Man kann dem neuen Audi S4 an sich nur vorwerfen, dass er kaum anders aussieht, als der Vorgänger. Was auf die zahmeren A4-Brüder zutrifft, damit hat leider auch das Ingolstädter S-Modell zu kämpfen. Dass er wirklich neu ist, sieht man erst auf den zweiten Blick, doch man spürt es ab dem ersten Meter. Denn auch wenn der ab Juli / August erhältliche Audi S4 seinen charakteristischen Kompressorklang verloren hat; das neue Triebwerk dreht von unten heraus besser, fährt sich nicht nur aufgrund der 21 Mehr-PS kraftvoller und scheint auch kein derartiger Trunkenbold zu sein, wie sein Vorgänger, der gerade unter entsprechenden Leistungsabfragen ordentlich zulangte.
Der 4,75 Meter lange Audi S4 ist im A4-Produktportfolio zumindest als Benziner die einzige Möglichkeit, einen Sechszylinder zu bewegen. Die schwächeren Modelle sind durchweg mit der Kombination aus 1,4 und 2,0 Litern und Turboaufladung unterwegs. Wer den S4 startet, wird sich in den gut konturierten Sportstühlen daher zunächst einmal am hörenswerten Klang erfreuen. Zwei Brennkammern und ein Liter Hubraum mehr bewirken im Geiste des Fahrers wahre Wunder. Wäre schön, wenn sich die Entwicklungsabteilungen der Autohersteller gerade das bei den angestrengten Downsizing-Orgien einmal vor Augen führen würden. Trotz seiner 260 kW / 354 PS bietet der Audi S4 zumindest auf dem Papier sportlichste Fahrleistungen ohne Reue - ein Normverbrauch von 7,4 Litern Super ist ein allemal guter Wert. Dass der sich bei entsprechendem Verve allzu schnell an die Zehn-Liter-Marke pirscht, sollte jedoch nicht ungenannt bleiben. Es bleibt dabei: wer sportlich fahren will und den Expresszuschlag in Grenzen halten will, kommt um die kraftvollen Sechszylinderdiesel auch bei Audi nicht herum. Wie heiß die Enthaltsamkeit hierbei sein kann, zeigt Audi mit dem potenten S Q5 eindrucksvoll, der in Europa den Diesel und den USA den Benziner mimt.
Darf man daher vielleicht auch bei dem neuen S4-Doppelpack aus Limousine und Avant auch von einem Power-Diesel mit dem S-Signet am Heck träumen? Die Audi-Verantwortlichen schütteln hierzu zumindest aktuell noch den Kopf. Schade. Soll jedoch nicht heißen, dass Audis aktuell sportlichstes Mittelklassemodell nicht auch als Benziner die Pilotenherzen im Sturm erobern würde. Dazu dürfte schon ein Zwischenspurt beim Auffahren auf die Autobahn reichen. Mit 50, 60 oder ein paar km/h mehr auf die Beschleunigungsspur, Blinker links, ein Tritt aufs Gas und der V6-Turbo trampelt ohne jede Anstrengung los wie der 100-Meter-Sprinter Usain Bolt auf dem Weg zu Olympia-Gold. Klar, der Klang könnte mit einer Klappenanlage etwas bollernder, tiefer, wummernder sein; aber sechs Zylinder sind eben auch keine acht und es ist nicht so, dass der Klang nicht von den Insassen wohlwollend zur Kenntnis genommen werden könnte. Doch wer die 354 Pferde in einen derartigen Spurt versetzt, der will wohl noch etwas mehr auf die Ohren - zumindest im zuschaltbaren Sportprogramm. Schon deshalb, weil sich die Dynamiklimousine mit ihrem Platz für fünf Personen und 480 Litern Laderaum trotz 23 mm tiefer gelegtem Sportfahrwerk, optionalen 19-Zöllern und vierflutiger Auspuffanlage optisch allzu sehr zurückhält.
Start: knapp 60.000 Euro
Auf den im Vergleich zum Standard-A4 leicht modifizierten Instrumenten sind Drehzahlmessen und Tacho in die Mitte gerückt und die Digitalziffern überschlagen sich beim Turbospurt geradezu. 96, 112, 142, 179, 202 und 227 km/h laufen bei Volldampf wie im Flug vorbei, während sich die vier angetriebenen 19-Zöller auch Dank der vorbildlichen Achtgang-Automatik schier mit dem Asphalt der Autobahn A3 zu verzahnen scheinen. Wie der 1.630 kg schwere Allrad-S4 seine 500 Nm maximales Drehmoment ab niedrigen 1.400 Touren auf die Fahrbahn bringt, ist allemal beeindruckend. Spektakulär wird es, wenn es auf einem Kleeblatt herunter und wieder herauf auf die nächste Autobahn geht. Enge Kurvenradien sorgen bei zugegeben geringeren Geschwindigkeiten für ein noch beeindruckenderes "holla", wenn der Bayer seine Standard-Kraftverteilung von 40:60 zugunsten der Hinterachse aufgibt und mehr Leistung an das fahrdynamisch stoische Heck bringt. Per Taster lässt sich die Abstimmung von Motor, Getriebe, Fahrwerk und Lenkung nachschärfen. Das Steuer könnte hierbei etwas direkter und wohl auch etwas weniger leichtgängig sein, doch sonst kennt der Limousinen-Fahrspaß kaum irdische Grenzen. Etwas weiter dürften die einzelnen Fahrprogramme jedoch auseinanderliegen.
Aus dem Stand in 4,7 Sekunden auf Tempo 100 ist für eine Mittelklasselimousine wie den S4 schnell, sogar sehr schnell. Einen Bezug zum realen Autoalltag hat dieser Wert jedoch kaum. Deutlich mehr Kunden dürften zumindest in deutschen Autobahnlanden die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h monieren. Ein mindestens 59.300 Euro teures Kraftpaket darf man etwas lockerer an die Leine legen und ihn 270 km/h oder mehr rennen lassen. Das bleibt jedoch dem rund 500 PS starken Audi RS4 vorbehalten, der Ende 2017 folgen dürfte. Und wer sich lieber in die Kombiversion mit einem Ladeabteil von 505 bis 1.510 Litern setzt, muss für den S4 Avant mindestens 61.150 Euro anlegen.