Die Geheimnisse um den Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB), auf dem eine ganze Flotte von Elektromobilen des VW-Konzerns basiert, sind nahezu alle gelüftet. Aus dem Konzern kommen noch der VW ID.4 als GTX und der Skoda iV RS in entsprechenden Power-Varianten. Die Speerspitze dieser Kraft-Offensive bleibt jedoch der Marke Audi vorbehalten, die mit dem Q4 e-tron 50 quattro ab Juni zeigen will, was in der Konzerntechnik steckt. Bleibt daher die Frage, wie sich die vorläufige Top-Version mit einer Leistung von 220 kW/299 PS und einem Drehmoment von 460 Newtonmetern sowie dem Allradantrieb anfühlt?
Es könnte sein, dass angesichts dieser-Leistungsdaten Fans der US-Elektro-SUVs vom Schlage eines Ford Mach-E oder Tesla Model Y mitleidig mit den Augen rollen. Eine erste Testfahrt mit dem Ingolstädter E-Crossover belegt jedoch, dass man auf bundesdeutschen Landstraßen und Autobahnen mit der Sprintzeit von 6,2 Sekunden des Q4 zu den Alphatieren gehört. Wenngleich die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf 180 km/h den Power-Gedanken etwas konterakariert. Ein Jaguar I-Pace EV400 S AWD kommt bei Bedarf 20 km/h schneller voran.
Dem I-Pace gönnen die Briten auch eine 90 Kilowattstundenbatterie, die Energiespeicher des Audi bringen es auf 82 kWh (76,6 kWh netto). Damit soll der Audi Q4 e-tron 50 quattro nach WLTP bis zu 497 Kilometer weit kommen. Bei der Testfahrt hätten wir nach 347,7 Kilometern nach einer Ladesäule suchen müssen, der Durchschnittsverbrauch inklusive Autobahnetappen mit kurzzeitiger Höchstgeschwindigkeit pendelte sich bei 21,7 kWh/100 km ein, was lediglich 0,8 kWh/100 km mehr sind, als Audi angibt. Dass die maximale Gleichstrom-Ladeleistung lediglich 125 kW beträgt, passt allerdings nicht zum Hightech-Anspruch des Audi-Modells. Hier sollte es im Laufe des Jahres ein Update geben. Audi zufolge soll die Batterie beim schnellsten Ladetempo in 38 Minuten von fünf auf 80 Prozent gefüllt sein. Hängt man den Q4 e-tron an eine 11-kW-Wallbox vergehen 7,5 Stunden, um die leeren Akkus vollständig zu füllen.
Antrieb und Fahrwerk vermitteln Agilität
Im Audi Q4 e-tron 50 quattro sind zwei Elektromotoren für den Vortrieb verantwortlich: hinten eine permanenterregte Synchronmaschine (PSM) mit 150 kW/204 PS) sowie 310 Newtonmeter Drehmoment, vorne eine Asynchronmaschine (ASM), die es auf 80 kW (109 PS) und 162 Newtonmeter bringt. orteil dieser Mischbauweise ist es, dass der ASM ohne Schleppverluste mitlaufen kann und blitzschnell am Vortrieb teilnimmt und sozusagen die elektrische Version eines Hang-On-Allradantriebs ist. Diese Antriebsarchitektur erweist sich im Zusammenspiel mit der Mischbereifung mit 255er-Pneus hinten und 235ern vorne als erfreulich. In Sachen Fahrspaß kann der Audi in seinem Segment ganz vorne mitmischen. Für das 4,59 Meter lange Auto mit einem Wendekreis von lediglich 10,2 Metern werden Kurven zur natürlichen Umgebung. Lediglich in engen Biegungen macht sich das Gewicht von 2.140 Kilogramm bemerkbar, der Q4 e-tron schiebt hier sachte nach außen. Die präzise agierende Progressivlenkung trägt ihren Teil zum agilen Eindruck bei, sie aber nicht so mitteilsam, wie gewünscht.
Das Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern kommt dagegen mit der Masse des E-SUVs problemlos klar und ist auch im sogenannten Dynamik-Fahrprogramm nicht übertrieben straff. In diesem Modus wird automatisch die zweite von drei Rekuperationsstärken aktiviert. "Wir denken, dass ein sportlicher Fahrer gerne mit den Wippen am Lenkrad agiert", erklärt dazu der technische Projektleiter Michael Kaufmann. Allerdings wird hier nicht geschaltet, sondern die Stärke der Energierückgewinnung verändert. Wer sich dies sparen will, kann einfach die B-Funktion der Automatik nutzen, die gleichbedeutend mit Stufe drei ist. Interessant ist das Efficiency-Programm, bei dem die Höchstgeschwindigkeit auf 130 km/h begrenzt wird. Die Funktion lässt jedoch mit Durchtreten des Fahrpedals überstimmen. In diesem Fahrprogramm wird das Zusammenspiel zwischen Navigation, Sensoren und Antriebsstrang auf größtmögliche Effizienz ausgelegt, was mehr Segel- statt Rekuperationsbetrieb bedeutet.
Hochwertige Verarbeitung und Variabilität im Interieur
Das Zusammenspiel der Systeme ist eine der großen Stärken im Audi Q4 e-tron. Der Infotainment-Prozessor ist der gleiche, wie er im SUV e-tron zum Einsatz kommt. Das Head-Up Display projiziert die grafischen Hinweise in der virtuellen Größe eine 70 Zoll Monitors. Etwas zu gering fällt beim fliegenden Navigationspfeil der Kontrast aus. Dies sei ein Problem, an dem man arbeite, sagt Kaufmann. Im Interieur mit dem 10,1 Zoll großen Touchscreen (später 11,6 Zoll möglich) sowie dem 10,25 Zoll großen Cockpit und virtuellen Instrumenten findet man sich schnell zurecht. Das Interieur ähnelt jenem der Modelle mit Verbrennungsmotor, was den Umstieg auf die Elektromobilität erleichtern soll.
Im Fond steht trotz des Coupédaches ausreichend Raum zur Verfügung. Auch der Kofferraum fällt mit 535 Litern groß genug aus. Nach Umlegen der Lehnen der Rückbank entsteht eine ebene Ladefläche, das Volumen wächst auf 1.460 Liter an. Wer sich dieses Topmodell zulegen möchte, muss mindestens 54.500 Euro investieren. Eine Überlegung wert ist der Verzicht auf die 21 Zoll großen Räder, die Abrollgeräusche deutlicher weiterleiten als die 20 Zoll-Pneus. Wer auf Allradantrieb und die hohe Performance verzichten kann, sollte sich den Q4 40 e-tron mit 150 kW/204 PS und Hinterradantrieb genauer anschauen. Die Variante ist ausreichend flott, kostet als Sportback 49.500 Euro und ist mit 534 Kilometern Reichweitenmeister der Baureihe.