Roboterarm von Kuka arbeitet an der Karosserie eines Daimler-Autos

Die Zahl der Unternehmen in Deutschland, die auf Industrie 4.0 setzen, nimmt stetig zu. (Bild: Kuka)

Dies geht aus einer Erhebung des ITK-Verbandes Bitkom hervor. Vor zwei Jahren hatte der Wert bei nur 49 Prozent gelegen. Weitere 22 Prozent planen den Einsatz entsprechender Anwendungen, 17 Prozent können sich dies in Zukunft vorstellen.

„Die produzierende und verarbeitende Industrie ist der Kern der deutschen Wirtschaft – und sie verfügt über ein riesiges digitales Potenzial. Fast alle Unternehmen haben sich auf den Weg in Richtung Industrie 4.0 gemacht“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. Dabei dürfe die positive Entwicklung durch Corona nicht gedämpft werden. „Je digitaler die Industrieunternehmen aufgestellt sind, desto schneller werden sie sich von den Folgen des Shutdowns erholen“, erklärt Berg.

94 Prozent der befragten Unternehmen sehen in der Industrie 4.0 die Voraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Mehr als jeder Zweite (55 Prozent) betont, Industrie 4.0 gebe dem eigenen Geschäft generell neuen Schub. Fast drei Viertel der deutschen Industrieunternehmen planen im Zuge von Industrie 4.0 nicht nur, Prozesse zu verändern, sondern auch eine Modernisierung der eigenen Geschäftsmodelle. „Automobilproduzenten entwickeln sich zu Anbietern von Mobilitätslösungen und Hersteller von Medizintechnik zu smarten Gesundheits-Dienstleistern. Dieser Weg muss nun branchenübergreifend in der gesamten Industrie fortgeführt werden“, so Bitkom-Präsident Berg.

Qualifiziertes Personal ist unerlässlich

Von der Digitalisierung der Produktion profitiere auch die Belegschaft, so die Studienautoren: 66 Prozent bekräftigen, dass durch Industrie 4.0 neue Arbeitsplätze für gut ausgebildete Fachkräfte entstehen. Fast alle Befragten (89 Prozent) meinen, dass die Arbeit in der vernetzten Fabrik verstärkt interdisziplinäre Kompetenzen erfordert, etwa an der Schnittstelle von Maschinenbau und Informatik. Bereits 2019 haben 31 Prozent der Industrieunternehmen, die Industrie 4.0 anwenden oder den Einsatz planen, neue Mitarbeiter für den Bereich eingestellt – und immerhin jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) will dies 2020 tun. 61 Prozent aller Industrieunternehmen sind jedoch auch der Meinung, dass insbesondere Arbeitsplätze für gering Qualifizierte in den Fabriken wegfallen. Zwei Drittel (65 Prozent) der Nutzer und Planer von Industrie 4.0 wollen in diesem Jahr deshalb Mitarbeiter entsprechend weiterbilden. Allerdings geben 58 Prozent an, dass der Mangel an Spezialisten für Industrie 4.0 zu den großen Hemmnissen zählt – 2019 waren es noch 55 und 2018 nur 49 Prozent.

Die Politik muss mitziehen

Die deutsche Industrie stellt sich in Sachen Industrie 4.0 sehr selbstbewusst auf: Mehr als jedes fünfte Unternehmen (22 Prozent) sieht Deutschland derzeit weltweit auf einer Spitzenposition, knapp hinter den USA, die 27 Prozent auf Platz eins sehen. „Digitalisierung erzeugt mehr Wettbewerb, und dieser Wettbewerb führt zu mehr Innovationen – ein Glücksfall für Deutschland. Die hiesige Industrie mit ihren Global Playern und Hidden Champions spielt dabei auf den vorderen Plätzen mit und hat das Zeug, auch künftig weltweit Spitzenpositionen einzunehmen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. Der Umbau zur Industrie 4.0 brauche jedoch auch eine ambitionierte Flankierung durch die Politik. „Wir müssen jetzt mutig sein, unsere Datenschätze verantwortungsvoll nutzen und Künstliche Intelligenz zu einer europäischen Schlüsseltechnologie machen“, kommentiert Berg. Einen Beitrag dazu könnte unter anderem das deutsch-französische Projekt Gaia-X für eine sichere europäische Cloud-Infrastruktur leisten.

Auch die Unternehmen sehen die Politik am Zug: 67 Prozent sind der Meinung, dort bestehe kein ausreichendes Verständnis für die Bedeutung von Industrie 4.0. Mehr als drei Viertel (76 Prozent) fordern eine neue Politik für entsprechende Technologien. Im Digitalzeitalter sei Industrie gleichbedeutend mit Digitalpolitik, erklärt Achim Berg. Wenn „Made in Germany“ weiterhin weltweit gefragt sein solle, müsse man bei Industrie 4.0 das Tempo vorgeben.

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