Kuka Schweißroboter Widerstandspunktschweißen

Die smarte Technologie soll im gesamten Konzern als Blaupause für zukünftige Anwendungen in der vernetzten Fertigung dienen. (Bild: Audi)

Automobil Produktion Kongress 2024

Automobil Produktion Kongress 2024

Am 16. und 17. Mai 2024 treffen sich auf dem Automobil Produktion Kongress in München auch in diesem Jahr wieder Fach- und Führungskräfte, um über die Automobilfertigung der Zukunft zu sprechen. Gemeinsam streben Hersteller, Zulieferer und Dienstleister eine smarte, flexible sowie nachhaltige Produktion mit transparenter Lieferkette an. Seien Sie dabei und profitieren Sie von kollektiven Branchenwissen. 🎫 Jetzt Ticket sichern!

Das Widerstandspunktschweißen (WPS) ist die am häufigsten eingesetzte Verbindungstechnologie im Karosseriebau in der Automobilproduktion und generiert zudem als anlagenintensiver Produktionsbereich eine Vielzahl an Daten. Allein um alle Teile einer Audi A6-Karosserie zu verbinden, sind rund 5.3000 Schweißpunkte nötig. In der Regel werden diese daher nur strichprobenartig mithilfe von Ultraschalltechnologie überprüft.

ExpertInnen aus den Bereichen Fertigung, Innovationsmanagement, Digitalisierungsplanung und IT erproben am Standort Neckarsulm bereits seit längerer Zeit eine deutlich smartere Art, die Qualität von Schweißpunkten festzustellen: Im Projekt WPS Analytics nutzt das Team um Mathias Mayer und Andreas Rieker künstliche Intelligenz, um Qualitätsanomalien automatisiert und in Echtzeit zu erkennen.

Das Audi-Werk in Neckarsulm produziert die Baureihen Audi A4, A5, A6, A7 und A8 mit zusammen über 148.000 Fahrzeuge (2022) und beschäftigt rund 15.500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Alle notwendigen Gewerke, wie Presswerk, Karosseriebau, Lackierung und Fahrzeugmontage befinden sich am Standort. Der Use Case entstand im Karosseriebau in enger Zusammenarbeit mit dem Audi Production Lab in Ingolstadt.

Algorithmus soll bis zu 100% der Schweißpunkte prüfen

Der zugrundeliegende Algorithmus, dessen grafische Benutzeroberfläche und eine Anwendung für tiefergehende Qualitätsanalysen wurden im Karosseriebau des Audi A6/A7 am Standort Neckarsulm pilotiert. Für die Entwicklung des Algorithmus, der bis zu 100 Prozent der rund 1,5 Millionen gesetzten Schweißpunkte pro Schicht bewerten soll, haben Data Scientists auf vorhandene Prozessdaten und Prüfergebnisse der letzten 3 Jahren zurückgegriffen. Die Ergebnisse werden den Produktprüfenden über das Quality Dashboard direkt an ihren Arbeitsplätzen angezeigt. Sie ermöglicht, dynamische Prüfpläne zu erstellen - Mitarbeitende können sich nun auf mögliche Auffälligkeiten konzentrieren und die Qualität dadurch noch effizienter und zielgerichteter kontrollieren.

Mathias Mayer arbeitet bereits seit fünf Jahren am Einsatz von KI in der Automobilproduktion und sieht die Nutzung von WPS Analytics als Chance: „Der Algorithmus dient als Blaupause für weitere Anwendungen in der vernetzten Fertigung. Darüber hinaus können bestehende digitale Lösungen weiterentwickelt werden, wie zum Beispiel bei der vorausschauenden Instandhaltung.“

Um den Prozess audit- und zertifizierungssicher abzubilden, erfolgte am Standort Neckarsulm die Entwicklung in enger Abstimmung mit der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ), dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. Hintergrund der Maßnahmen ist das bisherige Fehlen von allgemeinen Normen und Zertifizierungen für entsprechende Lösungen.

Zwei Mitarbeiter von Audi stehen vor einem Monitor und kontrollieren mit KI die Schweißunkte in der Fahrzeugfertigung.
Anhand des Dashboards können Audi-Mitarbeiter Abweichungen im Fertigungsprozess sofort erkennen. (Bild: Audi)

Industrial Cloud ermöglicht konzernweites Roll-Out

„In der Fertigung lässt sich so zum Beispiel in einem Audit schlüssig argumentieren, wie das Ergebnis einer KI-gestützten Prüfung zustande kommt“, erklärt Mayer. Gemeinsam mit den Fraunhofer-Instituten IAO und IPA hat Audi zudem einen KI-Leitfaden für die Produktion entwickelt. Das KI-Projekt mit dem Namen WPS-Analytics dient auch als Anwendungsfall für die von Audi initiierte Automotive Initiative 2025 (AI25). Ziel des Programms ist der Aufbau eines Kompetenznetzwerks für digitale Fabriktransformation und -innovation.

Der Anwendungsfall wurde vom Ingolstädter Automobilhersteller im Rahmen der Industrial Cloud des Volkswagen Konzerns vorangetrieben. Mit dieser führt der Konzern Produktionsdaten aus seinen weltweiten Fabriken in einer digitalen Plattform zusammen. Jeder angeschlossene Standort kann demnach Anwendungen für seine Maschinen, Werkzeuge und Anlagen direkt aus der Cloud beziehen, um seine Effizient zu optimieren. Bereits im letzten Jahr wurde an drei weiteren Standorten des Volkswagen Konzerns damit begonnen, die technische Infrastruktur für den KI-Einsatz zu schaffen. Auch im Volkswagen Werk in Emden setzen die KollegInnen auf die Algorithmus-gesteuerte Optimierung beim WPS – die Learnings beider Projekte fließen dabei standortübergreifend in die Industrial Cloud.

Digitale Instandhaltung wird ausgebaut

Mit Hilfe der bei der Anwendung generierten Daten können in Zukunft auch weitere Prozesse optimiert werden. So arbeitet das Audi-Team derzeit daran, die Daten künftig als Grundlage für eine vorausschauende Wartung zu nutzen: Instandhalter überprüfen regelmäßig die Parameterentwicklung der Anlagen nach der Pareto-Logik auffälliger Schweißpunkte. Bereits in der Pilotphase konnten so beispielsweise Risse in einer Schweißzange frühzeitig erkannt und durch deren Austausch beim nächsten Wartungsintervall ein hoher Produktionsausfall vermieden werden.

Auch die Ermittlung des optimalen Zeitpunkts für den Wechsel von Schweißkappen zur Reduzierung der Wartungskosten ist ein erklärtes nächstes Ziel. Darüber hinaus hat das Projektteam die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion auf diesem Wege an das Thema KI heranführen können. Denn die Bereitschaft der Produktprüfer und Qualitätsexperten, den Ergebnissen der KI zu vertrauen, ist entscheidend für die schrittweise Reduzierung des Prüfumfangs. Neben zielgruppenspezifischen Expertengesprächen und regelmäßigen Feedbackrunden wurde hierfür unter anderem ein Online-Training entwickelt.

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