Karosseriebau: Umform-Booster für Tailor Welded Blanks aus Alu

Die Eignung des Verfahrens ist bereits in Zugversuchen mit entsprechend behandelten Schweißnähten an EN AW 6016 (T4) demonstriert worden. Die Erfindung wurde in Deutschland und den USA zum Patent angemeldet. (Bild: MPA / Uni Stuttgart)

Bei der Herstellung von Fahrzeugkarosserien werden vor allem Materialien verwendet, die möglichst leicht, hochfest, gleichzeitig aber crashsicher sind. Aluminium, höchstfeste Stähle sowie insbesondere Alu/Stahl-Hybride gelten in diesem Zusammenhang nach wie vor als guter Kompromiss gewünschter Materialeigenschaften bei ausgewogener Kosten-Nutzen-Balance.

In der Praxis bewährt hat sich zudem die Verwendung von Tailor Welded Blanks (TWB). Das sind Blechplatinen, bei denen entsprechend der späteren Beanspruchung Blechzuschnitte mit unterschiedlichen Dicken oder Werkstoffeigenschaften zunächst im flachen Zustand verschweißt und anschließend mittels Umformen und Tiefziehen zu leichtbauoptimierten Bauteilen weiterverarbeitet werden.

Was bei Stahlplatinen kein Problem ist, kann bei Aluplatinen problematisch werden: Die Schweißnaht hat eine geringere Festigkeit als der umgebende (Grund-)Werkstoff, da Aluminium durch das Schweißen lokal an Festigkeit verliert. Das bedeutet, dass die Schweißnaht beim Umformen oder Tiefziehen reißt.

Genau hier setzt das an der Materialprüfungsanstalt (MPA) der Universität Stuttgart entwickelte Verfahren an. Das in der Abteilung Fügetechnik und Additive Fertigung unter Leitung von Martin Werz entwickelte Verfahren integriert eine Wärmebehandlung in den Fertigungsprozess, wobei bereits der Schweißprozess als lokales Lösungsglühen in den Prozessablauf mit einbezogen wird.

Durch eine gezielt getimte Wärmebehandlung beziehungsweise Warmauslagerung direkt nach dem Schweißen ermöglicht das neue Verfahren einen bisher unerreichten Umformgrad und damit eine prozesssichere Integration von Tailor Welded Blanks aus Aluminium.

Als weiterer Vorteil wird genannt, dass das neue Verfahren auch auf hybride Tailor Welded Blanks aus Aluminium und Stahl angewendet werden kann. Durch Einsparung des Prozessschrittes Lösungsglühen können überdies sowohl der Energieeinsatz als auch die Fertigungskosten erheblich reduziert werden.

Das Verfahren besteht aus zwei Schritten, die in den Fertigungsprozess integriert werden können. Im ersten Schritt wird das lokale Lösungsglühen während des Schweißprozesses bei der Herstellung der TWBs genutzt, um in einer anschließenden Niedertemperatur-Warmauslagerung lediglich die Festigkeit der Schweißnaht vor dem Kaltumformen gezielt zu erhöhen und damit eine Dehnungslokalisation zu vermeiden.

Die zweite Warmauslagerung erfolgt nach der Umformung während des Lackeinbrennens und erhöht die Festigkeit des gesamten Bauteils inklusive der Schweißnaht bis zum Erreichen der Gebrauchseigenschaften.

Aus Sicht seiner Entwickler erlaubt das Verfahren ganz neue Einsatzgebiete und den prozesssicheren Einsatz von Al-TWB sowie Al-Stahl-TWB. Einer der Erfinder, Martin Werz, gilt als Spezialist für das Fügen von unterschiedlichen Materialien insbesondere durch Rührreibschweißen. Werz hält in diesem Bereich mehr als 20 Patente. Das neue Verfahren der besseren Umformbarkeit ergänzt die zahlreichen Innovationen des Schweiß-Spezialisten Werz in der Blechbearbeitung um das wesentliche Element der besseren Umformmöglichkeiten.

Wie es heißt, ist die Eignung des Verfahrens bereits in Zugversuchen mit entsprechend behandelten Schweißnähten an EN AW 6016 (T4) demonstriert worden. Die Erfindung wurde in Deutschland und den USA zum Patent angemeldet. Die Technologie-Lizenz-Büro (TLB) GmbH unterstützt die Universität Stuttgart bei der Patentierung der Innovation und ihrer weltweiten wirtschaftlichen Umsetzung.

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