Die nächsten beiden Jahre werden aufregend. Audi greift mit den e-tron SUVs Tesla an. Mercedes zieht mit seinem EQC nach und BMW will mit seinem iNext ebenfalls in den Ring der Reichweiten-Elektromobilität steigen. Und was ist mit den Plug-in-Hybriden? Die werden sukzessive aussterben, so die Meinung vieler Experten. Doch so schnell ist die Ägide der Fahrzeuge, die sowohl Verbrenner und einen Elektromotor an Bord haben, nicht vorbei. Geht es nach Nicolas Meilhan Energie- und Mobilitäsexperte bei der renommierten Beratungsfirma Frost und Sullivan, werden die PHEVs bis 2030 den E-Ton angeben.
"Ich halte die PHEVs kurz- bis mittelfristig für einen sinnvollen Ansatz. Einerseits um Kunden an die E-Mobilität heranzuführen, andererseits als Erstwagen solange noch nicht die entsprechende Ladeinfrastruktur zur Verfügung steht. Hersteller packen ja künftig mehr Batteriekapazität in die PHEV, so dass dann Reichweiten von rund 100 km möglich werden.", meint Professor Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM). Für diese These spricht, dass die Batterien immer kleiner, leistungsfähiger und auch billiger werden. Damit könnten PHEVs bald ein verlockendes Angebot darstellen. Dagegen werden bei den reinen BEVs aufgrund der größeren Akkus deutlich mehr Rohstoffe verbraucht. Stichwort: Seltene Elemente, wie zum Beispiel Cobalt, das zu großen Teilen im China gefördert wird. "Indem man die Ressourcenverfügbarkeit von Erdöl auf Metalle verlegt, löst das Problem der Abhängigkeiten nicht, es verändert sie nur", verdeutlicht Nicolas Meilhan. Wissenschaftler tüfteln schon an Batterietypen, die dieses Problem lösen, aber bis diese Akkus serienreif sind, werden noch einige Jahre vergehen.
Dazu kommt, dass die angegebene Reichweite von 500 oder mehr Kilometern rein theoretischer Natur ist und bestenfalls im urbanen Umfeld erreicht wird. Bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h schmilzt sie auf 50 bis 60 Prozent des angegeben Wertes zusammen. Bei noch höheren Tempi geht es sogar noch weniger weit. Der größte Flaschenhals der Elektromobilität ist und bleibt die Lade-Infrastruktur. Zwar gibt es Anstrengungen das Netz der Stromtankstellen dichter zu knüpfen, doch der Aufbau läuft schleppend, das haben auch die Autobauer erkannt: BMW, Daimler, Ford sowie der Volkswagen-Konzern mit Audi und Porsche haben sich zu "Ionity" mit dem Ziel zusammengeschlossen, bis zum Jahr 2020 rund 400 neue Schnellladestationen entlang der Hauptverkehrsachsen in Europa zu installieren. Selbst wenn dieser ambitionierte Plan klappen sollte, dürfte diese Anzahl vor allem zu den Stoßzeiten, wie Ferienanfang oder am Wochenende bei weitem nicht ausreichen, den Ansturm der ladehungrigen Autofahrer zu bewältigen. Immerhin kauern auch andere Unternehmen, wie Eon, EnBW oder RWE (mit der Tochter Innogy) stehen Start-ups, wie Fastned in den Startlöchern. Sollte sich der Invest in die Ladestationen nicht lohnen, werden einige der Anbieter wieder vom Markt verschwinden.
Lokales Ladenetz ist überfordert
In der Theorie klingt das Auffüllen der Akkus an Schnellladern, die mit 150 kW arbeiten, verlockend: In 15 Minuten soll eine Batterie zu 80 Prozent gefüllt sein, was meistens für 300 Kilometer Normreichweite gut sein soll. Zum Vergleich: Ein Benzin-Tankvorgang dauert rund drei Minuten, um Kraftstoff für 600 Kilometer in den Tank zu pumpen. Dazu kommt, dass das althergebrachte Tankstellennetz deutlich dichter ist und auch eine Weile bleiben wird. Bei den ganzen Gedankenspielen ist die Kostenfrage noch nicht geklärt, denn das Aufbauen einer solchen Ladestruktur, die vor allem Schnellladestationen beinhaltet, kostet Geld - und das nicht wenig. PSA-Chef Carlos Tavares, der Pfennigfuchser unter den Autobauer-Chefs, forderte unlängst, dass die Staaten der EU für die Errichtung der Ladestationen sorgen, schließlich seien es die Länder, die die Elektromobilität forcieren. "Selbst wenn eine entsprechende Lade-Infrastruktur besteht, bedeutet das nicht, dass die Verkäufe von BEV-Fahrzeugen anziehen", sagt Nicolas Meilhan und führt Japan als Beispiel ins Feld. Dort ist beinahe eine Flächendeckung mit Schnellladern erreicht, aber der BEV-Absatz stagniert.
Die Ladestationen an den Autobahnen sind eine Sache, der Stress und die Anforderungen der BEVs an das lokale Stromnetz eine andere. Untersuchungen von Frost & Sullivan haben ergeben, dass ein Anstieg von durchschnittlich fünf kW bei der Ladeanforderung rund 30 Prozent der Trafos in Norwegen überlastet. Angesichts der Tatsache, dass die Onboard-Lader der BEVs mit sieben kW mehr als doppelt so kraftvoll sind, wie die der PHEVs. Neben den Kosten des Aufrüstens der urbanen Stromnetze, wird das intelligente Ladeverhalten, das Smart-Charging, der Autos, die sich zum Beispiel nachts bedienen, wenn die Nachfrage nicht so groß ist, immer wichtiger werden. Mit einem Plug-in-Hybriden ist der Autofahrer frei von solchen Beschränkungen, da zur Not immer der Verbrenner einsteigen kann, um den Vortrieb zu garantieren.