Tesla-Chef Elon Musk setzt auf Provisionsprämien für Autofahrer, die einen Tesla-Kauf vermitteln: 1.000 Dollar für den Käufer und 1.000 Dollar für den Werber. Was zunächst wie eine Schnapsidee klingt, könnte ein neuer Trend werden: Das klassische Autohaus ist ein Auslaufmodell.

Elon Musk ist ein Querdenker. Der gebürtige Südafrikaner sucht stets nach neuen Wegen, das Miteinander der Menschen einfacher zu gestalten. Bevor er Tesla ins Leben rief, hat der pfiffige Geschäftsmann den Internet-Bezahldienst X.com ins Leben gerufen, aus dem später PayPal wurde. Jetzt kümmert sich Musk um sein Lieblingsprojekt Tesla und will auch da alte Gewohnheiten und Strukturen aufbrechen.

Trend zum Online-Autokauf

Das beinhaltet auch den Vertrieb. Für Musk sind Autohäuser ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Der findige Geschäftsmann setzt beim Vertrieb seiner Elektro-Autos auf das einfache Prinzip der Freundschaftswerbung: Der Verkauf eines Teslas in einem herkömmlichen Autohaus kostet seiner Firma etwa 2.000 Dollar. Also bekommt der Käufer 1.000 und derjenige, der den Deal vermittelt hat, die anderen 1.000. Das Tesla-Bonus-System staffelt sich: Wer zehn Autos vermittelt, bekommt einen Tesla X aus der “Founder Serie” geschenkt. Dieses Experiment des Verkaufens per Mundpropaganda soll noch bis Ende Oktober dieses Jahres andauern.

Ob dieses virale Verkaufen nun ein Erfolg wird, bleibt abzuwarten. Es zeigt nur, dass auch für die Autohäuser die Götterdämmerung anbricht. Die Zahl der Händler wird zurückgehen und sich auf große Niederlassungen reduzieren. Die Gefahr ist nicht nur das Tesla-Vertriebsmodell, sondern, wie im Einzelhandel auch, der Verkauf über das Internet.

Kaufverhalten ändert sich

In Brasilien ist der Autokauf 3.0 längst Teil des alltäglichen Geschäftsgebarens. Dort unterhalten Autohäuser bereits Hotlines, die sich nur auf Kundenanfragen, die aus dem Internet stammen, konzentrieren. Die Vorgabe für die Hotline-Mitarbeiter ist eindeutig: Innerhalb von sechs Stunden muss die Anfrage des Interessenten inklusive Preisvorschlag, Probefahrtangebot und Kontaktdaten des jeweiligen Kunden abgeschlossen sein. Der Arbeitsaufwand lohnt sich. Fast die Hälfte der Autoverkäufe in dem südamerikanischen Land sind Online-Käufe. Wenn sich dieses Geschäftsmodell durchsetzt, könnten die Hersteller selbst die Vermittlung übernehmen und so die Vertriebskosten weiter reduzieren.

Der Autokauf per Internet wird auch in anderen Regionen immer beliebter: Eine internationale Vergleichsstudie der Unternehmensberatung McKinsey, für die mehr als 4.500 Autokäufer in Deutschland, Großbritannien, Italien, China und den USA befragt wurden, belegt die zunehmende Lust am Klicken. Vor allem junge Kunden im Alter zwischen 18 Jahren und 34 Jahren nutzen das Internet beim Autokauf. Dagegen ist bei den über 55-Jährigen der Händler nach wie vor die wichtigste Informationsquelle. Aber auch bei den Best-Agern kommt Bewegung in das Kaufverhalten, da die Online-Recherche bereits auf Platz zwei der Rangliste steht.

VW setzt in USA auf eine Dating-Seite

“Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich der Onlinekauf von Autos durchsetzt”, sagt Markus Winkler, Automotive-Experte bei Capgemini Consulting und Autor der “Cars Online Studie”, bei der 44 Prozent von 10.000 befragten Autofahrern sich vorstellen könnten, ihr nächstes Auto online zu kaufen. Die Händler können punkten, indem sie auf die Veränderungen reagieren. “Der Markt wird sich auseinanderentwickeln: Händler, die Investitionen in neue Formate stemmen können, werden sich von den anderen deutlich absetzen”, ergänzt Detlev Mohr, europaweiter Leiter der Automobilberatung bei McKinsey. Die Mercedes-Verkaufsstrategen denken ähnlich. Ende des vergangenen Jahres haben die Schwaben damit begonnen, unter der Internet-Präsenz “Connect me” den Autoverkauf im Internet in die eigenen Hände zu nehmen. Allerdings sind nicht alle Modelle sind im Internet erhältlich: Momentan erstreckt sich das Angebot lediglich auf A-, B-, C-Klasse, CLA und GLA. Die Autos sind vorkonfiguriert, also schnell lieferbar. Das eigentliche Geschäft wickelt dann eine Niederlassung in Hamburg ab. Ähnlich agiert BMW bei seinen i-Modellen, die nicht mehr beim klassischen Händler geordert werden, sondern bei sogenannten Agenten. Als Vertragspartner tritt dann BMW selbst auf.

VW setzt in den USA sogar auf eine “Dating-Seite” für Automobil, um dort das schleppende Geschäft anzukurbeln. In Amerika werden Autos oft “vom Hof” weg gekauft. Dem trägt die Filiale der Wolfsburger Rechnung. Bei dieser Verkaufsplattform können sich die Kunden zwar ihren automobilen Traumpartner konfigurieren, aber die Auswahl ist abhängig von den Modellen, die das Autohaus vorrätig hat. Je nach Präferenz und Händler gibt es eine Auswahl, die wie beim Online-Dating auf Matching-Punkten basiert. Das Fahrzeug mit dem höchsten Wert hat die meisten Attribute, die dem Kunden wichtig sind. Audi hat mit der “Audi City” begonnen, in Großstädten, wie London, Berlin oder Peking, einen interaktiven Showroom zu installieren. Die anderen Hersteller folgen. Mercedes zieht mit Connection-Centern nach. BMW mit dem i-Store und Erlebniswelten, genauso wie Mazda. Für die Hersteller hat die Käufer-Abwanderung in das Internet auch eine gute Seite Das Invest ist im Vergleich zu den herkömmlichen Verkaufshallen gering.

Solche außergewöhnlichen Verkaufsaktionen werden in Zukunft die Regel nicht mehr die Ausnahme sein. “Die Zeiten sind vorbei, in denen der Kunde zum Autohaus an den Stadtrand kommt. Künftig muss das Autohaus vielmehr in unterschiedlichen Formen zum Kunden kommen”, prophezeit der Automobil-Experte Professor Stefan Bratzel. Die geeigneten Maßnahmen richten sich zunehmend nach dem Kunden: temporäre Verkaufsräume auf Festivals oder ähnlichen Veranstaltungen, ein sehr individueller persönlich abgestimmter Vertrieb, der auf das Kaufverhalten und die Bedürfnisse des Kunden abgestimmt ist. Dazu gehört dann auch ein Vorort-Service, der kleinere Reparaturen und Wartungsarbeiten beim Besitzer des Autos vornimmt. Letzteres ist bei Luxus-Automobilen schon gang und gäbe. Das lässt sich alles Online planen und anhand des Kundenprofils festlegen.

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