von kurzen Tankzeiten und großen Reichweiten besonders profitieren und könnten die aufwendige Technik nebst großen 700-bar-Tanks problemlos auf dem Dach oder hinter dem Führerhaus unterbringen. So stellte Toyota vergangenen Monat zusammen mit Kenworth, dem Hafen von Los Angeles und dem California Air Resources Board die ersten gemeinsam entwickelten Brennstoffzellen-Schwerlastfahrzeuge vorgestellt. Toyota und Kenworth planen, insgesamt zehn Lkw im Rahmen des Zero- und Near Zero Emission-Freight Facilities-Projekts einzusetzen, um die im Hafen ankommende Fracht lokal emissionsfrei zu bewegen. Das Projekt selbst ist dabei Teil der 41-Millionen-Dollar-Investition von CARB zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. "Toyota setzt auf die Technologie der Brennstoffzellen-Elektrik als Antriebsstrang für die Zukunft, weil es eine saubere, skalierbare Plattform ist, die ein breites Spektrum an Mobilitätsbedürfnissen mit null Emissionen abdeckt", so Bob Carter, stellvertretender Vizepräsident von Toyota, "durch die Zusammenarbeit von ZANZEFF und das innovative Projekt "Shore-to Store" können wir die Brennstoffzellen-Technologie für schwere Nutzfahrzeuge in Richtung Kommerzialisierung bewegen."

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